Mittwoch, 24. April 2024

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Spanien
Menschen frieren wegen hoher Heizkosten

Die Menschen in Regionen wie Valencia oder Murcia müssen wegen der Kälte derzeit außergewöhnlich kräftig heizen. Doch die spanischen Energiepreise sind auf Rekordwerte gestiegen, viele Bürger stoßen an finanzielle Grenzen. Heute diskutiert der Energieausschuss im Kongress über die sogenannte Energiearmut im Land.

26.01.2017
    Ein Mann und eine Frau wandern durch Schneemassen.
    Vorinstallierte Heizungen bleiben in manchen spanischen Wohnungen zurzeit ausgeschaltet. Sattdessen kommen in diesem strammen Winter etwa kleine Gasöfen zum Einsatz, die billigere Wärme schaffen. (AFP/CESAR MANSO)
    Es war die Tragödie von Rosa, die Spanien Ende letzten Jahres wachgerüttelt hat: Die 81-jährige Frau aus der Kleinstadt Reus in Katalonien erstickte an giftigem Brandrauch in ihrer Wohnung. Ein Feuer war ausgebrochen. Rosa hatte Kerzen angezündet, um etwas Licht und Wärme zu haben. Denn ihr Energieversorger hatte ihr den Strom abgestellt wegen nicht bezahlter Rechnungen.
    Tausende Menschen gingen daraufhin auf die Straße in verschiedenen spanischen Städten. Ihre Forderung: strengere Auflagen für Energiekonzerne. Sie sollen niemandem mehr den Strom abdrehen dürfen, der nicht seine Rechnung bezahlt hat. Auch Conchi war bei einer der Demonstrationen dabei:
    "Für vier Personen bleiben uns im Monat 200 Euro fürs Essen. Wenn der Strom teurer wird, ist es noch weniger. Entweder wir essen oder wir bezahlen für Strom. Wenn ich zahle, brauche ich Hilfe bei den Lebensmittelkosten."
    "Wenn ich die Heizung anschalte, haben wir nächsten Monat nichts zu essen"
    Conchi heizt ihre Wohnung in diesem strammen Winter mit kleinen Gasöfen. Gasflaschen sind relativ günstig. Die installierte Heizung in ihrer Wohnung bleibt ausgeschaltet:
    "Die ist hier nur zur Dekoration. Wenn ich die anschalte, haben wir nächsten Monat nichts zu essen."
    Dabei ist Strom in Spanien gar nicht übermäßig teuer: Das Land liegt im Europa-Vergleich aktuell auf Platz fünf – hinter Dänemark, Deutschland, Italien und Irland. Doch Spanien ist das Land, das weiter mit den Folgen der schweren Wirtschaftskrise zu kämpfen hat. Löhne und Gehälter sanken in den letzten Jahren deutlich, während sie in vielen anderen EU-Ländern in etwa gleich blieben. Pablo Iglesias, der Chef der spanischen Linkspartei Podemos, kritisiert diese Entwicklung:
    "Es kann nicht sein, dass in Spanien, der viertgrößten Volkswirtschaft Europas, Menschen sterben, weil sie den Strom nicht bezahlen können."
    In den vergangenen Tagen haben die Strompreise in Spanien Rekordwerte erreicht. Bleiben sie auf diesem Niveau, bedeutet das für einen normalen Haushalt eine höhere Jahresrechnung von etwa 100 Euro.
    Die Energiekonzerne erklären die Entwicklung unter anderem mit dem Wetter: Es weht nur ein schwacher Wind, weshalb kaum Strom durch Windkraft gewonnen werden kann. Ähnlich sieht es bei der Wasserkraft aus: Der Winter war überdurchschnittlich trocken. Eduardo Montes, der Präsident des Dachverbandes der Energieversorger, sagt deshalb:
    "Die hohen Preise ergeben sich aus höheren Kosten. Energie aus Kohle ist deutlich teurer als zum Beispiel Strom aus Windkraft. Ja, die Preise für die Kunden sind hoch, aber die Kosten auf unserer Seite sind es ebenfalls."
    Der Energieminister erwartet in Kürze Entspannung auf dem Strommarkt
    Außerdem wirkt sich die Stromkrise in Frankreich auf Spanien aus. Das Nachbarland bezieht Dreiviertel seines Stroms aus Atomkraftwerken. Ausgerechnet jetzt im Winter sind fünf der knapp 60 französischen Reaktoren vom Netz – wegen Wartungsarbeiten. Spaniens Energieminister Nadal erklärt:
    "Die Probleme in Frankreich zwingen uns dazu, unseren Nachbarn zu helfen und Strom zu exportieren. Dort droht schließlich ein Blackout – da müssen wir uns solidarisch zeigen."
    Doch der Minister erwartet in Kürze Entspannung auf dem Strommarkt. Zum einen zeichneten sich Lösungen der Schwierigkeiten in Frankreich ab, ebenso dürfte sich die besondere Wetterlage wieder ändern:
    "Es ist ja nicht normal, dass wir kaum Regen und Wind haben. Außerdem wollen wir Änderungen in der Energiepolitik auf den Weg bringen."
    Wie die aussehen könnten, will der Minister heute Nachmittag im spanischen Kongress erklären. Ein Vorschlag: Stromtarife für Familien sollen künftig gedeckelt werden. Aber ob Conchi und die vielen anderen Spanier davon etwas haben, die in diesen Tagen in ihrer Wohnung frieren, das ist mehr als unsicher.