Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Spielfilm "Das Glück an meiner Seite"
Ziemlich beste Freundinnen?

Es ist die neue Pflegerin, die wieder Schwung in den tristen Alltag der ALS-erkrankten Kate bringt. Allzu leicht keimt bei diesem Plot die Assoziation mit einem äußerst erfolgreichen französischen Autorenfilm auf. Ist der Hollywood-Streifen "Das Glück an meiner Seite" also Abklatsch? Ja und nein.

Von Josef Schnelle | 11.04.2015
    Ein Rollstuhl steht zusammengeklappt in einem Hausflur.
    Den Rollstuhl der ALS-erkrankten Kate mottet die neue Pflegerin Bec kurzerhand ein. (picture alliance / dpa / Oliver Killig)
    "Du kannst doch nicht einfach so eine Entscheidung treffen. Ich werde Miles anrufen, ob er vielleicht kommen kann."
    "Ich hab gleich einen Termin mit einer neuen Pflegerin. Okay?"
    Kate weiß, dass ihre ALS-Erkrankung zu immer größerer Einschränkung ihrer Lebensfreude führen wird. Doch sie wehrt sich dagegen, von Anfang an wie ein Fall für die Krankenstation ohne eigenen Willen behandelt zu werden. Deshalb hat sie ihre bisherige Pflegerin entlassen und muss sich die Vorwürfe ihres Mannes anhören, der sich immer mehr von der Situation überfordert fühlt. Und dann taucht die Studentin Bec auf. Kate fühlt sich im Gegensatz zu ihrem Mann von deren unkonventionellen Art angezogen und ist sich sicher, dass sie von ihr als Mensch mit Wünschen und Unvollkommenheiten akzeptiert werden wird. Das Vorstellungsgespräch ist etwas holprig.
    "Ich nehme an, dass Sie ihre Vita dabei haben."
    "Nein. Ich hab meinem Lebenslauf mitgebracht."
    "Ich habe Bec auf der Website der Universität gefunden."
    "Hier steht, ihre letzte Arbeitstelle war das "Red Lobster" am Saint Huston Broadway."
    "Oh, sorry."
    Bec wird also eingestellt und eine neue Lebensphase beginnt für Kate. Seit "Ziemlich beste Freunde", der sehr erfolgreichen Filmkomödie von Olivier Nakache und Èric Toleando 2011 um einen von Hals ab Gelähmten und seinen unkonventionellen Pfleger hat sich diese Konstellation zu einem neuen Subgenre entwickelt, das in immer neuen Variationen ins Kino kommt. Auch in diesem Hollywood-Film von Theaterroutinier George C. Wolfe steht die Konfrontation verschiedener Lebensmilieus im Zentrum. Die Studentin Bec öffnet der gut situierten ehemaligen Konzertpianistin eine ganz neue Welt der Vergnügungen und der unverfrorenen Lebensfreude. Sie mottet den Rollstuhl vorerst ein und geht mit Kate auf ungewöhnliche Selbsterfahrungstrips. Andererseits mischt sich Kate auch immer mehr in die chaotische Lebenswelt ihrer neuen Freundin ein. Bec will Sängerin werden, traut sich aber nicht so richtig, darauf zu setzen. Außerdem gerät sie immer an die falschen Männer. Kate versucht ihr auch auf diesem Gebiet ein paar Lehren zu erteilen.
    "Das mit dem Richtigen wird überbewertet."
    "Okay, ich versau mir mein Leben wies mir passt."
    "Okay, aber er ist wirklich süß."
    Mit dem Fortschreiten der ALS-Erkrankung bis hin zur zeitweisen Atemlähmung ändern sich jedoch die Anforderungen an die Pflegerin. Die Leichtigkeit des Anfangs verflüchtigt sich und ernste Probleme treten auf. Zum Beispiel als Bec ihre Schutzbefohlene bei einem Selbstmordversuch mit einem Sturz von der Treppe erwischt.
    "Gestern Nacht ..."
    "Ich will nicht drüber reden."
    "Gestern Nacht? Was hatten sie da oben auch der Treppe vor?"
    "Ich dachte, es wär einfacher für alle."
    "Ich weiß, was Sie gedacht haben."
    "Tun Sie nicht."
    "Stimmt, tu ich nicht. Ich kenn Sie noch nicht mal richtig. Trotzdem fang ich echt an, Sie zu mögen."
    Die Konflikte sind vorhersehbar
    Mehr als die europäischen Autorenfilme zum Thema setzt Regisseur Wolfe auf holzschnittartige Klischees. Die Konflikte sind vorhersehbar: Kates Mann hält den Druck nicht mehr aus und lässt sich auf eine Affäre ein. Langsam aber sicher geht es auch mehr und mehr darum, in Würde zu sterben. Aber auch das werden die beiden ziemlich guten Freundinnen meistern. Auch wenn der Film in Hollywoodmanier vor keiner Sentimentalität halt macht. Nur Dank Hauptdarstellerin Hilary Swank, die schon zwei Oscars gewonnen hat, entkommt man zeitweise dem Gefühl, das Ganze sei zu ausgedacht um wahr zu sein. Leider ist die Synchronisation nicht in der Lage, wie das Original die Sprachstörungen der ALS-Patientin so abzubilden, dass sie überzeugend wirken. Ein zunehmend unkontrolliertes Lallen war alles, was der Synchronregie dazu einfiel. Und so stürzt der Film in der deutschen Fassung trotz seines glaubhaften Anliegens immer mehr ab, bis er selbst in äußerst bewegenden Momenten fast zur Karikatur verkommt.
    "Du kannst alles haben, was Du willst, wirklich alles. Nur bitte lass mich nicht mal so enden. Ich kann nicht in einem Krankenhaus sterben an so 'ne Maschine geschnallt."