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Altmaier als CDU-Wahlkampfkoordinator
Kein Erfolg für das konservative Lager

Nicht Generalsekretär Peter Tauber, sondern Kanzleramtsminister Peter Altmaier soll für die CDU das Parteiprogramm zur Bundestagswahl schreiben. Was von vielen als Degradierung des Generals interpretiert wird, schildert Tauber als eigene Entscheidung. Doch ob Tauber oder Altmaier: Für das konservative Lager der CDU ist die Personalie kein Erfolg.

Von Stephan Detjen | 11.04.2017
    CDU-Generalsekretär Peter Tauber (l.) wird von Kanzleramtsminister Peter Altmaier (r.) (CDU) am 05.04.2014 beim Bundesparteitag der CDU in Berlin umarmt.
    Wer ist Koch, wer ist Kellner in der CDU? Kanzleramtsminister Peter Altmaier (r.) soll neben CDU-Generalsekretär Peter Tauber (l.) federführend für das CDU-Wahlprogramm verantwortlich sein. (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    Noch während Peter Tauber gestern den Führungsgremien der CDU erklärte, wie er das Konrad Adenauer Haus zur Wahlkampfzentrale umbauen wolle, wurden erste Meldungen nach außen durchgestochen: Der Generalsekretär sei entmachtet, meldete die "Bild-Zeitung" online. Tauber musste sich in Selbstverteidigung üben:
    "Die "Bild-Zeitung" hat schon vor einigen Wochen erklärt, ‚Sigmar Gabriel wird Spitzenkandidat‘. Also damit haben Sie ungefähr die Skalierung, wie glaubwürdig diese Meldung ist."
    Schon vor einigen Wochen hatten Medien von einer angeblichen Entmachtung Taubers berichtet, als bekannt wurde, dass der frühere Opel Lobbyist Joachim Koschnicke eine Aufgabe im Adenauer Haus übernehme. Tatsächlich wurde Koschnicke nur einer von mehreren Bereichsleitern auf der Ebene unter Tauber.
    Wer ist Koch, wer Kellner im CDU-Wahlkampf?
    Das jetzt allerdings der Kanzleramtschef neben Tauber ein Büro in der CDU Parteizentrale beziehen soll, hat ein sprichwörtlich anderes Gewicht. Was von den einen als Degradierung des Generals interpretiert wird, schildert Tauber selbst als eigene Entscheidung:
    "Auch hier wollen wir Kräfte bündeln und ich habe daher den Gremien heute auch vorgeschlagen, dass Peter Altmaier neben mir federführend die Erarbeitung des Regierungsprogramms übernimmt."
    "Neben mir federführend" – das ist eine Formulierung, mit der Tauber aber auch selbst Fragen aufwirft: Wer ist Koch, wer ist Kellner, wenn es um die inhaltliche Ausrichtung der CDU im Wahlkampf geht? In früheren Zeiten war die Federführung für das Wahlprogramm vornehmste Aufgabe der Generalsekretäre. Das soll nun anders werden – in einem Wahlkampf allerdings, von dem schon Angela Merkel Ende letzten Jahres gesagt hatte, es werde ein "Wahlkampf wie kein anderer" in der Geschichte der Bundesrepublik.
    Für Tauber hieß das nicht unbedingt härter, schärfer, aggressiver, sondern: moderner, wie nie zuvor auf die elektronische Auswertung von Wählerdaten gestützt und zugleich auf eine unmittelbare Ansprache der eigenen Basis ausgerichtet. Zuerst sollen Computer-Algorithmen herausfiltern, wo schwankende Unionsanhänger mobilisiert werden können, dann sollen tausende junge CDU Aktivisten ausschwärmen, an den Haustüren der Schwankenden klingeln und höchstpersönliche Überzeugungsarbeit leisten.
    Jung-Konservative drängen auf schnelleren Wahlkampfstart
    Im Saarland ist diese Strategie für Annegret Kramp-Karrenbauer aufgegangen. Im September soll sie Angela Merkel zur vierten Kanzlerschaft verhelfen. Die Skepsis aber ist bis in die Parteispitze verbreitet. Aufstrebende Jung-Konservative wie Finanzstaatssekretär und Präsidiumsmitglied Jens Spahn drängten ebenso wie die Schwesterpartei CSU in den vergangenen Wochen auf einen schnelleren Start in den Wahlkampf.
    Vor allem aber wollen sie eine inhaltlich schärfere Profilierung der CDU: Nicht mehr "asymetrische Demobilisierung" durch Vereinnahmung von SPD- und Grünen-Positionen, sondern scharfe Kante, um konservative Stammwähler wieder für die Partei zu begeistern.
    Im Dezember war es auf dem CDU Parteitag in Essen zum offenen Show-Down gekommen: Angestachelt von Jens Spahn forderte eine Mehrheit der Delegierten eine Abkehr von der Politik der doppelten Staatsbürgerschaft. Merkel aber machte unmittelbar nach dem Parteitag klar, dass sie von dem Basis-Votum nichts halte, mit ihr werde es keinen Wahlkampf gegen den Doppelpass geben.
    Vor dem Hintergrund solcher Auseinandersetzungen mag man die Entsendung des Kanzleramtschefs in die Parteizentrale als Schwächung des Generalsekretärs interpretieren. Ein Erfolg des konservativen Lagers aber ist die Personalie kaum, denn nur einer wird in der Union von denen, die andere schlagen aber Merkel treffen wollen, noch schärfer kritisiert als Tauber: Merkels Kanzleramtschef Peter Altmaier.