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Sorge ums Saatgut

In Europa muss Saatgut offiziell registriert sein - sonst darf es nicht verkauft werden. Das soll Sicherheit für Bauern und Verbraucher schaffen. Die EU-Kommission hat nun neue Regeln dazu vorgeschlagen. Die aber sind umstritten.

Von Jörg Münchenberg | 06.05.2013
    EU-Verbraucherkommissar Tonio Borg kann die ganze Aufregung über seine Vorschläge zur Tier- und Pflanzengesundheit gar nicht verstehen. Durch das heute vorgelegte Maßnahmenpaket sollen die bisher geltenden 70 Rechtsakte auf fünf verschlankt werden. Mit dabei ist auch eine neue Zulassungsregelung für Saatgut und die ist hoch umstritten. Bislang regelt jedes Mitgliedsland die Zulassung im Alleingang – Borg möchte hier einen europaweit gültigen Ansatz. Dadurch werde der Bürokratieaufwand erheblich reduziert, erklärte er heute:

    "”What we are proposing, is not increasing the burden. But lighten it.""

    Doch viele Saatgutinitiativen, Landwirte und Hobbygärtner sehen das anders. Sie befürchten durch die neue Regulierungsvorgaben, dass sich am Markt noch mehr Einheitssaatgut durchsetzen wird. Denn die Zulassung einer neuen Sorte ist teuer und kostet mehrere Tausend Euro. Das wiederum sei für kleine Züchter gerade aus dem Ökobereich wenig attraktiv – sie, so der Abgeordnete der Grünen im Europäischen Parlament, Martin Häusling, könnten ihr Angebot künftig merklich reduzieren.

    "Was dabei rausgekommen ist, ist eine Richtlinie, die den großen Saatgutunternehmen in die Hände spielt. Es geht eindeutig in eine Züchtungsweise und –form, die die großen Unternehmen mit ihren Hochleistungsertragssorten begünstigt. Und dazu kommt: Dieses Zulassungsverfahren, was dann europaweit angestrebt wird für neue Sorten, ist mit hohen Kosten verbunden."

    Doch die Kommission hat auf die Kritik reagiert. Demnach sollen Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten und einem Jahresumsatz von bis zu zwei Millionen Euro von der Zulassungspflicht befreit werden. Borg stellte auch noch einmal klar: Für Hobbygärtner sollen die neuen Vorschriften nicht gelten: Sie werden auch künftig jede Art von Samen erwerben und tauschen können.

    Dennoch dürften damit die Proteste gegen die geplante Verordnung nicht so schnell nachlassen. Der grüne Abgeordnete Häusling stellte heute gleich das ganze Vorhaben infrage – beim Saatgutrecht brauche man keine europäische Harmonisierung. Der Richtlinie müssen auch noch Parlament und Mitgliedsländer zustimmen – sie soll 2016 in Kraft treten.