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Sommerserie: Gerechtigkeit
Gibt es Klimagerechtigkeit?

Industriestaaten sind für einen immensen Teil des CO2-Ausstoßes verantwortlich. Sie wachsen auf Kosten der Umwelt. Die Folge: Überschwemmungen und Erdbeben, die vor allem ärmere Länder treffen. Diese verlangen deswegen Unterstützung - stoßen damit aber nicht bei allen auf Verständnis.

Von Georg Ehring | 24.08.2017
    Ein Stethoskop auf einem Globus, der Amerika anzeigt.
    Frank Bainimarama, Premierminister der Fiji-Inseln:"Zusammen müssen wir für die ganze Welt sprechen. Für alle Bürger dieser Welt, denn letztlich wird niemand den Folgen des Klimawandels entkommen, egal wer sie sind oder wo sie wohnen." (imago stock&people)
    Honduras, Myanmar, Haiti, Nicaragua und die Philippinen - Schäden durch Hitzewellen, Wirbelstürme, Überschwemmungen und andere Katastrophen mit Bezug zum menschengemachten Klimawandel treffen diese Staaten härter als andere. Jan Burck von der umwelt- und entwicklungspolitischen Organisation Germanwatch findet immer wieder das gleiche Bild, wenn er wie zuletzt im vergangenen November den Klima-Risikoindex seiner Organisation vorstellt:
    "Im langfristigen Vergleich sieht man, dass neun von zehn Länder besonders arm oder arme Entwicklungsländer sind. Das zeigt, dass Entwicklungsländer gerade von Klimarisiken besonders betroffen sind."
    Wenn es regnet, dann zu viel
    Und zwar vor allem deshalb, weil sie weniger Mittel haben um gegenzusteuern. Außerdem sind in armen Ländern mehr Menschen von der Landwirtschaft abhängig und sie spüren die Folgen der Erwärmung unmittelbar. In vielen Regionen, etwa in Afrika, wird es trockener und wenn es regnet, dann oft viel zu stark. Jonathan Mockshell, Forscher beim Deutschen Institut für Entwicklungspolitik, kennt dies aus seiner Heimat Ghana:
    "Wir erleben, dass die Bauern weniger produzieren können, weil sie nicht genug Wasser für die Bewässerung haben. Wir erleben auch, dass die Stauseen, die früher voll waren, heute viel kleiner geworden sind. Und dann gibt es Fluten, die oft die gesamte Produktion der Bauern zerstören."
    Für reichere Staaten sieht die Rechnung ganz anders aus, sagt Ines Dombrowski. Sie ist im Deutschen Institut für Entwicklungspolitik zuständig für Umweltpolitik und Ressourcenmanagement:
    "In dem Moment, in dem wir eine Klimaanlage haben oder eine Heizung, können wir natürlich besser damit umgehen, als wenn wir es nicht haben. Insofern sind natürlich die armen Gesellschaften schon mal viel stärker betroffen vom Klimawandel und dann auch in den armen Ländern die Ärmsten."
    Betroffene Länder verlangen Unterstützung
    Verursacht wird der Klimawandel bekanntlich durch den Ausstoß von Treibhausgasen, vor allem Kohlendioxid. Und den verantworten vor allem reiche Länder - ihre Bürger nutzen die billige Energie aus Kohlekraftwerken zur Stromerzeugung und Heizung, reisen mit Autos und Flugzeugen. Die in den G20 zusammengeschlossenen Industrie - und Schwellenländer sind gemeinsam für mehr als drei Viertel des weltweiten Ausstoßes von Treibhausgasen zuständig. Vor allem die alten Industrieländer in Europa und Nordamerika haben ihren Wohlstand seit Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert durch den Ausstoß gewaltiger Mengen von Treibhausgasen geschaffen.
    Für arme Länder ist der Klimaschutz damit auch eine Frage der Gerechtigkeit. Sie verlangen Unterstützung bei der Anpassung an höhere Temperaturen - und Schadensersatz. Im Klimaabkommen von Paris haben die reichen Länder auch Hilfen zugesagt. Ab 2020 sollen dafür jährlich 100 Milliarden US-Dollar zusammenkommen. Ein guter Anfang, findet Jonathan Mockshell aus Ghana:
    "Sie tun eine Menge, zum Beispiel durch die Schaffung des Grünen Klimafonds und andere Aktivitäten der Entwicklungszusammenarbeit. Doch es muss noch mehr geschehen. Was wir derzeit sehen, reicht nicht aus, um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen."
    Niemand wird den Folgen des Klimawandels entkommen
    Doch es ist längst nicht sicher, dass die zugesagte Summe auch zustande kommt. Die USA wollen aus dem Klimaschutzabkommen aussteigen und auch ihre Zahlungen an Entwicklungsländer stoppen, kündigte Präsident Donald Trump in diesem Frühjahr an:
    "Das heißt auch, dass wir die Umsetzung der national festgelegten Beiträge einstellen und, sehr wichtig, die Zahlungen in den "Grünen Klimafonds" stoppen, die den USA gewaltige Kosten auferlegen."
    Allerdings werden auch reiche Länder wie die USA nicht vom Klimawandel verschont - etwa wenn der Meeresspiegel steigt und damit Küstenstädte wie Hamburg, Miami, New York oder Kalkutta bedroht. Spätere Generationen werden diese Entwicklung mit voller Wucht zu spüren bekommen, sagt Frank Bainimarama, Premierminister der durch den Anstieg des Meeresspiegels besonders bedrohten Fiji-Inseln:
    "Zusammen müssen wir für die ganze Welt sprechen. Für alle Bürger dieser Welt, denn letztlich wird niemand den Folgen des Klimawandels entkommen, egal wer sie sind oder wo sie wohnen."