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Sommerserie: Fachhandel versus Internet
Spagat für den Textilhandel kann gelingen

Kleider und Schuhe werden schon oft im Internet gekauft. Doch viele Menschen wollen nicht zehn Teile bestellen und dann acht zurück schicken. Da ist der Einzelhandel im Vorteil - der aber selbst vom Onlinehandel profitieren kann.

Von Philip Banse | 06.08.2014
    Passanten tragen in der Münchner Innenstadt ihre Einkäufe.
    Viele Menschen kaufen Mode lieber im Einzelhandel als online. (dpa / Frank Leonhardt)
    Das Butterflysoulfire in Berlin Mitte: Auf 100 Quadratmetern ausgefallene Designer-Kleidung für einige Hundert Euro pro Stück. Das Butterflysoulfire gehört zu keiner Kette, sondern Inhaber Thoas Lindner. Der Laden kostet 3000 Euro Miete im Monat. Viele von Lindners Produkten gibt es auch bei Zalando, doch auf seinen Umsatz schlägt sich das nicht nieder.
    "Zalando hat jetzt auch nicht das allerbeste Image und es gibt ja zum Glück auch noch Leute, die ein Verständnis für Moral und Anstand haben und die dann aus Prinzip dann nicht bei Zalando bestellen, weil sie keine Lust haben, dieses Ausbeutertum zu unterstützen."
    Persönliche Beratung, edle Nischenprodukte zum Anfassen und Fühlen - das bringt Barbara Holzeder in Lindners Laden. Online bestellen und 7 von 10 Sachen wieder zurück schicken - das sei keine Alternative zum stationären Geschäft:
    "Ist aber zu umständlich. Man muss warten, bis der Postbote kommt und man muss dann alles wieder zur Post bringen. Das frisst auch Zeit."
    "Der Onlineversand von Kleidung boomt"
    Dennoch: Der Onlineversand von Kleidung boomt, sagt Falk Stefan vom Einzelhandelsverband: 10 Hosen bestellen, in Ruhe anprobieren und 8 wieder zurück schicken, in der Regel kostenlos - darauf wollen viele Kunden nicht mehr verzichten.
    "Wir schätzen, dass etwa ein Fünftel des Textilumsatzes schon im Netz erfolgt. Das ist schon ein sehr hoher Marktanteil. Wir haben auch ein überproportionales Wachstum, gerade im Mode- und Textilbereich: im letzten Jahr plus 13 Prozent."
    Immer mehr Kleidung wird also online verkauft. Stationäre Bekleidungs-Läden müssen sich also etwas einfallen lassen - und eröffnen ebenfalls eine Filiale im Netz, sagt Falk Stefan vom Einzelhandelsverband.
    "Der Gegensatz verwischt sich zunehmend. Wir schätzen, dass mittlerweile rund ein Drittel der Händler im Netz unterwegs ist und daher auf mehreren Vertriebskanälen ihre Waren anbieten."
    Auch der Einzelhandel geht ins Netz
    Auch der Einzelhändler Thoas Lindner hat einen Online-Shop eröffnet. Zwar schicken Online-Kunden bis zu 70 Prozent der Ware wieder zurück, aber Lindner macht je nach Saison bis zu 30 Prozent seines Umsatzes im Netz - vor allem mit internationaler Kundschaft, die nie in seinen Berliner Laden kommen würde. Unterm Strich lohne sich der zusätzliche Vertriebsweg:
    "Grundsätzlich ja. Und ich glaube auch, dass da ein stückweit die Zukunft liegt, im Online-Store."
    Gleichzeitig eröffnen Online-Händler stationäre Geschäfte. Der deutsche Marktführer Zalando etwa hat in Frankfurt am Main und Berlin Outlet-Stores aufgemacht. Zalando war nicht zu einem Interview bereit, teilte nur schriftlich mit, dass weitere stationäre Läden nicht geplant seien. Einzelhandelslobbyist Stefan sagt, die Online-Stores wollten durch stationäre Läden näher beim Kunden sein:
    "Mit der Eröffnung dieser Läden ist deutlich geworden, dass auch ein Unternehmen, das nur im Netz ist, Kundenbindung erzeugen muss, auf welche Weise auch immer anfassbar sein muss, die Unternehmensmarke entwickeln muss. Das ist einfach eine Frage der Markenbildung."
    Online und stationärer Bekleidungshandel verschwimmen also. Dennoch müssten stationäre Händler mehr Freiheiten bekommen, um mit den allzeit geöffneten Online-Shops mithalten zu können, fordert Einzelhandelslobbyist Falk Stefan. Flexiblere Öffnungszeiten seien dringend nötig. Sonst gebe es in den Innenstädten bald nur noch Ankleide-Kabinen der Online-Händler.