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Spanien und die Monarchie
Das schwere Amt Felipes VI.

Nun ist er auch offiziell neuer König von Spanien: Am Vormittag wurde Felipe VI. als Staatsoberhaupt vereidigt - und hat damit hat eine schwierige Mission angetreten. Umfragen zufolge schwindet die Unterstützung für das Königshaus. Die Gegner der Monarchie rufen nach einer Volksabstimmung.

Von Hans-Günter Kellner | 19.06.2014
    Felipe VI. wurde zum König von Spanien ausgerufen.
    Felipe VI. wurde zum König von Spanien ausgerufen. (AFP / Rafa Rivas)
    Seit Tagen zeigen die Gegner der Krönung von Prinz Felipe zum König in Madrid Präsenz. Sie stellen Infostände auf, verkaufen Bücher und Zeitschriften, aber auch Fahnen, Fächer, sogar Sport-Trikots in den Farben der Zweiten Republik: Rot, Gelb und Lila. An diese republikanische Epoche von 1931 bis 1939 erinnern in diesen Tagen viele Spanier - auch diese Frau aus Madrid:
    "Sie sollen uns fragen. Welche Art von Staat will das Volk? Wir wollen eine Verfassungsänderung. Die Monarchie ist eine veraltete Staatsform, diktiert von Franco. Juan Carlos wurde von Franco eingesetzt und sein Sohn kommt aus dem gleichen Haus. Das Volk soll entscheiden."
    Demonstrationen gehen weiter
    Auch bei Fran Pérez klingelt ständig das Telefon. Der Historiker ist Sprecher der kleinen Partei Republikanische Linke. Auch sie hat Fahnen der Republik im Angebot, doch jetzt sind sie ausverkauft.
    "Es geht einfach nicht, dass im 21. Jahrhundert die Spitze eines Staats vererbbar ist vom Vater auf den Sohn - wie ein persönliches Eigentum oder ein Gut in Andalusien. Das ist ein Skandal. Jetzt ist der Zeitpunkt für diese Debatte gekommen. Wir wollen ein Referendum, in dem das Volk darüber entscheidet, welche Staatsform es für demokratischer hält."
    Einer von der Tageszeitung "El País" in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage zufolge wünschen sich mehr als 60 Prozent der Spanier ein solches Referendum über die Staatsform. Doch dabei würden 49 Prozent für Felipe als König stimmen, nur 39 Prozent für eine Republik mit einem Präsidenten an der Spitze. Fran Pérez schüttelt mit dem Kopf:
    "Die Parteien wissen ganz genau, dass es sehr knapp werden würde. Bei den Europawahlen hat sich doch gezeigt, dass die beiden großen Parteien, die die Monarchie noch stützen, eingebrochen sind. Das ganze System bricht zusammen. Das wird sich auch bei den Wahlen im nächsten Jahr zeigen. Darum will man die gegenwärtige Mehrheit im Parlament nutzen, hat den König zum Abdanken gebracht, um so die Monarchie zu retten."
    Spanien hat eine wirtschaftliche und auch eine tiefe politische Krise
    Das klingt apokalyptisch, doch tatsächlich plagt Spanien nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine tiefe politische Krise. Fernando Vallespín bereitet das schon lange Sorgen. Die absolute Mehrheit der Volkspartei im Parlament sei ein Trugbild, warnt der Politologe von der angesehenen Ortega-y-Gasset-Stiftung. Nach den nächsten Parlamentswahlen Ende kommenden Jahres könne die Regierungsbildung fast unmöglich werden. Gerade deshalb spricht sich der Wissenschaftler gegen ein Referendum zum jetzigen Zeitpunkt aus:
    "Das würde uns zu einer weiteren Polarisierung führen - zusätzlich zur Polarisierung um Katalonien und zu den Folgen der Wirtschaftskrise. Ich sehe nicht, wie wir so jemals einen Konsens über unsere politischen Institutionen hinbekommen sollen. Wer die gegenwärtige Staatsform verteidigt, verteidigt damit weniger die Monarchie, sondern Stabilität."
    Demokratie und europäische Integration gefordert
    Trotzdem fordert auch Vallespín eine grundlegende Verfassungsreform. Spanien müsse im Zuge der Krise um die Unabhängigkeitsbewegungen in Katalonien und im Baskenland das Verhältnis zwischen Zentralstaat und Regionen neu justieren und auch sein Wahlrecht reformieren, damit die Sitzverteilung im Parlament stärker dem Wahlergebnis entspreche. Doch bislang gibt es keinen Konsens darüber. Diese Verständigung mit seiner Mittlerrolle herzustellen, zählt nun zu den Aufgaben von Felipe VI.
    "Juan Carlos war klar, wohin er das Land führen wollte: Zur Demokratie und europäischen Integration. Jetzt sind wir in einer kritischen Situation. Wir werden sehen, ob Felipe diese Mittlerrolle zwischen den Parteien ausfüllen kann. Er wird sicher kritisiert werden, von allen Seiten. Spanien ist kein Land von Monarchisten. Emotionale Bindungen hatten die Spanier zu Juan Carlos aufgrund seiner historischen Bedeutung. Jetzt geht es eher um die Stabilität. Das ist es, was die Rolle von Felipe VI. stärkt."