Donnerstag, 25. April 2024

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Sondierungsgespräche
"Die Journalisten spielen dieses Inszenierungsspiel einfach mit"

Was die Öffentlichkeit von den Sondierungsgesprächen in Berlin zu sehen bekommt, ist nach Ansicht des Medienkritikers Lutz Hachmeister fast alles inszeniert. Die Auftritte und Aussagen der Politiker seien nicht mehr als politisches Marketing, sagte Hachmeister im Dlf. Die Medien hielten hier zu selten dagegen.

Lutz Hachmeister im Gespräch mit Monika Dittrich | 16.11.2017
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht am 18.10.2017 in der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin mit Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag und mit Grünen-Chef Cem Özdemir (r)) vor den Sondierungsgesprächen zwischen der Union und den Grünen auf dem Balkon. Union, FDP und Grüne beginnen mit Sondierungen für eine Jamaika-Koalition. Neben Merkel steht Peter Altmaier (CDU), Chef des Bundeskanzleramts.
    Die Teilnehmer der Sondierungsgespräche in Berlin nutzen den Balkon des Reichstagspräsidentenpalais gern als Bühne (Kay Nietfeld/dpa)
    "Man muss nicht alle Balkonbilder senden", meint Hachmeister. Auf dem Balkon des Reichstagspräsidentenpalais in Berlin, wo die Parlamentarische Gesellschaft ihren Sitz hat, zeigen sich die Sondierer von CDU, CSU, FDP und Grünen gerne zu zweit oder in Grüppchen. "Die Leute stellen sich auf den Balkon und winken und es wird eins zu eins übertragen", kritisierte der Hochschullehrer für Journalistik. Dabei richteten sich die Aussagen der Politiker dort zu einem großen Teil an die eigene Wählerschaft, der sie versichern müssten, dass die jeweilige Partei noch die alte geblieben sei. "Wie das im Innern abläuft, wissen wir nicht."
    "Das sind ja noch nicht mal Koalitionsverhandlungen"
    Die Medien forderte Hachmeister auf, deutlich zu machen, dass diese Auftritte inszeniert seien. Auch in Interviews sollten Journalisten seiner Ansicht nach stärker darauf hinweisen, wenn Politiker etwas nur sagten, um damit einen Effekt zu erzielen. Insgesamt plädierte Hachmeister für mehr Zurückhaltung in der aktuellen Berichterstattung: "Das sind ja noch nicht mal Koalitionsverhandlungen."
    Journalist und Medienkritiker Lutz Hachmeister
    Journalist und Medienkritiker Lutz Hachmeister (Imago)