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Solidarität zwischen den Generationen

Lange kreiste die heftig geführte Debatte über Generationengerechtigkeit primär um ein unsicheres Rentensystem und sinkende Gehälter. Inzwischen ist an die Stelle des verbalen Kampfes ein Dialog getreten. Dadurch hat die Frage nach der Solidarität zwischen Jung und Alt neue Impulse erhalten.

Von Uschi Götz | 29.03.2013
    Imke Köster, 30: "Bei mir ist es wirklich so, ich traue mich nicht, den Schritt zu machen wirklich etwas zu besitzen, wirklich etwas zu kaufen, etwas zu erwerben. Im Vergleich zu meinen Großeltern finde ich es nicht ungerecht, weil, da würde ich nach wie vor mein Leben wählen, also bevor ich in irgendeinem Krieg leben muss."

    Maria Köster, 87 Jahre, Großmutter von Imke: "Ich würde ihnen wünschen, dass sie mehr hätten, dass sie auch eine gute Rente bekommen."

    Geht es gerecht zu zwischen Jung und Alt? Die Jungen, gemeint ist die Generation bis etwa 30 Jahre, glauben, dass sich ihre Lebensbedingungen schleichend verschlechtern.

    Ihnen steht anscheinend eine Großelterngeneration gegenüber, die ihren Lebensabend unter besten Bedingungen verbringen kann: eigene Immobilie, hohe Rente, gute ärztliche Versorgung. Das gilt natürlich nicht für alle Rentner, aber doch für eine große Zahl, und so wird man richtig alt. Laut Statistischem Bundesamt steigt die Zahl der über 100-Jährigen immer weiter. Eine erfreuliche Meldung, wenn nicht in regelmäßigen Abständen darüber diskutiert würde, ob das lange Leben der älteren Menschen auf Kosten der Jungen geht? Wie gerecht geht es also zu zwischen Jung und Alt?

    Es geht nicht gerecht zu. Ein entsprechendes Stimmungsbild liefert eine Umfrage, durchgeführt im Auftrag der Körber Stiftung und des "Stern". In der Umfrage geben 80 Prozent der Befragten an, sie glauben, die Jüngeren seien im Nachteil.

    Nur zwölf Prozent sieht dagegen die ältere Generation im Nachteil. Fast alle jüngeren Teilnehmer sind jedoch auch der Meinung, die heutige Rentengeneration habe viel geleistet und sich somit ihr Auskommen verdient. Allerdings hält über die Hälfte aller Befragten unter 30 Jahren nichts von regelmäßigen Rentenerhöhungen. Gleichzeitig lehnt es jedoch die Mehrheit aller jüngeren Befragten ab, dass es Ausgleichszahlung von der Rente Richtung Studien- und Ausbildungsfinanzierung geben sollte:

    Imke Köster: "Die Frage ist, wie kann man es gerecht verteilen' Wer kriegt das dann? Das würden ja dann auch wieder alle bekommen und von diesen allen Jungen gibt es auch wieder genug, die genug haben. Deswegen finde ich, das kann man nicht gerecht verteilen, das ist schwierig."

    Maria Köster: "Natürlich, wenn alle der 30-Jährigen keine Kinder kriegen, weil sie denken, dass sie das zu sehr einschränkt, materiell und freiheitsmäßig, dann können sie ja ausrechnen, dass nachher nicht so viel da ist."

    Imke Köster: "Mit möchten ist das gar nicht so das Problem, sondern sich das finanziell auch überlegen, wobei ich das auch nicht als Hauptgrund sehen würde. Ich möchte Kinder, aber es muss eben auch ins Leben passen. Das klingt egoistisch, aber man denkt ja an die Kinder, die müssen ein gutes Leben haben."

    Imke Köster ist 30 Jahre alt und arbeitet als Tierärztin. Sie hat sich auf Kühe spezialisiert, an sich ein krisenfester Beruf. Sie verdiene so viel wie eine Kassiererin, sagt die junge Frau. Dabei hat sie häufig Wochenenddienste und auch keine regelmäßigen Arbeitszeiten. Unter den akademischen Berufen gelte der Tierarztberuf als der schlecht bezahlteste Job. Die junge Frau nimmt es hin:

    "Bisher ist alles gelaufen, hat alles geklappt, ich hatte jetzt nie finanzielle Nöte, jetzt merke ich langsam, wenn ich weiter will, und ich merke, langsam habe ich auch den Wunsch, dass ich auch etwas eigenes habe, zumindest was Größeres, also ich lebe jetzt gerade auf 30 Quadratmeter. Im Prinzip mit einem Garten, wo ich einfach für mich sehen kann, das wird schwierig, einfach finanziell. Also, wenn ich mir jetzt vorstelle, ich möchte mir jetzt ein Haus kaufen oder so, war das zu Zeiten meiner Eltern und vor allem meiner Großeltern in meinem Alter sicher einfacher."

    Maria Köster: "Gerade wer beim Staat angestellt war in der Schule, als praktisch Beamter, der war natürlich gesichert."

    Maria Köster ist die Großmutter von Imke Köster. Nach dem Krieg studierte sie Pädagogik an einer Lehrerbildungsanstalt. Mit 21 Jahren war sie Lehrerin und stand vor einer Klasse mit über 100 Schülern. Sie teilte die Klasse und unterrichtete die eine Hälfte morgens, die andere am Nachmittag. Ihre Kleidung nähte sie sich selbst zum Teil aus alten Decken.

    Maria Köster heiratete einen Kollegen und bekam mit ihm drei Kinder. Alle drei studierten, so musste in dem Lehrerhaushalt auf einiges verzichtet werden. Den Kindern soll es einmal besser gehen. Diesen Wunsch hatte vor allem die Kriegs- und Nachkriegsgeneration. Als die Kinder klein waren, wollte Maria Köster nur, dass die drei in Frieden aufwachsen dürfen:

    "Ob sie später mal mehr Geld haben oder weniger, war mir eigentlich nicht wichtig. Höchstens, dass ich gehofft habe, dass sie glückliche Menschen werden und ein erfülltes Leben haben."

    Dieser Wunsch hat sich erfüllt. Und gleichzeitig mit den Kindern von Maria Köster wuchs erstmals eine Generation auf, die keinen Krieg kennt. Großmutter Köster hat mittlerweile 16 Enkelkinder und einen Urenkel. Ihr Mann starb vor einigen Jahren. Dank ihrer eigenen Pension und einer Witwenrente geht es ihr materiell sehr gut. Bis heute fährt die 87-Jährige ein eigenes Auto, besucht oft ihre Kinder und Enkelkinder. Bei 16 Enkelkindern kennt sie sich bestens aus mit dem, was junge Menschen beschäftigt, von Schulsorgen über die Studienplatzwahl bis hin zur Situation von Berufsanfängern.

    Für junge Leute sei die Situation wirklich schlimm, konstatierte vor wenigen Jahren der Zukunftsforscher Horst Opaschowski. Tatsächlich fürchten sich viele davor, den Gürtel bald enger schnallen zu müssen.

    Maria Köster: "Ach, ich denke, den Gürtel müssen sie nicht eng schnallen. Meinst du das?"

    Imke Köster: "Er war nie so weit, glaube ich, das ist es eher, und deshalb fällt es mir auch nicht so arg auf, denke ich. Ich finde, ich habe es vielleicht deshalb noch gut, weil ich lange studiert habe, und im Studium ist man sowieso Student und hat nicht viel und bin gar nicht groß drüber hinausgekommen."

    Maria Köster: "Es kann gar nicht immer aufwärtsgehen, sondern innere Werte zählen, die man nicht kaufen kann. Und wenn man noch so viel Geld hat, ist man nicht glücklich."

    Imke Köster: "Es kann ja auch gleich gut sein, selbst ein bisschen schlechter ist gut genug vielleicht?! Ich habe da mal einen netten Spruch gelesen, dass alles immer wachsen muss, aber ob jemals schon mal einer einen Baum gesehen hat, der in den Himmel gewachsen ist? Das ist ja auch so etwas, das geht ja gar nicht."

    Doch die Bäume müssen eben auch die Chance bekommen, wachsen zu können.

    Imke Köster: "Das ist sehr unterschiedlich. Gerade die Schulfreundinnen, wir haben alle sehr unterschiedliche Dinge studiert. Und eine hat Architektur studiert, die geht von einem bezahlten Praktikum in das nächste, und wenn sie mal einen Job hat, dann ist das einer, wo man gar nicht schlafen kann, sondern immer arbeitet."

    Was aber ist gerecht? Schulden Generationen einander etwas? Was ist gemeint, wenn von Generationengerechtigkeit gesprochen wird?

    Jörg Tremmel ist Juniorprofessor für generationengerechte Politik am Institut für Politikwissenschaft der Universität Tübingen. In seinem jüngst erschienenen Buch "Eine Theorie der Generationengerechtigkeit" erklärt er, wie sich aus wissenschaftlicher Sicht das Thema erschließt. Es geht um Generationenethik und Fragen wie:

    "Schulden die heutigen Generationen den zukünftigen Generationen überhaupt etwas? Das wird zum Teil in Abrede gestellt mit Argumenten wie, dass Gerechtigkeit immer auf Reziprozität aufbauen müsse, und kommende Generationen nun noch nicht einmal da seien und insofern auch gar kein Drohpotenzial haben, und der Begriff der Gerechtigkeit deshalb nicht angemessen sei, um die Beziehung zwischen den Generationen zu charakterisieren."

    Geht man jedoch davon aus, dass es Pflichten gegenüber kommenden Generationen gibt, so Tremmel, stellt sich die Frage, welches Ausmaß die Pflichten haben.

    Kinder müssen die Chance bekommen, sich ein besseres Leben erarbeiten zu können, sagt der 43 Jahre alte Wissenschaftler. Als Generationengerechtigkeit bezeichnet er auch die Möglichkeit der Weiterentwicklung:

    "Ich sage, unsere Pflichten gegenüber der Nachwelt sind größer als häufig vermutet, aber das ist nicht zu verwechseln mit einer Eintrittsprognose. Gleichzeitig sage ich, durch den Klimawandel, durch Atommüll sieht es so aus, als würden unsere Kinder ein schlechteres Leben, weltweit betrachtet, sogar haben, als noch unsere Generation. Das ist eben unsere Verantwortung, solche ökologischen, sozialen, technischen Zusammenbrüche zu vermeiden, damit eine autonome Verbesserungsrate, eine autonome Fantasie- und Innovationsfähigkeit des Menschen wirksam werden kann, denn dann hat im Normalfall der Geschichte jede Generation ein besseres Leben als ihre Vorgänger, sie steht auf den Schultern ihrer Eltern und Großeltern."

    Ob die jeweils nächste Generation es dann besser haben wird als die Eltern- und Großelterngeneration, das hängt unter anderem auch davon ab, wie die Frage definiert wird, was ein gutes Leben ist. Mit welchen Indikatoren lässt sich aber messen, was ein gutes Leben ist? Auch diese Frage zählt laut Tremmel zu den Kernfragen der Generationenethik. Im Gegensatz zu anderen Wissenschaftlern geht er davon aus, dass die jüngere Generation durchaus optimistisch in die Zukunft blicken kann:

    "Da gibt es natürlich auch Krisenerscheinungen wie die Staatsverschuldung, wie der Rentenvertrag, aber alles in allem steigt die Lebenserwartung hier jedes Jahr um drei Monate, es gibt große Erbschaften, die der nächsten Generation hinterlassen werden. Deshalb ist meine Prognose für Deutschland, dass die nächste Generation durchaus in Bezug auf Wohlstandsindikatoren wie den Human Development-Index eine bessere Lebenssituation vorfinden wird als noch die heutige Generation im entsprechenden Alter."

    Vor rund zehn Jahren kämpfte Jörg Tremmel noch dafür, Generationengerechtigkeit im Grundgesetz zu verankern. Parteiübergreifend wandte er sich deshalb an junge Politiker:

    "Es gab einen Gesetzentwurf, einen Entwurf für einen Artikel 20b, dass eben das Thema Generationengerechtigkeit in allen Politikfeldern hätte Beachtung finden müssen."

    Doch die Initiative scheiterte. Nicht etwa an einer Partei, sondern daran:
    ""Dass die Älteren gesagt haben, das brauchen wir nicht."

    Doch die Politik bewegte sich auch. Im Jahr 2003 brachte die rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder die bislang größte Reform der deutschen Sozialsysteme auf den Weg, die Agenda 2010. Die Rürup-Kommission entwickelte den Nachhaltigkeitsfaktor, der vereinfacht ausgedrückt dafür sorgen soll, dass die Beitragszahler nicht überfordert werden, auch wenn sie immer mehr Rentner finanzieren müssen. Im Zuge der Reform hat vor gut einem Jahr die schrittweise Einführung der "Rente mit 67" begonnen. Diese Änderung soll ebenso zu mehr Gerechtigkeit unter den Generationen führen.

    Wenn die heute 30-Jährigen selbst Großeltern sind, dürfte es neue Systeme geben. Denn selbst die reformierten Strukturen werden nicht tragen, davon ist aufgrund des demografischen Wandels auszugehen.

    Den Alten bleibt zu hoffen, es möge den Jungen wie auch immer reichen. Die Jungen müssen indes ihre eigenen Lebens-, vielleicht Überlebensstrategien entwickeln. Sie kennen die Vorhersagen, wonach schon bald eine Altersarmut drohe, auch vom möglichen Ende der staatlichen Rente haben sie mittlerweile schon gehört. Beide Szenarien sollten mit Vorsicht und dem nötigen kritischen Blick betrachtet werden.

    Tierärztin Imke Köster hofft darauf, dass der ärztliche Rentenfonds zumindest einen Teil ihres Bedarfs im Alter abdecken wird:

    "Uns hat man immer gesagt, dass das Ärzteversorgungswerk dann doch noch relativ sicher ist, das ist ja eher ein privater Fonds. Da glaube ich jetzt einfach dran. Ich finde schon, so Berufsunfähigkeitsversicherungen, was das alles schluckt jeden Monat, ich sehe es auch gar nicht ein, weil ich weiß auch gar nicht, ob das dann später wirklich noch da ist. Und dann lebe ich lieber jetzt mit dem, was ich habe."

    So geht es vielen in dieser Generation. Die 87-jährige Großmutter beruhigt. Nach einem überlebten Krieg, dem Aufbau der Wirtschaft lässt sie sich von den vielen Krisen der vergangenen Jahre nicht schrecken:

    "Diese Angst kann euch niemand nehmen, das gehört einfach zum Leben dazu, dass man nicht weiß, was auf einen zukommen wird, politisch und wirtschaftlich. Das Einzige, was man tun kann, ist, dass man vernünftig wählt. Wobei man auch nicht immer vertrauen kann auf das, was da versprochen wird, und was da später geschieht."

    Die Jüngeren suchen neue Wege und werden dabei auch fündig. Nach Zeiten des Konsumrauschs scheint sich nach und nach ein neues Denken durchzusetzen: Nicht der Besitz ist zwingend notwendig, sondern leihen und tauschen ist angesagt. Diese Form des Handels ist wiederum der Großelterngeneration bestens aus der Kriegs- und Nachkriegszeit bekannt.

    Imke Köster: "Ich versuche oft bzw. das kommt auch manchmal einfach zu mir, ich sehe das auch als eine Art von Glück, dass ich Dinge oft umsonst bekomme oder billiger oder Leute kennenlerne, die jemand kennen, der jemand kennt sozusagen, oder wo ich mithelfe und dafür etwas billiger bekomme, und das ist für mich wunderbar. Irgendwie umgeht man da auch ein bisschen den Kapitalismus. Und so etwas sollte man vielleicht auch mehr machen: Dass Leute sagen, ihr dürft umsonst da wohnen, wenn ihr den Garten macht oder den Hausmeister spielt."

    Die Menschen werden wieder enger zusammenrücken, sagt Zukunftsforscher Opaschowski voraus. Auch werden sie künftig häufiger in Mehrgenerationenhäusern leben und sich auch mehr gegenseitig helfen wollen - so Opaschowski.

    Noch vor wenigen Jahren war die Rede vom Krieg der Generationen. Ausgelöst hatte die Diskussion unter anderem die Junge Union mit der Forderung, Senioren sollten aus Kostengründen keine Hüftprothesen mehr bezahlt bekommen.

    Die daraus folgende Diskussion war für alle Generationen unwürdig. Der verbale Kampf zwischen den Generationen wurde umbenannt, nun ist die Rede vom Generationendialog.

    Und tatsächlich beförderte das Wort eine neue Gesprächskultur zwischen Jung und Alt. Deutschlandweit gibt es mittlerweile viele Projekte, deren Ziel es ist, den Dialog zwischen den Generationen zu fördern.

    Der Impuls zur Begegnung muss allerdings von außen kommen und dafür müssen Räume existieren. Ein gelingendes Beispiel sind Mehrgenerationenhäuser, Wohnmodelle und Treffpunkte, die weder nach Alter, Religion oder Herkunft der Besucher fragen. Orte, an denen Generationengerechtigkeit in anderer, neuer Form gelebt werden kann. Die Sozialwissenschaftlerin und Historikerin Annemarie Gerzer-Sass leitet die Serviceagentur für Mehrgenerationenhäuser beim Bundesfamilienministerium:

    "Wir haben eine interessante Rentnergeneration, wenn die Menschen gesund sind. Wir sehen ja anhand des Zulaufs in den Mehrgenerationenhäusern, die suchen und sie wollen. Und wir haben wirklich auch eine dramatische Entwicklung, dass jetzt schon unter den Mitte-40-Jährigen, ist jeder Vierte ohne Familie. Alter heißt nicht nur, sozial abgesichert zu sein, sondern Alter heißt vor allen Dingen, soziale Netze zu haben. Und die müssen jetzt angefangen werden zu gestalten, und da kommt schon langsam das Bewusstsein jetzt auch auf."

    Das wachsende Bewusstsein bestätigt auch eine aktuelle Familienstudie des Allensbach-Instituts für Demoskopie. 76 Prozent aller Befragten halten Mehrgenerationenhäuser für eine "gute Sache". Jeder zweite der Befragten kann sich vorstellen, selbst in einem solchen Haus zu wohnen.
    Dabei gibt es verschiedene Arten von Mehrgenerationenhäusern. Zum einen sind in den vergangenen Jahren vermehrt Wohnprojekte von privaten Trägern gebaut wurden, die auf die verschiedenen Bedürfnisse der jeweiligen Generationen ausgelegt sind. Meist haben die Häuser Aufzüge und große Treppenhäuser sowie Räume, die für gemeinsame Treffen der Hausbewohner gedacht sind.

    Zum anderen gibt es Mehrgenerationenhäuser, die im Rahmen des Aktionsprogramms der Bundesregierung entstanden sind. Diese Häuser dienen als Treffpunkte für Jung und Alt, die verschiedenen Angebote werden von den jeweiligen Trägern ausgearbeitet und in der Regel auch personell begleitet. Häufig dienen diese Mehrgenerationenhäuser auch benachteiligten Menschen der jüngeren Generation als Anlaufstelle. Die Jungen können sich dort weiter qualifizieren:

    Annemarie Gerzer-Sass: "Und dann zu mischen mit Älteren, die Mentoren-Rollen übernehmen, ist sensationell. Weil wir sehen, da ist kein Lehrer da, kein Sozialarbeiter da, die Eltern auch nicht! Da ist ein sehr authentischer Mensch da, der sagt: So, ein Jahr unterstütze ich dich, aber du tust deinen Teil dazu. Und das sind natürlich noch einmal andere Formen von Beziehung, die dadurch ermöglicht werden. Also, wenn der Vater zu dem Jungen kommt, dann macht der natürlich Klappe runter und sagt: Ist schon recht. Durchzug. Und deswegen ist es so wichtig, dass sich das öffnet, aus der Familie hinaus."

    In anderen Projekten bringen junge Menschen älteren Menschen bei, wie sie ein Smartphone bedienen können oder welche Chancen ein Computer für die Kommunikation mit den weit entfernt lebenden Kindern und Enkelkindern bietet.

    Die Solidarität zwischen den Generationen bekommt an vielen Stellen seit Jahren neue Impulse. Es wäre schade, wenn in der öffentlichen Diskussion die Solidarität, die Gerechtigkeit zwischen den Generationen nur über ein unsicheres Rentensystem und sinkende Gehälter geführt würde.

    Neue Lebensformen und Haltungen bieten die Möglichkeit, sich jenseits von Sozialversicherungssystemen und Ausgleichszahlungen mit Altersweisheit und jugendlicher Begeisterungsfähigkeit auf eine neue, als gerecht erlebbare Ebene einzulassen.

    Dabei sollten alle aushalten, dass es nicht nur harmonisch zugehen kann. Konflikte zwischen den Jungen und den Alten gab es schon immer. Juniorprofessor Tremmel:

    "Also, die Beschwerde über die Jugend ist schon sehr alt. Schon Platon schildert in 'Politeia' die undankbare Jugend in der Demokratie. Aber, es gibt ja auch einen natürlichen Generationenkonflikt. Bei jedem alten Bauern stellt sich die Frage, wann übergibt er denn den Hof an den Nachfolger? Insofern sind Generationenkonflikte etwas ganz Normales."

    Alle Beiträge der Serie"Vom großen Wort Gerechtigkeit" im Überblick