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Spezialreisen für Trauernde

Individualreisen werden immer vielfältiger. Neben Angeboten für Wanderer und Radfahrer finden mittlerweile sogar Diabetiker etwas Passendes. Relativ neu in dem Segment sind Trauerreisen. Hier werden Menschen angesprochen, die einen Angehörigen oder Freund verloren haben.

Von Michael Engel | 06.03.2012
    Der Beistand eines Priesters ist häufig fern, wenn Menschen um Angehörige trauern. Viele haben der Kirche den Rücken gekehrt. Demografischer Wandel und Vereinsamung verschärfen das Problem. Vor allem, wenn auch die Kinder - beruflich bedingt – fern der Heimat leben. Der Reisekonzern TUI in Hannover hat nun eine kommerzielle Lösung gefunden: Seit zwei Jahren bietet er sogenannte "Trauerreisen" an. Carsten Cosmann über den Unterschied zu einer herkömmlichen Reise.

    "Das sind zwei ganz wesentliche Unterschiede. Der eine Unterschied ist, dass Sie hier in einer Gruppe reisen. In einer Gruppe quasi Gleichgesinnter oder Menschen, die mit Ihnen ein ähnliches oder vergleichbares Schicksal teilen. Man könnte auch sagen, eine Schicksalsgemeinschaft. Der zweite Teil ist, dass mit jeder Reise ins Leben zwei Trauerbegleiter mitreisen, die permanent vor Ort für Gespräche zur Verfügung stehen, die Gesprächskreise auch moderieren, wieder in das echte Leben zurückzufinden."

    Für die sensible Seite der Reise ist der Konzern eine Kooperation mit professionellen Trauerbegleitern eingegangen. Einer von ihnen ist Fritz Roth. Für ihn ist der beste Zeitpunkt für eine solche Reise etwa sechs Monate nach dem Trauerfall, wenn die Menschen wieder nach Halt und Perspektiven suchen.

    "Das persönliche Umfeld ist oft sehr froh, dass der, der einen Verlust hat, es wieder wagt, das Leben leise zu lernen. Und so brauchen Sie keine Bedenken zu haben, dass man sagt, och, jetzt fährt die Mutter auch noch auf so eine Reise. Was soll das Ganze? Nein, man ist froh, dass der Trauernde sich auf den Weg macht, das Leben wieder zu entdecken, und damit all diese lebendigen Erfahrungen wieder zurückkommt in die Familie, in die Nachbarschaft, um dann wieder am Leben, in der Gemeinschaft teilzunehmen."

    Die Reisen führen beispielsweise in die Alpen, ans Mittelmeer oder zu Atlantikinseln. Mit Menschenmengen und Massentourismus habe eine Trauerreise nichts zu tun, erklärt Carsten Cosmann das Konzept:

    "Bei der Auswahl der Hotels legen wir ganz besondere Sorgfalt darauf, dass es kleine Häuser sind, die Inhaber geführt sind, die sehr persönlich und herzlich geführt sind, die landschaftlich sehr schön gelegen sind, also nicht mitten in einer Massentourismuszone, aber, ganz wichtig, auch nicht komplett in der Einöde, wo dann keine Infrastruktur mehr gegeben ist. Also schon am Leben dran. Aber mit ganz besonderem Augenmerk auf Lage und auf Ausstattung."

    "Meine Reise ins Leben" – das exklusive Angebot der TUI – ist kein Schnäppchen. Die einwöchige Reise kostet zwischen 1400 und 1800 Euro pro Person. Darin enthalten: Ausflüge, Wanderungen, Weinverkostungen, gemeinsame Abendessen – immer in Reichweite einer Trauerbegleitung. Ähnliche Angebote auch mit Begleitung und in einem vergleichbaren Preissegment bietet "Regenbogen-Reisen": Hier geht es unter anderem mit den Hurtigruten durch die norwegischen Fjorde, sogar Neuseeland steht auf dem Programm. Ungewöhnlich ist auch das Konzept des Hamburger Künstlers Piet Morgenbrodt, der selbst ein Kind verloren hat: Er bietet für Hinterbliebene zwei bis drei Segeltörns pro Jahr an.