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Soundmap "Cities and Memory"
Ein Remix der Welt

Wie klingt ein Fischmarkt in Tokio, eine heiße Quelle in Island oder der indische Straßenverkehr? Auf sogenannten Sound Maps sammeln Musiker seit Jahren mit Field Recordings den Klang der Welt. Der Brite Stuart Fowkes wollte dem noch etwas hinzufügen: auf "Cities and Memory" kann jeder selbst aufgezeichnete Geräuschkulissen hochladen - und mit einem Remix den Ort neu interpretieren.

Von Ina Plodroch | 31.10.2016
    Eine Aufnahme vom 12.04.2006. Trotz einer steigenden Zahl von Autos und einem modernen Nahverkehrssystem nutzen noch immer hunderttausende Pekinger das Fahrrad.
    Wie klingt der chinesische Straßenverkehr? Auf "Cities and Memory" können Nutzer die Geräusche hochladen und in einem Remix verarbeiten. (picture alliance / dpa / Jens Büttner)
    Madurai in Südindien.
    Eine Thermalquelle in Island.
    Und von der Berliner Ringbahn S42 direkt in die Bronx von New York. Mit den Ohrstöpseln vor dem Laptop durch die Welt. Die Website "Cities and Memory" ist wie die logische Fortsetzung von Google Street View: Land aussuchen, heranzoomen, Stadt finden, weiter zoomen und in die Metro-Station einsteigen.
    "Mit der Diktierfunktion des Smartphones kann heutzutage jeder Field Recordings aufzeichnen", sagt Stuart Fowkes.
    Fowkes ist Musiker und Initiator von "Cities and Memory" aus Oxford. Seit zehn Jahren fängt er Klangwelten ein. Und lädt auf seiner Website dazu ein, mitzumachen: Smartphone raus, Klang einfangen, abschicken. 1400 Klanglandschaften und -orte hat er bisher gesammelt.
    "Ich hatte diese Idee, einfach zwei Sounds für einen Ort zu posten. Das dokumentarische Field Recording. Und die interpretierte Version. Den Remix des Ortes."
    Der künstlerische Blick, die Erinnerung an den Ort oder eine Situation. Aus einer Anti-ISIS-Demonstration auf der Hamburger Reeperbahn wird ein Musiktitel für den Club. Ein Remix zwischen Neuer Musik, Geräuschmusik oder Ambient. Gerne im Stile der Vordenker.
    Die Welt als Musikinstrument
    Ein Gebet in Dhaka, Bangladesch. Bearbeitet von Aaron Rieger im Rahmen des kurzen Projekts "Oblique Strategies".
    "Die Musiker haben ein Field Recording genommen und ich habe ihnen dann zwei Oblique Strategy-Karten von Ambient-Pionier Brian Enos gegeben, bei denen es darum geht, der Kreativität und der Komposition zu helfen."
    Mit den Aufgaben: "Gehe deinem schlechtesten Impuls nach." und "Nur ein Element einer Art."
    Die Welt als Musikinstrument. So wie die Musiker Pierre Schaeffer, John Cage, Matthew Herbert es vormachten und daraus Genre wie Musique Concrète oder Ambient erfanden.
    "Field Recordings bringen etwas Echtes in den Sound. So eine Fülle, die kann man nicht digital nachbauen."
    Was klingt schon so gut wie das echte Leben. Selbst in Zeiten, in denen Autos, Smartphones und digitale Geräte immer geräuschloser werden und deshalb mit künstlichem Sound-Design ausgestattet werden.
    Von Ort zu Ort klicken, und damit von Ort zu Ort hören: das ist tatsächlich entspannend. Und eine Möglichkeit, bei all der Musik-Streamerei, Snapchatterei mal wieder der Natur oder Stadt zu lauschen - ohne den geliebten Bildschirm zu verlassen.