Debatte über Richterposten in Karlsruhe

"Ich setze mich dafür ein, dass ein Ostdeutscher gewählt wird"

07:21 Minuten
Zu sehen ist ein roter Richterhut in den Armen eines Richters in Robe.
In der SPD gibt es eine Debatte, welchen Richter sie auf den offenen Posten am Bundesverfassungsgericht berufen will. © picture alliance / dpa / Uli Deck
Martina Weyrauch im Gespräch mit Julius Stucke · 23.05.2020
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Sie befürworte die Berufung von Jes Möller an das Bundesverfassungsgericht, sagt Martina Weyrauch von der Landeszentrale für Politische Bildung in Potsdam. Es sei die letzte Chance für einen ostdeutschen Juristen mit Diktaturerfahrung.
Am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ist ein Richterposten neu zu besetzen. Es geht um die Nachfolge des scheidenden Johannes Masing am Ersten Senat. Das Vorschlagsrecht hat im Bundesrat die SPD, die sich allerdings nicht auf einen Kandidaten einigen kann.
Juristen aus Rheinland-Pfalz, Berlin und Brandenburg sind seither im Gespräch. Darunter auch der frühere Präsident des Verfassungsgerichts in Brandenburg (2012-2019), Jes Möller. "Warum nicht mal ein Ossi?" titelte jüngst "Die Zeit": Einen ostdeutschen Verfassungsrichter gab es - 30 Jahre nach der Wende - noch nie.
Martina Weyrauch, Leiterin der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung.
Martina Weyrauch, Leiterin der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung wünscht sich einen ostdeutschen Verfassungsrichter in Karlsruhe. © picture-alliance/dpa/Patrick Pleul
Für den 58-jährigen Möller setzt sich auch unser Studiogast, Martina Weyrauch von der Brandenburger Bundeszentrale für Politische Bildung, persönlich ein. Neben exzellenten juristisch-fachlichen und menschlichen Qualitäten zeichne ihn aus, dass Möller in der DDR selbst die Erfahrung gemacht habe, was es bedeutet, wenn Freiheitsrechte eingeschränkt werden.

"Es ist auch ein bisschen die letzte Chance"

Möller zählte in der DDR zur kirchlichen Opposition. Erst nach der Wende konnte er ein Jurastudium aufnehmen. Er habe sich großartig bewährt, sagt Weyrauch. "Ich setze mich ganz persönlich dafür ein, dass Jes Möller, der lange Zeit Verfassungsgerichtspräsident in Brandenburg war, für diese Stelle nominiert wird, und auch gewählt wird, weil er ein Ostdeutscher ist, der eben diese Vorerkrankung Diktatur hatte."
Ostdeutsche mit dieser Erfahrung seien am Bundesverfassungericht in Karlsruhe bisher nicht repräsentiert. "Ich denke, dass ist auch ein bisschen die letzte Chance", meint Weyrauch. Jüngere Jahrgänge seien nach dem Ende der DDR aufgewachsen und hätten diese Erfahrung eben nicht mehr gemacht.

(huc)

Martina Weyrauch, geboren 1958 in Ostberlin, leitet seit Oktober 2000 die Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung. Nach einer Ausbildung zur Kleidungsfacharbeiterin studierte sie Rechtswissenschaft an der Humboldt-Universität in Berlin und promovierte 1986 zum Internationalen Strafrecht und Völkerrecht.

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