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Spanien und Zypern weiter unter Druck

Wenige Tage vor Beginn des wichtigen EU-Gipfeltreffens in Brüssel häufen sich die schlechten Nachrichten. Nach Spanien muss auch Zypern unter den EU-Rettungsschirm. Und die Risikoaufschläge für spanische Staatsanleihen steigen und steigen.

Von Michael Braun | 26.06.2012
    Spanien hat heute Vormittag zwar sein Geld bekommen, gut drei Milliarden Euro neuer Schulden, um alte damit abzulösen, aber der Preis stieg rasant: Für Anleihen mit drei Monaten Laufzeit verdreifachte sich der Zins beinahe auf 2,36 Prozent. Für die Anleihe mit sechs Monaten Laufzeit musste Spanien 3,24 statt zuvor 1,79 Prozent Zins bieten. Der aktuelle Anlass für den Zinsanstieg: natürlich die beantragte Hilfe für das Bankensystem, vor allem aber der Umstand, dass die Ratingagentur Moody's in der Nacht 28 spanischen Banken eine deutlich niedrigere Kreditwürdigkeit zugesprochen hat. Erst vor Kurzem hatte Moody's auch die Bonität Spaniens gesenkt – heute folgte der Bankensektor. Das roch ein wenig nach gezieltem Beschuss Spaniens, was am Markt auch nicht mit vorsichtiger Kritik an der Agentur aufgenommen wurde. David Kohl, Chefvolkswirt der Bank Julius Bär:

    "Das Vorgehen von Moody's kann man natürlich schon infrage stellen, ein bisschen hinterfragen, wie das hier läuft. Auch die Begründung für die Herabstufung der Banken war ja tatsächlich eine schlechtere Bonität des Gesamtstaates."

    Aber: Es gibt einen Zusammenhang zwischen der finanziellen Stabilität Spaniens und der des spanischen Bankensystems. Ulrich Rathfelder von der Helaba bringt es auf den Punkt:

    "Die Banken und der Staat sind natürlich in einer Schicksalsgemeinschaft."

    Die rührt daher, dass spanische Banken nicht nur den überhitzten und nun geplatzten spanischen Immobilienmarkt finanziert haben, sondern auch den spanischen Staat. Es ist nicht nur, aber auch in Spanien so, dass heimische Staatsanleihen vor allem von heimischen Banken gekauft werden. Damit besteht eigentlich überall die latente Gefahr eines negativen Kreislaufs von sinkender staatlicher Bonität und sinkender Kreditwürdigkeit der Banken. Auch in Zypern ist das so, wobei dort die Variante gilt, das zypriotische Banken nicht nur zypriotische Staatsanleihen, sondern auch solche des größten Handelspartners gekauft haben, Anleihen aus Griechenland. David Kohl:

    "Auch dieses Bankensystem ist in Schieflage gelangt, weil man einseitig sich ausgerichtet hat auf den griechischen Staat."

    Gestern Abend hatte der Inselstaat, von dem nur der griechische Teil Mitglied der EU und der Währungsunion ist, als fünftes EU-Land Hilfe aus den Krisenfonds EFSF oder ESM erbeten. Zyprische Medien gingen von einem Bedarf zwischen sechs und zehn Milliarden Euro aus. Helfen ist das eine, Auflagen und eine veränderte Anlagepolitik der Banken das andere. David Kohl von der Bank Julius Bär meint, die Abhängigkeit von Banken und Staaten müsse entkoppelt werden:

    "Spanische Banken haben keinen besonderen Grund, spanische Anleihen zu halten, sondern sollten nach denselben Risikoüberlegungen, Ertragsüberlegungen wie deutsche Banken, wie französische Banken, wie italienische Banken vorgehen, das heißt: Dort ihre Risiken streuen auf der europäischen Ebene. Wenn man Staatsanleihen halten will, hat man hier einen großen Markt. Man kann verschiedene Staatsanleihen und auch mit verschiedenen Risiko- und Ertragspotenzialen halten. Hier sollte es eigentlich keine Präferenz, keine nationale Präferenz geben."

    Banken müssten also nur das tun, was sie ihren Kunden immer raten: Risiken streuen, europäischer denken. Dann wäre schon viel geholfen.