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Sorge um Olympia in Sotschi 2014

Russland kürzt seine Haushaltsmittel für die Olympischen Winterspiele im Sotschi 2014 um eine satte halbe Milliarde Euro. Private Investoren sollen jetzt ran - doch Umweltschützer und andere Kritiker befürchten, dass die Umsetzung alles andere als preisverdächtig sein wird.

Von Robert Baag | 06.06.2009
    Dmitrij Tschernyschenko, Chef des russischen Organisationskomitees "Sotschi 2014", ist erstaunt und versteht die Nachfrage nicht. Was sei denn dabei, wenn die Regierung umgerechnet rund 420 Millionen Euro an staatlichen Haushaltsmitteln zurückzieht, die für die Finanzierung der Olympischen Winterspiele im Schwarzmeer-Badeort Sotschi in gut viereinhalb Jahren eigentlich schon eingerechnet waren:

    "Vor allem muss man verstehen, dass es sich hier um einen natürlichen Prozess handelt: Staatsgelder werden durch das Engagement von Privatinvestoren ersetzt. Auf die geplanten Infrastruktur-Maßnahmen in Sotschi wird sich das überhaupt nicht auswirken. Die Qualitätsstandards werden genauso hoch bleiben wie geplant. Und gebaut werden wird ebenso alles in dem Umfang, wie er ursprünglich vorgesehen war."

    Worte, an denen sich Tschernyschenko künftig wird messen lassen müssen. Unklar ist nämlich, wer diese neuen Investoren sein sollen, woher sie kommen und welche Projekte sie zu finanzieren gedenken. Die globale Wirtschaftskrise, von der Russland gleichermaßen betroffen ist, bedroht dem Vernehmen nach auch das umgerechnet fast zehn Milliarden Euro schwere Olympia-Budget. Selbst wenn es sich jetzt "nur" um eine Einsparung von knapp einer halben Milliarde Euro handelt, wie Dmitrij Kozak, der für Olympia 2014 zuständige stellvertretende Ministerpräsident zu Wochenbeginn angekündigt hatte, so bewerten doch viele Beobachter dies als Signal und sehen ihren entsprechenden Verdacht bestätigt. Vor Wochen hatten sie bereits darauf aufmerksam gemacht, dass die umfangreichen Bauvorhaben zwischen dem Kaukasus-Hochgebirge und dem Schwarzen Meer dem Zeitplan hinterher hinken. Ökologen beklagen seit Monaten schwere Umweltschäden durch rücksichtslose Erd- und Rodungsarbeiten in der einzigartigen subtropischen Gebirgs- und Küstenlandschaft rund um Sotschi. - Doch auch diesem Eindruck versuchte Tschernyschenko jetzt entgegenzutreten. In Anwesenheit des Kenianers Teodor Oben von UNEP, dem Umweltschutz-Programm der Vereinten Nationen, unterzeichnete er eine Absichtserklärung, wonach sich die russische Seite auf eine ökologisch nachhaltige Bauweise und Infrastruktur-Gestaltung der olympischen Sportstätten und Kommunikationsstrukturen verpflichtet. Umweltsünden aus der jüngsten Vergangenheit wollte Tschernyschenko nicht ausschließen:

    "Wenn aus irgendeinem Grund Umweltmaßnahmen anfänglich nicht vorgesehen waren, dann werden wir als Organisatoren der Spiele jetzt darauf bestehen, dass sich solch eine Situation nicht wiederholt oder rechtzeitig korrigiert wird. "

    Teodor Oben, Koordinator des UNEP-Programms "Sport und Umwelt", gab allerdings zu verstehen, dass die UNEP-Beobachter-Komission, die demnächst in Sotschi ihre Arbeit aufnehmen soll, nicht wirklich über Einflussmöglichkeiten verfügt:

    "Was Russland in Russland tut, liegt nicht in unserer Verantwortlichkeit. Als internationale Organisation können wir sie nicht von irgendetwas abhalten. Wir werden in Sotschi die bestmöglichen Ratschläge geben. Aber es ist ausschließlich Sache des russischen Organisationskomitees, den Rat anzunehmen, zu überprüfen und dann gegebenenfalls zu übernehmen. Dessen Entscheidungen jedoch fallen nicht in unsere Verantwortlichkeit."

    Noch waren die Unterschriften Obens und Tschernyschenkos unter dem Text des Memorandums nicht trocken, da wies die unabhängige Umweltschutzorganisation "Ökologische Wache des Nordkaukasus" in einer Presse-Erklärung einmal mehr darauf hin, dass der - Zitat - "widerrechtliche Bau der Olympiastraße und Bahnverbindung zwischen dem Sotschi-Vorort Adler und dem Naturschutzgebiet Krasnaja Poljana weiter fortgesetzt wird. "