Mittwoch, 24. April 2024

Archiv

"Spiegel"-Korrespondent
Zum Feind und Held der Türkei erklärt

Seit dem letzten Sommer ist Hasnain Kazim Korrespondent von "Spiegel" und "Spiegel online" in der Türkei. Vor ein paar Tagen musste er das Land verlassen. Aus Sicherheitsgründen, sagte Kazim im Deutschlandfunk. Das Zitat eines Augenzeugen in Soma sei extrem schlecht angekommen und schließlich dem Reporter in den Mund gelegt worden.

Hasnain Kazim im Gespräch mit Bettina Schmieding | 24.05.2014
    Der Korrespondent des Spiegel in der Türkei, Hasnain Kazim
    Der Korrespondent des Spiegel in der Türkei, Hasnain Kazim (dpa / Janna Kazim)
    Alles begann nach Angaben des Reporters Mitte Mai. Der Journalist war nach Soma gefahren, um über das Grubenunglück zu berichten, war dabei, als Regierungschef Erdogan die Stadt besuchte. Als Reporter sprach er mit Überlebenden, auch über deren Meinung zum Auftritt des Ministerpräsidenten. Schon Erdogans Rede sei bei den Opfern in Soma nicht gut angekommen, sagte Kazim. Der Regierungschef sei nicht sehr mitfühlend gewesen etwa mit der Aussage, solche Unglücke könnten passieren. "Ein Arbeiter, der überlebt hat, der eigentlich sich auch als Erdogan-Freund sich zu erkennen gab, hat mir gesagt: 'Ich hätte so etwas früher nie gesagt, aber am liebsten würde ich ihm jetzt sagen, scher' dich zum Teufel Erdogan!' Das habe ich wörtlich so zitiert." Türkische Medien und Blogger hätten dieses Zitat aufgegriffen und die Aussage nicht dem Arbeiter, sondern dem Reporter zugeschoben.
    Regierungsfreundliche Medien hätte ihn daraufhin "als Feind der Türkei" gesehen, regierungskritische Medien als Held gefeiert, sagte Kazim. "Ausländische Medien werden enorm stark konsumiert und beobachtet und beachtet von den Menschen in der Türkei, weil die sagen, die türkische Presse ist ohnehin von vornherein parteiisch oder, wenn sie kritisch ist, dann berichtet sie aber auch nicht allzu kritisch, weil sie sich nicht traut."
    Den vollständigen Beitrag können Sie im Rahmen unseres Audio-on-demand-Angebotes mindestens fünf Monate lang nachhören.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.