Freitag, 29. März 2024

Archiv

SPD-Bundesparteitag
Sigmar Gabriel und die Medien

Es ist nicht immer ein einfaches Verhältnis - das zwischen Sigmar Gabriel und den deutschen Medien. Auf dem Bundesparteitag der SPD in Berlin forderte er einen respektvolleren Umgang zwischen Politik und Medien, teilte im selben Atemzug gegen einen öffentlich-rechtlichen Sender aus und erinnerte an zwei seiner berüchtigten Fernsehinterviews im ZDF.

Von Patrick Raulf | 11.12.2015
    Sigmar Gabriel spricht auf dem SPD Parteitag
    Sigmar Gabriel spricht auf dem SPD Parteitag (dpa/picture-alliance/ Bernd von Jutrczenka)
    Selbstironie kann Sigmar Gabriel auch. In seiner Rede auf dem Bundesparteitag sprach der SPD-Chef sein Auftreten im deutschen Fernsehen an. Vor allem die zwei ZDF-Auftritte, die Millionen Zuschauern hängen geblieben sein dürften. Sie wurden anschließend auch im Internet zu Klick-Erfolgen, weil sich zwischen Gabriel und den Moderatorinnen Marietta Slomka (2013) und Bettina Schausten (2015) ein verbaler Schlagabtausch besonderer Art entspann.
    Heute äußerte er dann die Einsicht, er solle manchmal seine Worte besser wählen. Das falle ihm vielleicht nicht immer ganz so leicht. Eine harte Auseinandersetzung in den Medien sei in der Demokratie erlaubt. "Ansonsten sind wir so, wie wir sind", sagte Gabriel. Sprich: Seine Art Interviews zu geben, wird sich wohl nicht grundsätzlich ändern.
    Gabriels berühmt gewordene ZDF-Interviews
    Gabriel hatte Slomka in der Sendung "Heute Journal" Wörter wie "Blödsinn" und "Quatsch" an den Kopf geworfen und ihr unterstellt: "das ist völlig falsch, was Sie sagen". Inhaltlich ging es in dem Interview um die Mitgliederbefragung in der SPD zum Koalitionsvertrag mit der Union. Während des Gesprächs ruhte Gabriel in sich - zumindest äußerlich -, was ihm viele als arrogante Art auslegten.
    Im Oktober dieses Jahres dann ein ähnliches Interview. Wieder im ZDF. Wieder mit einer Moderatorin. Dieses Mal war es Bettina Schausten. Es ging um die Debatte über Obergrenzen in der Flüchtlingsdiskussion. Schon der Beginn des Interviews war holprig: "Merkwürdige Frage" entgegnete Gabriel auf die Frage Schaustens danach, ob die SPD noch an der Seite der Kanzlerin stehe. In einer weiteren Antwort sagte er: "Nichts von dem, was Sie sagen, ist richtig, Frau Schausten." Natürlich kann man in beiden Fällen auch Kritik an den beiden ZDF-Journalistinnen, ihren Fragen und ihrer Art, das Interview zu führen, üben - wie etwa Mely Kiyak von "Zeit Online" oder der Kommunikationsberater Dirk Metz seinerzeit in der "Süddeutschen Zeitung".
    Auch die Delegierten in Berlin scheinen das Temperament Gabriels zu kennen: Nach seinem Eingeständnis, er solle seine Worte in den Medien wohl besser auswählen, brandete Applaus auf.
    Grundsätzlich forderte Gabriel in seiner Rede mehr Respekt zwischen Politik und Medien, vor allem um rechtsextremen Stimmungen keinen Auftrieb zu geben. Wenn Journalisten Parteien und Politiker überwiegend als unfähig und abgehoben darstellten, müsse man sich über Politikverdrossenheit nicht wundern. Das gelte auch umgekehrt: Wenn Politiker oft abfällig über Journalisten redeten, sei das Schlagwort der "Lügenpresse" kein Wunder. "Ich glaube, dass wir - Politik und Medien - darüber reden müssen, wie wir unsere Darstellung wählen", sagte Gabriel.
    Gabriel kritisiert den SWR
    Anschließend äußerte er dann Kritik am Südwestrundfunk (SWR): "Wenn ein öffentlich-rechtlicher Sender wie der SWR sich jetzt nicht mal mehr traut, die AfD als 'rechtspopulistische Partei' zu bezeichnen, dann ist das genau der falsche Umgang mit dieser Partei." Und er schob nach: "Wir bezahlen keine Gebühren fürs Wegducken, sondern für das kämpferische Eintreten für unsere Demokratie!
    Bei dieser Wortwahl könnte man Gabriel daran erinnern, was er wenige Minuten zuvor selbst gesagt hatte - nämlich, dass seine Wortwahl manchmal zu überdenken sei. Die Aussage "Ich zahle keine Gebühren dafür, dass ..." ist weit verbreitet und ist in seiner extremen Form - also der völligen Ablehnung jedweder Presse - auf Pegida-Demonstrationen ("Lügenpresse") oder bei der AfD ("Pinocchio-Presse") zu finden.
    Und auch Gabriels andere Forderung "Wir müssen darüber reden, wie wir unsere Darstellung wählen" könnte man an dieser Stelle noch einmal betonen. Denn der SWR hatte in einer Erklärung Anfang Dezember mitgeteilt, dass er die AfD sehr wohl noch als rechtspopulistisch bezeichnet wird, aber eben nur dann, wenn es journalistisch sinnvoll ist - und nicht bei jeder Nennung.