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Sons Of Noel And Adrian
"Dann müssen die Leute zuhören"

Die Sons of Noel and Adrian, eine Gruppe von Musikern aus London und Brighton, haben als 13-köpfige Folk-Truppe angefangen. Auf dem neuen Album "Turquoise Purple Pink" sind sie ein paar Mann weniger, klingen aber umso monumentaler. Soll das Prog-Rock, Free Jazz, Neo-Klassik sein? Klar scheint nur: Folk ist es nicht mehr.

Von Anke Behlert | 26.11.2016
    Die Band Sons of Noel and Adrian
    Die Band Sons of Noel and Adrian (Marcus Hamblett)
    Sons of Noel and Adrian - ein gewaltiger Name, der aus der Bibel entnommen sein könnte. Er passt zu dieser außergewöhnlichen Band. War ihr Debüt "Sons of Noel and Adrian" noch in der Folkmusik verwurzelt, wird dieses Label ihnen jetzt kaum noch gerecht. Wuchtig und monumental ist die Musik auf ihrem neuen Album "Turquoise Purple Pink". Für Sänger Jacob Richardson eine ganz natürliche Entwicklung:
    "Man wird eben erwachsen und entwickelt sich weiter. Wir wollten etwas anderes machen, unsere Palette erweitern und lauter sein. Auf manchen Konzerten kann man die mickrige Akustikgitarre kaum hören. Dann holt man die E-Gitarre raus und 'nen dicken Fender Twin-Verstärker und legt los. Dann müssen die Leute zuhören."
    Begonnen hat alles in einem Haus in Brighton, in dem einige der Musiker gewohnt haben. Dort haben sie sich mit anderen getroffen, Party gemacht und Musik gespielt und daraus ist Sons of Noel and Adrian entstanden. Fast alle Bandmitglieder sind auch in anderen Projekten aktiv, auf Tour mit Laura Marling oder Bear's Den oder haben "normale" Tagesjobs. Studiotermine für alle neun zu finden ist deswegen jedes Mal eine organisatorische Herausforderung. Aber sie haben es geschafft, erzählt Gitarrist Marcus Hamblett:
    "Für das neue Album haben wir die meisten Songs als Band geschrieben. Ich glaube das liegt daran, dass wir so viel getourt sind. Wir haben die Songs oft gespielt und sie haben sich dadurch verändert. Als wir dann ins Studio gegangen sind, haben wir die Stücke einfach live eingespielt und die beste Version genommen."
    Catherine Cardin und Emma Gatrill von der Band Sons of Noel and Adrian
    Catherine Cardin und Emma Gatrill von der Band Sons of Noel and Adrian (Fanny_Lambotte)
    Beim Songschreiben geht es bei Sons of Noel and Adrian zwar schon demokratisch zu, aber Sänger Jacob Richardson hat den Hut auf:
    "Es sind alle gleichberechtigt, aber ich habe vermutlich ein größeres Ego als die anderen oder vielleicht ist auch mein Mund größer. Ich versuche aber sehr diplomatisch zu sein und will auf keinen Fall so ein Anführer sein. Ich bin eher ein Anstifter und ich mag Teamwork."
    Das Ergebnis des Teamwork sind überbordende Arrangements mit Klarinetten, Trompeten, Hörnern, dröhnenden Orgel- und Synthesizerflächen und einem wuchtigen Schlagzeug. Zwischen den ausufernden Instrumentalpassagen taucht immer wieder der schmerzhafte Bariton von Sänger Richardson auf, umgarnt vom abstrakten Sirenengesang der Vokalistinnen Catherine Cardin und Emma Gatrill. Ist das jetzt Prog-Rock, Free Jazz, Neo-Klassik oder alles zusammen? Die Songs von Sons of Noel and Adrian entziehen sich jeglicher Genre-Zuschreibung.
    Die Stücke auf "Turquoise Purple Pink" sind nicht nur ausladend arrangiert, Sons of Noel and Adrian nehmen sich auch reichlich Zeit, denn kein Song ist unter fünf Minuten lang. Strophe-Refrain-Struktur und 3:30-Länge seien einfach nicht sein Ding, sagt Sänger Richardson.
    "Ich mag keine Songs oder Songwriter, ich will Musik auf eine neue und interessantere Art präsentieren."
    Das Album ist nach dem gleichnamigen Song "Turquoise, Purple, Pink" benannt. Was es damit auf sich hat, erklärt Jacob Richardson:
    "Türkis, lila und pink sind für mich die Farben des Sonnenuntergangs. Der Titel symbolisiert damit auch das Ende oder den Abschluss einer Sache, eines Tages zum Beispiel. Außerdem sind das seltsame Farben, irgendwie New Age mäßig, das hat mir gefallen."
    Ein bisschen experimentierfreudig und risikobereit sollte man schon sein, wenn man sich auf die musikalische Odyssee von Sons of Noel and Adrian einlässt. Dafür wird man mit "Turquoise, Purple, Pink" belohnt, einem neuen Kontinent, der erst noch benannt werden muss.