Donnerstag, 28. März 2024

Archiv


Speichertechnologien müssen "volkswirtschaftlich vernünftig" sein

Forscher arbeiten intensiv an Speichermöglichkeiten des aus regenerativen Quellen gewonnenen Stroms. In 15, 20 Jahren müsse das Problem gelöst sein, sagt Stefan Rabe, Experte für Energieforschung bei der Energieagentur NRW. Derzeit verliere man bei der Umwandlung noch zu viel "von der ursprünglichen elektrischen Energie".

Stefan Rabe im Gespräch mit Susanne Kuhlmann | 14.11.2012
    Susanne Kuhlmann: Der Umbau der Energieversorgung in Deutschland schlägt auf die Bilanzen der Versorger durch. Besonders gut war das gestern zu beobachten, als der Kurs der E.ON-Aktie so stark stürzte wie noch nie in der Unternehmensgeschichte. Ein Problem für die Unternehmen ist der wachsende Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien, der sogar moderne Gaskraftwerke unrentabel macht. Strom aus regenerativen Quellen fällt unregelmäßig an, so wie der Wind eben weht oder die Sonne scheint. Deshalb arbeiten Forscher intensiv an Speichermöglichkeiten. Das weltweit wichtigste Treffen zur Speicherung findet diese Woche in Berlin statt, und dort ist Stefan Rabe am Telefon, Experte für Energieforschung bei der Energieagentur Nordrhein-Westfalen. Guten Tag!

    Stefan Rabe: Guten Tag, Frau Kuhlmann.

    Kuhlmann: Als "Achillesferse der Energiewende" hat der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel die Speicherfrage bezeichnet. Die erneuerbaren Energien sollen ja zunehmend die herkömmliche Art der Stromproduktion ersetzen. Ab wann muss das Speicherproblem spätestens gelöst sein?

    Rabe: Ja, das ist eine gute Frage und darüber diskutieren hier auch 600 Experten und das ist schwierig zu beantworten, weil man die Rahmenbedingungen nicht kennt. Wir haben einerseits den Ausbau mit den Ausbauzielen. Zum Beispiel soll bis 2030 ungefähr 50 Prozent der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen stammen. Dann hat man auf der anderen Seite den Verbrauch und schließlich wird auch das europäische Stromnetz oder das Stromnetz insgesamt ausgebaut, sodass man dann nicht genau sagen kann, ab welchem Jahr brauchen wir jetzt dringend Speicher. Aber wenn man hier mal auf der Konferenz herumhört, dann würde man sagen, in 15, 20 Jahren ist mal so eine Zeitmarke, wo man sagt, da brauchen wir wirklich technische Lösungen, die man auch im großen Maßstab anwenden kann.

    Kuhlmann: Hinzu kommt ja als Problem noch, dass der Speicherbedarf unterschiedlich groß ist, je nach Technologie. Wie ist der Wissensstand zurzeit?

    Rabe: Ja. Von der Technologieseite gibt es eine Vielzahl von Technologien, die man einsetzen kann. Man unterscheidet hier, sagen wir, in kurzfristige Speicherung – vielleicht ist da das Stichwort Batterietechnik -, aber man braucht auch, wenn jetzt beispielsweise mal 14 Tage lang kein Wind weht und keine Sonne scheint, Speichertechnologien, die auf langfristige Zeit möglich sind, und dort wird dann intensiv diskutiert, Wasserstoff einzusetzen, also aus dem Strom Wasserstoff zu machen, und man kann diesen Wasserstoff dann auch noch weiter umwandeln in Erdgas und dann hätte man als Speichermedium beispielsweise die Erdgasleitung zur Verfügung. Damit hätte man ein sehr großes Reservoire. Der Nachteil der ganzen Sache ist natürlich, dass man durch diese Umwandlungsschritte eine Menge von der ursprünglichen elektrischen Energie verliert, und darum dreht sich dann die ganze Diskussion: wo ist das Optimum im System, was müssen wir tun, um das Ganze auszubalancieren, aber auch das volkswirtschaftlich einigermaßen vernünftig zu gestalten.

    Kuhlmann: Ist es auch so, dass die Größe des Speichermediums davon abhängt, des zur Verfügung stehen müssenden Speichermediums davon abhängig ist, woher der Strom kommt? Fotovoltaik zum Beispiel soll besonders viel Speicherplatz verbrauchen.

    Rabe: Nein, das kann man ja so nicht sagen. Die Speichereinheit ist, sagen wir mal, eine Kilowattstunde, und da ist es egal, ob die aus Windstrom kommt, oder aus Solarstrom, oder ob von einem konventionellen Kraftwerk. Entscheidend ist einfach, wie viel bleibt denn, sagen wir mal, an besonders windigen, sonnigen Tagen, wie viel wird zu viel produziert, sodass man die Anlagen abriegeln muss, ist das ein Betrag, den man dann speichern könnte und in schlechten Zeiten, also in Flautezeiten beispielsweise, wieder einspeisen kann. Darum dreht es sich. Man kann das jetzt nicht festmachen an Wind oder Solar. Im Gegenteil: Solar und Wind ergänzen sich eigentlich ganz gut, sodass die im Zusammenspiel insgesamt dann vielleicht weniger Speicher verbrauchen, als wenn man nur Wind oder nur Solar hätte.

    Kuhlmann: Wie lässt sich Strom aus erneuerbaren Energien speichern – zur internationalen Konferenz in Berlin war das ein Gespräch mit Stefan Rabe von der Energieagentur Nordrhein-Westfalen. Vielen Dank dafür.

    Rabe: Vielen Dank!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.