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Weil etlichen Forschungsprojekten die Mittel fehlen, um sich genügend Rechenzeit auf Großrechnern zu beschaffen, entstand aus der Not die Idee des verteilten Rechnens via Internet. Eine neue Softwareplattform macht es jetzt leicht, neue Projekte auf unausgelastete PCs zu verteilen.

Von Phillip Banse | 22.07.2006
    Menschen empfangen eine Botschaft aus dem All - im Epos "Contact" des Astronomen Carl Sagan ist SETI, die Suche nach extraterrestrischer Intelligenz, erfolgreich. Tatsächlich jedoch wurde mit SETI nie ein Hinweis auf außerirdische Intelligenz gefunden. Auch SETI@home konnte nicht helfen. Um im galaktischen Rauschen eine Botschaft zu finden, haben 500.000 Freiwillige ihre privaten Rechner zu einem Supercomputer verbunden: Die Software SETI@home classic holte Daten vom Server, analysierte sie und schickte das Ergebnis zurück. Doch SETI@home classic hatte technische Nachteile: Die vielen PCs es Netzwerks konnten nur für SETI@home benutzt werden, Daten konnten sich die Clients nur von einem bestimmten Server holen. Außerdem war SETI@home classic anfällig für Attacken von außen und konnte manipulierte Ergebnisse nur schwer erkennen. Trotz dieser Macken: Die Idee des verteilten Rechnens hat sich bewährt, sagt David Anderson, Direktor des SETI-Projekts an der Universität Berkeley:

    "Deswegen haben wir BOINC entwickelt. Mit dieser Software wollen wir die Rechenkraft privater PCs der ganzen Wissenschaft zugänglich machen. Wer viel zu berechnen hat, kann BOINC nutzen und ein Projekt starten wie SETI."

    BOINC steht für Berkeley Open Infrastructure for Network Computing. Diese Open-Source-Software soll das kraftvolle Heer der privaten Computer also allen Wissenschaftlern zugänglich machen. Es gibt bereits mindestens acht Projekte, die sich der schlummernden Prozessoren in privaten PCs bedienen: LHC@home zum Beispiel nutzt den dezentralen Supercomputer, um den Teilchenbeschleuniger des CERN zu verbessern; Climateprediction.net lässt über die BOINC-Plattform Klimaveränderungen berechnen. Um ihren Rechner zur Verfügung zu stellen, müssen Interessenten nur die BOINC Client-Software installieren. Der Wissenschaftsjournalist Harro Zimmer hat das bereits getan:

    "Man kann also den Rechner rund um die Uhr für verschiedene Programme arbeiten lassen. Ein sehr schönes ist also die Suche nach Gravitationswellen von Pulsaren, da müssen auch riesige Datenpakte durchleuchtet werden. Es gibt auch näher liegende Dinge, dass man Medizinern hilft, gewisse Proteinstrukturen zu entschlüsseln, dass man also in den medizinischen Bereich geht."

    Auch SETI@home – das mit Abstand größte Projekt des verteilten Rechnens - läuft jetzt nur noch über die neue Plattform BOINC. Über die Hälfte der SETI-Teilnehmer sind nach Andersons Angaben bereits umgestiegen. Denn verglichen mit der alten Seti-Software bietet BOINC viele Vorteile. Teilnehmer können ihren Rechner gleichzeitig mehreren Projekte zur Verfügung stellen. Jeder Nutzer kann zudem festlegen, ob sein PC der Klimavorhersage mehr Prozessorkraft verfügbar macht oder der Suche nach Pulsaren. Außerdem ist BOINC sicherer, sagt Direktor David Anderson:

    "Wir haben nie einen Computer beschädigt, weil über SETI Viren verteilt wurden. Im Gegenteil: Wir wurden angegriffen. Teilnehmer haben manipulierte Ergebnisse zurückgeschickt. BOINC nutzt jetzt digitale Signaturen, berechnet alles zweimal und vergleicht die Ergebnisse. Wenn ein Hacker fehlerhafte Ergebnisse sendet, werden sie nicht angenommen."

    Der Direktor von SETI und BOINC will der Allgemeinheit noch mehr ungenutzte Leistung privater Rechner zugänglich machen.

    "Dies wird die größte Computer-Ressource der Welt sein. Auch die größte Festplatte. Viele Wissenschaftsprojekte brauchen viel Speicherplatz und Heim-PCs haben immer größere Festplatten. Wir arbeiten außerdem daran, die Prozessoren von Grafikkarten und Spielkonsolen nutzen zu können. Das könnte eine gigantische Rechenkraft erschließen, die Wissenschaftler nutzen könnten."