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Waffengewalt
Republikaner wollen mehr Schulpsychologen

Trotz zahlreicher Attentate in den USA gibt es wenig Veränderung bei den liberalen Waffengesetzen. Doch der Druck, Schulen und Kinder vor Waffengewalt zu schützen, wächst auch für konservative Politiker. Ihre Lösung: großzügige Investitionen in die Schulpsychologie.

Von Susanna Capelouto | 11.09.2019
Trauer nach dem Amoklauf an der Marjory Stoneman Douglas High School im US-Bundesstaat Florida
Seit dem Massaker an der Parkland Schule in Florida letztes Jahr wird mehr in die psychologische Betreuung von Schülern investiert (AFP / RHONA WISE)
Brian Kemp ist der republikanische Gouverneur im südlichen Bundesstaat Georgia. Er ist auch ein Freund der National Rifle Association, Amerikas größter Waffenlobby. Doch er will seine Schulen besser absichern, nicht nur mit Zäunen und Sicherheitstüren, sondern auch mit Psychologen. Das sagte er in einer Rede vor dem Landtag: Diese Fachkräfte werden sich mit schwierigen Schülern auseinandersetzen, um aggressives und störendes Verhalten zu verhindern, sagt er.
Mehr als acht Millionen Dollar will er in ein Programm investieren, dass privaten Psychologen erlaubt, ihre jungen Patienten direkt in der Schule zu behandeln. An der Pine Street Schule in einem Vorort von Atlanta gibt es seit drei Jahren bereits ein Pilotprojekt mit der Psychologin Marilyn Harris. 20 Stunden pro Woche ist sie hier statt in ihrer Privatpraxis. Wenn man in der Schule ist, sieht man die Kinder im wahren Leben, sagt sie. Man sieht sie im Klassenzimmer und sie können einem nichts vormachen, denn sie kann auch direkt mit dem Lehrpersonal sprechen.
Sicherheit als Geisteshaltung
Ihre Patienten sind die Schüler mit psychischen Problemen, die mehr als einen Sozialarbeiter benötigen. Sie hat etwa 20 Patienten hier. Darunter auch David Mayos Tochter Kayla. Seine Tochter braucht viel Betreuung. Sie hat Psychosen, für die sie bereits viermal stationär behandelt werden musste. Er sagt, es sei ein Luxus, dass eine Psychologin jetzt seine Tochter in der Schule betreut. Denn es war schwierig, regelmäßig in eine Privatpraxis zu kommen.
Er sei beruflich viel unterwegs und so hat Kayla oft Therapietermine verpasst. Und deshalb begrüßt Mayo die Extragelder, die zur Behandlung seiner Tochter an der Schule beitragen. Es ist ihm egal, dass sie im Rahmen der Schulsicherheit investiert werden. Und Schulleiterin Kim Vier sagt auch, die Psychologen sind nicht nur dazu da, um Ihre Schule vor Attentaten zu sichern: Bei der Schulsicherheit geht es um das Klima und darum, wie sich ein Kind in der Schule fühlt, sagt sie. Oft denkt man, Sicherheit sei durch Drills und Übungen gewährleistet, aber die Realität ist, dass Sicherheit auch eine Geisteshaltung sei.
Vorhersehbarkeit von Gewalttaten
Seit dem Massaker an der Parkland Schule in Florida letztes Jahr wird mehr in die psychologische Betreuung von Schülern investiert. Von Texas bis Virginia, und auch in Minnesota wird jetzt mehr für die Schulpsychologie ausgeben. Sogar Donald Trumps Administration investiert in ein Pilotprojekt in Florida, das mehr Therapeuten ausbildet und an unterprivilegierte Schulen schickt.
Aber kein Geld kann den nächsten Amokläufer oder Attentäter abhalten, sagt Dr. Gene Beresin. Er ist Professor für Psychiatrie an der Harvard Medical School. Psychologen sollen nicht für die Schulsicherheit verantwortlich gemacht werden, sagt er. Man kann nicht vorhersagen, welche Kinder mit all den verschiedenen Risikofaktoren Schulattentäter werden, sagt er.
Millionen von Kindern machen Erfahrungen mit Aggression, Trauma und Isolation. Man kann nicht vorhersagen, welches Kind eine Waffe in die Hand nimmt und Schreckliches tut. Und wann immer etwas Schreckliches an Schulen passiert, suchen Republikaner, wie auch Präsident Trump eher auf psychologischen Wegen eine Lösung, denn politisch können sie Waffengesetze nicht antasten, meint Jen Jordan. Sie ist eine Demokratin im Parlament im US-Bundesstaat Georgia.
Man werde nicht in der Lage sein, das Problem umfassend zu lösen, meint sie, wenn man nicht einmal über Waffen spricht. Republikaner wollen das Thema Waffenkontrolle nicht einmal in Erwägung ziehen. Es muss ein sehr ernstes Gespräch darüber geführt werden, was man tun kann, um die leichte Verfügbarkeit von Kriegswaffen in den Händen von Kindern zu verhindern, fordert Jen Jordan.