Donnerstag, 28. März 2024

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Spezialität "Gegrillte Arbeitskuh"
Alt, kraftlos - und besonders zart

Nur das sehnige und fettige Fleisch wird genutzt, um "gegrillte Arbeitskuh" zu servieren. Was nach einer zähen Speise klingt, ist im Norden Spaniens eine Spezialität. Nach monatelanger Verarbeitung sind Gäste aus aller Welt begeistert - vom angeblich "besten Rindfleisch der Welt".

Von Oliver Neuroth | 12.02.2018
    Mehrere Monate muss das Rindfleisch hängen - am Knochen, bei einer bestimmten Temperatur und Luftfeuchtigkeit.
    Mehrere Monate muss das Rindfleisch hängen - am Knochen, bei einer bestimmten Temperatur und Luftfeuchtigkeit. (Deutschlandradio / Oliver Neuroth )
    Marcelo ist fünf Stunden autogefahren – von Barcelona nach Léon – um einmal im "El Capricho" essen zu gehen. Er sitzt auf einer Holzbank vor dem Restaurant in der Sonne. Auf seinem Teller liegt ein großes, gegrilltes Stück Rindfleisch: Es sieht nicht aus wie ein klassisches Steak – es hat Sehnen und einen dicken Fettrand. Innen ist das Fleisch rosa und saftig.
    "Ich habe gefunden, was ich gesucht hatte: das qualitativ beste Rindfleisch. Das hier ist der perfekte Ort für Fleischliebhaber."
    Alte Rinder, zartes Fleisch
    Marcelo kommt aus New York, lebt aber in Spanien. Er ist nicht nur Fleischfan, auch Fleisch-Experte – der 32-Jährige arbeitet in Barcelona als Metzger.
    "Hier hast Du das Gefühl, ein sauberes und ein gesundes Tier zu essen. Ein Tier, das gut behandelt wurde und ein langes, glückliches Leben hatte – und zwar in einem friedlichen Umfeld."
    Genau das ist das Prinzip des "El Capricho". Restaurantchef José fährt durch Nord- und Westspanien, besucht Bauernhöfe und kauft dort alte Rinder. Ochsen und auch "vacas de trabajo", wie er, Arbeitskühe. Die Tiere kommen auf seine Farm nahe León und werden dort noch ein paar Jahre verwöhnt. Die Rinder haben viel Auslauf und fressen nur Kräuter und Heu. Das hätten sie verdient, sagt José
    "Für mich ist das Rind ein magisches Tier. Es hat einen edlen Charakter. Und das wirkt sich auf den Geschmack des Fleischs aus. Die Fette sind sehr gesund, damit beschäftige ich mich seit Jahren. Rinder sind meine Leidenschaft."
    Monatelang abgehängt
    Damit das Rindfleisch seinen besonderen Geschmack bekommt, hängt José es monatelang ab – und zwar am Knochen bei einer bestimmten Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Der Experte spricht von einer Trockenreifung. Das Fleisch wird so absolut zart, obwohl es von einem alten Tier kommt – was eigentlich nicht zusammenpasst.
    Dass die berühmte "New York Times" Josés Rindfleisch als das beste der Welt eingestuft hat, macht ihn stolz. Doch im vergangenen Jahr musste der Chefkoch einen Rückschlag einstecken: Es wurde bekannt, dass Kontrolleure Fleisch aus seinem Restaurant beschlagnahmten, weil die Herkunft nicht ordnungsgemäß dokumentiert war. Doch José versichert, dass nie schlechte Qualität auf den Tisch kam.
    Die meisten seiner Gäste halten ihm die Treue – das Restaurant ist fast immer voll.
    "Das Fleisch ist einfach spektakulär!", schwärmt eine Frau und ein Mann ergänzt: "Die schneiden die Stücke exakt von der Stelle am Knochen, an der der Geschmack am intensivsten ist. Für uns ist das einfach eine Kunst."
    Diese Kunst hat ihren Preis: Ein Kilo Rindfleisch von der Arbeitskuh kostet 48 Euro, die Premiumversion vom Ochsen 120 Euro. Doch ein Kilo reicht immerhin locker für zwei Portionen.