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Sondierungsgespräche
Wie Jamaika im Saarland baden ging

Morgen beginnen die Sondierungsgespräche von Union, FDP und Grünen über eine mögliche Jamaika-Koalition. Das Saarland hat bereits Erfahrung mit der Konstellation: Zwischen 2009 und 2012 regierte das Dreierbündnis das kleine Bundesland. Aber es endete im Desaster. Können die Parteien heute Lehren daraus ziehen?

Von Tonia Koch | 17.10.2017
    Ein
    Union, FDP und Grüne beginnen ihre Sondierungsgespräche - Können sie Lehren aus der Jamaika-Koalition im Saarland ziehen? (imago stock&people)
    Reggae, Bob Marley und Jamaika, das gehört zusammen. Ob das auch für die politischen Farben: schwarz, gelb und grün gilt? Passanten in der Saarbrücker Innenstadt sind skeptisch, denn mit Jamaika haben die Saarländer Erfahrung.
    "Bisschen kritisch, weil im Saarland gab es das ja schon einmal, eine Jamaika-Koalition. Es hat nicht geklappt, ansonsten finde ich es eigentlich ganz gut, nur es wird schwer, das unter einen Hut zu bekommen, grad mit den Grünen und der CSU. Das Saarland ist ja nicht der Bund, die müssen sich jetzt bemühen, eine Regierung zustande zu bringen. Finde ich fein. Davon halte ich nichts, weil das nicht zusammen kommt, die Positionen der entsprechenden Parteien. Das ist der Anfang vom Ende, wir werden Neuwahlen kriegen."
    Das Bündnis aus Christdemokraten, Liberalen und Grünen bestand im Saarland nicht länger als zwei Jahre. Von Ende 2009 bis Januar 2012, dann kündigte CDU-Landesmutter Annegret Kramp-Karrenbauer die Zusammenarbeit auf. Und gab der FDP die Schuld:
    "Die FDP-Landtagsfraktion aber auch der Landesverband der FDP-Saar befinden sich in einem Zustand der Zerrüttung. Eine Rückkehr der FDP-Saar zu geordneten Verhältnissen ist – aus meiner Sicht – in absehbarer Zeit nicht mehr zu erwarten."
    Die CDU fühlte sich über den Tisch gezogen
    In der Tat gaben die Liberalen an der Saar damals ein desaströses Bild ab. Sie waren politisch unerfahren, misstrauten einander, leisteten sich Dienstwagenaffären. Sie machten es CDU Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer damit leicht, die Reißleine zu ziehen. Die war erst wenige Monate zuvor ins Amt gekommen, sie hatte es zur Mitte der Legislatur von Peter Müller übernommen. Trotz der personellen Querelen, die inhaltlichen Vereinbarungen des Koalitionsvertrages hätten die Liberalen stets mitgetragen, erinnert sich der damalige FDP-Fraktionsvorsitzende, Horst Hinschberger. Der eigentliche Grund für das Scheitern von Jamaika im Saarland müsse daher bei den Grünen gesucht werden.
    "Es lag an der Uneinsichtigkeit der Grünen, die alles wollten und den beiden Partnern nicht mit der notwendigen Fairness und Großzügigkeit entgegen gekommen sind, für sich selbst aber immer Großzügigkeit verlangt haben, das war der Hauptgrund, warum es zu diesem Scheitern kam."
    Tatsächlich war es den Grünen gelungen, den Koalitionsvertrag nach ihren Vorstellungen zu formen: massiver Ausbau der Windenergie, Abschaffung der Studiengebühren, striktes Rauchverbot und eine neue Schulpolitik mit Schwerpunkt auf dem Ausbau der Gemeinschaftsschule. Während die grüne Basis nach einem Jahr Jamaika frohlockte.
    "Wir haben Grund zu feiern. Wir haben gute Arbeit geleistet und ich denke, da darf man durchaus jubeln."
    Fühlten sich die CDU-Mitglieder über den Tisch gezogen: "Für mich persönlich könnte im Bildungsbereich mehr CDU drinstecken. Bisher haben die Grünen die Akzente gesetzt und ich würde mir wünschen, wenn die CDU in diesem Bündnis inhaltlich stärker zu sehen ist."
    Möglicherweise zu viele Zugeständnisse
    Als die Christdemokraten 2009 das schwarz-gelbe Bündnis eingingen, waren sie in keinem guten Zustand. Bei der Landtagswahl blieben sie zwar stärkste Kraft, hatten jedoch 13 Prozentpunkte eingebüßt und die absolute Mehrheit verloren. Der damalige Regierungschef Peter Müller aber wollte weiter regieren. Das war nur mit Jamaika möglich, denn die SPD hatte eine Große Koalition unter Führung Müllers ausgeschlossen. Deshalb umgarnte dieser die Grünen mit Zugeständnissen. Möglich, dass es zu viele waren, räumt der Grüne Landesvorsitzende Markus Tressel ein.
    "Ich glaube, dass man die Erfahrung ruhig mitgeben kann, jeder muss sich in einem solchen Bündnis wiederfinden, jeder muss auch was bekommen inhaltlich, dass es in der Tat am Ende nicht so aussieht, als hätte einer alles abgeräumt und der große Partner hat am Ende gar nichts."