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Sperrverfahren für EC-Karten
Doppelte Arbeit für Verbraucher

Eigentlich ist der Fall klar: Wenn Bankkunden ihre EC-Karte verlieren, müssen sie diese so bald wie möglich bei ihrer Hausbank sperren lassen. Doch damit ist nur die Bezahlung mit der PIN-Nummer geschützt - mit einer Unterschrift können Diebe in manchen Geschäften weiter einkaufen. Der Einzelhandel möchte deshalb, dass EC-Karten ein zweites Mal gesperrt werden.

Von Manuela Lonitz | 07.09.2016
    Eine Person bedient ein Lesegerät zur elektronischen Zahlung mit EC- oder Kreditkarte.
    Sperrt eine Bank eine EC-Karte, sind Buchungen mit der PIN-Nummer nicht mehr möglich - mit einer Unterschrift kann aber weiter bezahlt werden. (picture alliance / dpa / Sebastian Gollnow)
    Diebe können mit einer EC-Karte immer noch einkaufen gehen. Und zwar auch, wenn diese längst bei der Bank gesperrt ist. Viele Kartenbesitzer ahnen das nicht einmal.
    - "Nee wusste ich nicht. Na das ist mir neu."
    - "Ich arbeite selbst bei der Bank, ich weiß das."
    - "Nein das wusste ich nicht."
    Mit Unterschrift kann in einem Laden weiterhin bezahlt werden – mit dem sogenannten Lastschriftverfahren. Die Bank sperrt ausschließlich die Buchungen mit der PIN-Nummer, erklärt Tanja Beller vom Bundesverband deutscher Banken. Diesen Service lassen sie sich vom Handel bezahlen.
    "Ja, das ist richtig, dass dieses Verfahren von der Kreditwirtschaft auch etwas kostet. Das ist sehr unterschiedlich, das verhandeln die Händler mit ihren Banken. Und der Preis ist im Prinzip genau dafür: Es wird geprüft am Terminal, ob die Karte gesperrt ist oder nicht. Und dann bekommt der Händler wirklich die Zusage, hier den Betrag bekommen sie auf jeden Fall."
    Unterschriften-System ist für Geschäfte günstiger
    Die Banken würden das Unterschriften-System am liebsten abschaffen. Doch viele Geschäfte setzen darauf, weil es für sie günstiger ist. Über 13 Prozent des gesamten Einzelhandelsumsatzes werden mit Lastschrift bezahlt, sagt Knut Bernsen der Landesgeschäftsführer des Handelsverbandes in Sachsen-Anhalt und Thüringen.
    "Wir denken aber einfach, dass ein System, was von so vielen Kunden noch genutzt wird und was ja manchmal noch ein bisschen schneller an der Kasse geht, als das PIN-Modell, ist für den Kunden nicht unattraktiv und deshalb glauben wir auch, dass es eine Zukunft hat."
    Kartenschutz mit KUNO
    Die Lastschrift hat jedoch einen Haken: Ein Dieb kann die Unterschrift fälschen und trotz Kartensperrung bei der Bank weiter damit einkaufen, erzählt der Dresdener Kriminalhauptkommissar Steffen Schmieder. Er hat deshalb ein eigenes Sperrsystem erfunden - KUNO.
    "Seit ungefähr 1999 hatten wir einen dramatischen Anstieg der Einkäufe im Lastschriftverfahren durch missbräuchlich verwendete Zahlungskarten. Und wir haben natürlich am Anfang erst mal für die Stadt Dresden dieses System durchgeführt und konnten also beobachten, dass auf einen Schlag diese Kriminalitätsrate um ca. 50 Prozent zurückgegangen ist."
    Nach und nach wurde KUNO in fast allen Bundesländern eingeführt. Außer in der Bankenmetropole Hessen. Hier können Bewohner derzeit nur über die Bundespolizei sperren. In allen anderen Ländern bei jeder Polizeidienststelle. Der Verlust der Karte muss persönlich gemeldet werden. Dabei muss man Kontonummer, Bankleitzahl und die einstellige Kartenfolgenummer angeben.
    Weiß man die nicht, werden alle Karten eines gemeinsamen Kontos vorläufig gesperrt, bis die Folgenummer nachgemeldet wird. Die Polizei gibt die Daten dann an das EHI weiter, das wissenschaftliche Institut des Handels. Von dort aus geht die Information an die Geschäfte, erklärt Dorothee Frigge vom EHI.
    "95 Prozent des Handels, wirklich alle großen sind dabei. Schwieriger wird’s dann bei so ganz kleinen Einzelhändlern um die Ecke, die haben das häufig nicht."
    Betrugsfälle sind deutlich zurückgegangen
    Die Betrugsfälle mit Unterschrift sind deutschlandweit deutlich zurückgegangen seit KUNO eingeführt wurde. 2004 gab es noch mehr als 67.000 Fälle. Heute nur noch etwa ein Viertel davon. Doch was passiert eigentlich, wenn ich nicht mit KUNO sperre? Das Risiko bei Betrug tragen die Händler. Denn Verbraucher können widerrechtlich abgebuchte Lastschriften zurück gehen lassen. Dafür haben sie 13 Monate Zeit, sagt Andrea Heyer die Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Sachsen. Die Idee, mit Kuno die Lastschriftkriminalität zu senken, findet sie gut.
    "Die Umsetzung ist aber bisher aus unserer Sicht nicht so gelungen, da insbesondere die Kreditwirtschaft aber auch der Handel nur zum Teil bei diesem System mitspielen. Und das führt dazu, dass aus Verbrauchersicht, das System weitgehend unbekannt ist."
    Und somit schaut so mancher schockiert auf seine Kontoauszüge, wenn trotz Banksperrung plötzlich Geld abgebucht wird. Banken und Handel sollten hier im Verbraucherinteresse an einem Strang ziehen, fordert Andrea Heyer. Das allerdings scheitert bislang an den unterschiedlichen finanziellen Interessen. Für Verbraucher heißt dies, zwei Mal sperren: In erster Linie – auch aus rechtlichen Gründen – bei der Bank und zusätzlich bei der Polizei über Kuno.