Immunologie

Gallensteine als Sammlungsobjekt

09:05 Minuten
Gallensteine, die die Präparatorin Navena Widulin gesammelt hat
Gallensteine, die die Präparatorin Navena Widulin gesammelt hat: Es begann, als sie bei bei Sektionen zufällig aus dem Körper fielen. © privat
Moderation: Susanne Balthasar · 18.01.2020
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Sie können gestreift sein, dunkle Ränder haben oder wilde Kristallmuster: Kein Gallenstein gleicht dem anderen. Das macht die Steine zum Sammelobjekt einer Berliner Präparatorin – aber auch zum Forschungsgegenstand der Immunologie.
Seit mehr als 20 Jahren sammelt Navena Widulin Gallensteine. Auf die Idee gekommen ist die Präparatorin im Medizinhistorischen Museum Berlin eher zufällig: Als nämlich bei Sektionen zufällig Gallensteine aus dem Körper fielen. "Dann habe ich gesehen, dass die Formen und Farben sich immer wiederholen – oder eben auch ganz abgefahrene Strukturen haben", sagt Widulin.
Also fing sie an, die Steinchen zu sammeln: "Gewaschen, getrocknet, Sektionsnummer draufgeschrieben."
Inzwischen hat Navena Widulin die größte Gallensteinsammlung der Welt, bestehend aus mehreren tausend Exemplaren. Die kleinen Steinchen, die so unterschiedlich aussehen können, faszinieren sie bis heute. Und sie fragt sich: "Wo findet man so was? Warum macht der Körper das ausgerechnet so?"

Form und Farbe sind rein zufällig

"Der Gallenstein ist ja kein Reinmaterial", erklärt Martin Herrmann, Immunologe an der Universität Erlangen. Er entstehe, wenn sich in der Gallenflüssigkeit befindliche Teilchen zu Kristallen zusammenfügten. Dabei würden Substanzen eingebaut, die sich zufällig in der Nähe befänden – Blut etwa oder Calciumsalze. "Je nach dem, was da bevorzugt ist, wird der Stein dann von weiß bis schwarz, wie ein Kristall aus der Geologie", sagt Herrmann. Oder wie ein Tropfstein.
Letztlich seien Gallensteine offenbar in gewisser Weise auch das Resultat eines Kampfes zwischen den Kristallen und der körpereigenen Immunabwehr. Denn die weißen Blutkörperchen könnten Netze bilden, in dem sich Bakterien verfangen, so Herrmann.
"Und sie haben halt manchmal die Tendenz, einen Kristall für ein Bakterium zu halten oder für einen Eindringling. Und dann behandeln die das genauso wie ein Bakterium", erklärt der Immunologe. "Und dadurch können praktisch kleine Kristalle zusammengebunden werden, und das wächst dann weiter. Weil, auf der Oberfläche setzt sich immer wieder was Neues drauf, neue DNA, neue Bakterien und neue Kristalle und machen den Stein immer größer."
Und dennoch: "Ich finde sie schön", sagt Herrmann.
(uko)
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