Donnerstag, 28. März 2024

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Sonaten für Cello und Klavier
Brahms à la française

Die französischen Musiker Jean-Guihen Queyras und Alexandre Tharaud haben die Cello-Sonaten von Johannes Brahms aufgenommen. Elegant, leicht und auch durchscheinend klingt ihre Interpretation. Diese Herangehensweise passt aber nicht zu jedem der Sonatensätze.

Von Marie König | 07.02.2018
    Der Pianist Alexandre Tharaud (l.) und der Cellist Jean-Guihen Queyras (r.)
    Der Pianist Alexandre Tharaud (l.) und der Cellist Jean-Guihen Queyras (r.) (Marco Borggreve)
    Musik: Johannes Brahms, Ungarischer Tanz, WoO 1, Nr. 11 d-Moll
    Wehmütig und zart klingt der letzte Titel. Es scheint, als würden Klavier und Cello zu einer Reise aufbrechen und sich im Losgehen mit einer feinen Melodie verabschieden.
    Mit diesem kleinen Tanz endet die neue CD von Jean-Guihen Queyras und Alexandre Tharaud. In den zwölf Titeln davor widmen sich die beiden Interpreten den zwei großen Cellosonaten und fünf ungarischen Tänzen von Johannes Brahms.
    Musik: Johannes Brahms, Ungarischer Tanz, WoO1, Nr. 5 f-Moll
    Der fünfte Tanz in fis-Moll wirkt in der Orchesterfassung oft sehr wuchtig. Im Eigenarrangement von Queyras und Tharaud wird er tatsächlich tänzerisch.
    Eleganz und Leichtigkeit
    Im Gegensatz zu den ungarischen Tänzen sind die beiden Sonaten op. 38 und 99 ein unverrückbarer Bestandteil der Celloliteratur. Brahms schrieb sie mit zwanzig Jahren Abstand – und wohl auch darum sind sie vom Umfang, vom Konzept und Gestus her sehr unterschiedlich. Beinahe jeder berühmte Cellist, jede große Cellistin hat sich an diesem Werkpaar abgearbeitet.
    Musik: Johannes Brahms, "Allegretto quasi Menuetto" aus der Cello-Sonate Nr. 1 e-Moll, op.38
    Jean-Guihen Queyras verleiht beiden Sonaten Eleganz und Leichtigkeit. Sein Vibrato hüllt die Töne ein, ohne die Melodie zu überdecken. Hörbar wird dieser transparente Klang besonders im letzten Satz der ersten Sonate in e-Moll, einem Fugato.
    Musik: Johannes Brahms, "Allegro" aus der Cello-Sonate Nr. 1 e-Moll, op. 38
    Alexandre Tharaud baut mit seinem präzisen, edlen Klavierspiel die Architektur der Fuge genauestens auf. Jeder Stimmeinsatz tritt deutlich hervor. Ganz anders ist der erste Satz aufgebaut, ein Allegro non troppo. Alles fließt, es gibt kein festes Fundament, die Klänge strömen dahin.
    Zu wenig Linie
    Musik: Johannes Brahms, "Allegro non troppo" aus der Cello-Sonate Nr.1 e-Moll, op.38
    Queyras und Tharaud lassen den Satz beinahe schwerelos werden. Sie nehmen sich Zeit für jedes Detail – doch dabei schweifen sie manchmal ab und verlieren den großen Bogen aus den Augen.
    Auch dem zweiten Satz der ersten Sonate fehlt der Blick fürs Ganze. Er klingt sehr schön und freundlich, bleibt aber an der Oberfläche. Dafür packt Queyras die zweite Sonate in F-Dur direkt beim Schopf.
    Musik: Johannes Brahms, "Allegro vivace" aus der Cello-Sonate Nr.2 F-Dur, op.99
    Zu Brahms’ Lebzeiten galt diese Cellopartie als undankbar und spröde, auch wegen ihres großen Ambitus. Jean-Guihen Queyras kostet jeden Ton genüsslich aus und bringt sein Cello mit Spaß an die Grenzen.
    Die französische Leichtigkeit dieser neuen Aufnahme tut Brahms an vielen Stellen gut. Queyras und Tharaud lassen die vielschichtigen Sätze ganz durchscheinend werden – selbst in den verworrensten Passagen sind alle Stimmen nachzuvollziehen.
    Musik: Johannes Brahms, "Allegro molto" aus der Cello-Sonate Nr. 2 F-Dur, op.99
    Da, wo keine eindeutige Linie vorgegeben ist, wirkt die Aufnahme unentschieden. Trotzdem lohnt es sich, die Sonaten so zuversichtlich und transparent à la française zu hören.