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SPD-Mitgliedervotum
Klares Ja zur Großen Koalition

Der Großen Koalition steht nichts mehr im Weg: Mit deutlicher Mehrheit haben die Sozialdemokraten für den Koalitionsvertrag mit den Unionsparteien gestimmt. Knapp 76 Prozent der Genossen votierten mit Ja. Parteichef Gabriel zeigte sich stolz.

14.12.2013
    Sigmar Gabriel verkündet das Ergebnis des SPD-Votums
    Sigmar Gabriel verkündet das Ergebnis des SPD-Votums (dpa/picture-alliance/Reiner Jensen)
    Aufatmen in der SPD-Führung: Gegen 15 Uhr und damit deutlich früher als erwartet konnte SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks an der Seite von Parteichef Sigmar Gabriel das Ergebnis des Mitgliedervotums verkünden. Mit Ja haben 256.643 Sozialdemokraten gestimmt, das entspricht einer Zustimmung von 75,96 Prozent für den Koaltionsvertrag mit CDU und CSU. Knapp drei Monate nach der Bundestagswahl steht der dritten Großen Koalition in der Geschichte der Bundesrepublik damit nichts mehr im Wege. Rund 400 freiwillige Helfer hatten 337.500 Stimmen ausgezählt. Die Beteiligung lag bei gut 78 Prozent der 474.820 SPD-Mitglieder. Die Mindestbeteiligung von 20 Prozent wurde damit um mehr als das Dreifache übertroffen.
    Der Vorsitzende Gabriel sprach von einem historischen Tag für die SPD und die Demokratie in Deutschland. Er sagte bei der Verkündung des Ergebnisses in Berlin, er sei "lange nicht mehr so stolz" gewesen, Sozialdemokrat zu sein, wie in diesen Wochen. "So politisch engagiert habe ich meine Partei in den 36 Jahren, in denen ich ihr angehöre, nicht erlebt." Die SPD habe in Sachen Mitgliederbeteiligung einen "neuen Standard" gesetzt: "Wir sind nicht nur die älteste, sondern auch die modernste Partei in Deutschland."
    Gabriel bedankte sich auch bei jenen 24 Prozent, die der großen Koalition die Zustimmung verweigert haben. Diese seien "genauso gute und engagierte Sozialdemokraten", sagte er. Er wolle die Zweifler in den kommenden vier Jahren davon überzeugen, dass die Regierungsbeteiligung richtig sei.
    Merkel gratuliert
    Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel gratulierte Gabriel. Sie freue sich auf die Zusammenarbeit in der Großen Koalition, teilte die CDU mit.
    Grünen-Chefin Simone Peter nannte das Ergebnis ein wichtiges Signal für die Sozialdemokraten in einem schwierigen Bündnis. Die Vorsitzende der Linken, Katja Kipping, erklärte, die SPD-Mitglieder hätten nur unter gewaltigem Druck zugestimmt.
    Ressortzuschnitte bekannt
    Nach dem Ja der SPD-Basis zum Koalitionsvertrag gaben die drei Parteien am Abend dann auch den Zuschnitt der Ressorts in der künftigen Bundesregierung bekannt. Demnach stellt die CDU wieder die Bundeskanzlerin und erhält außerdem fünf Ministerien, und zwar das Innen-, das Finanz-, das Verteidigungs- und das Gesundheitsministerium sowie das Ministerium für Forschung und Bildung.
    Die SPD besetzt sechs Ministerposten, und zwar das neue Ministerium für Wirtschaft und Energie sowie das Außenministerium, das Justizministerium - zu dem künftig auch der Verbraucherschutz zählt - und das Umweltministerium, das Ministerium für Arbeit und Soziales und das Familienministerium.
    Die CSU bekommt drei Ressorts, und zwar das neue Ministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur, das Entwicklungsministerium sowie das Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Die Namen der Minister werden am Sonntag offiziell bekanntgegeben.
    Posten werden Sonntag verkündet - einiges ist schon durchgesickert
    Wer welche Posten besetzt, wollen die Parteien erst am Sonntag mitteilten. Einiges war allerdings schon inoffiziell verlautbart. Im Finanzressort bleibt offenbar alles beim Alten: Der CDU-Politiker Wolfgang Schäuble behält seinen Ministerposten. Im Verteidigungsressort soll nach ARD-Informationen dort künftig Ursula von der Leyen (CDU) das Sagen haben. Die frühere Arbeitsministerin war zuvor als Gesundheitsministerin gehandelt worden.
    Ursula von der Leyen mit einem Kaffeebecher in der Hand.
    Welchen Posten wird Ursula von der Leyen nun bekleiden? (picture alliance / dpa / Maurizio Gambarini)
    Auch an der Spitze des Innenressorts gibt es wohl einen Wechsel: Thomas de Maizière (CDU) soll diesen Posten übernehmen. Das Ministerium hatte er bereits von 2009 bis 2011 geleitet.
    Die Zukunft der bisherigen Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) ist noch unklar. Der bisherige Kanzleramtschef Ronald Pofalla hört auf und will sich offenbar aus persönlichen Gründen aus der Politik zurückziehen.
    SPD-Chef Gabriel wird das Superministerium übernehmen: Er soll das Wirtschafts- und Energieressort leiten. Außerdem wird er Vizekanzler.
    Der bisherige SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier soll Außenminister werden. Dieses Amt hatte er bereits in der Großen Koalition von 2005 bis 2009 inne. Generalsekretärin Andrea Nahles (SPD) soll das Arbeits- und Sozialministerium und SPD-Vizechefin Manuela Schwesig das Familienressort übernehmen.
    Zwei Überraschungen gab es noch aufseiten der SPD: Schatzmeisterin Barbara Hendricks soll Umweltministerin werden. Für den saarländischen Wirtschaftsminister Heiko Maas ist der Posten des Justizministers vorgesehen. Der zuvor für einen Ministerposten gehandelte Thomas Oppermann soll Fraktionschef werden.
    Kanzlerinnenwahl am Dienstag möglich
    Nach dem Ja der SPD-Basis soll Angela Merkel am Dienstag im Bundestag erneut zur Kanzlerin gewählt werden. Auch die neuen Minister würden in diesem Fall ernannt und vereidigt. Wäre die Entscheidung der Sozialdemokraten anders ausgefallen, hätten Merkel als Optionen nur ein Neuanlauf für Schwarz-Grün oder aber eine Neuwahl zur Verfügung gestanden.
    Nahles verteidigt die Befragung
    SPD-Generalsekretärin Nahles hatte die umstrittene Entscheidung, die Mitglieder über den Koalitionsvertrag abstimmen zu lassen, aufs Neue verteidigt. Die Mitgliederbefragung habe "die Debattenkultur belebt", sagte sie. Kurz nach Mitternacht war ein gelber Post-Lastwagen mit den Umschlägen am Auszählungsort, einem früheren Postbahnhof in Berlin-Kreuzberg, eingetroffen. Der Lkw kam aus Leipzig, wo die Briefe zentral in einem DHL-Zentrum gesammelt worden waren. Ab 1.00 Uhr wurden die mit dem Öffnen der Briefe befassten Helfer eingewiesen. Um 09.30 Uhr folgten dann die eigentlichen Zähler. Die Auszählung fand streng abgeschottet statt. Die Helfer mussten sogar ihre Handys abgeben.