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Spitzengremien deutscher Unternehmen
Frauenanteil immer noch gering

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kommt zu dem ernüchternden Fazit, dass von Ausgeglichenheit in den Führungsetagen keine Rede sein kann. Männer dominieren immer noch. Damit sich etwas ändert, reiche eine Quote nicht, meinen Forscherinnen des Instituts. Es fehle an Sanktionen, wenn die Zielgrößen nicht erreicht werden.

Von Brigitte Scholtes | 13.01.2016
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    Die Vorstände sind noch stärker männlich dominiert, und besonders düster sieht es im Finanzsektor aus. ( Jan-Philipp Strobel/dpa)
    Von Ausgewogenheit der Geschlechter in den Spitzengremien der deutschen Unternehmen kann noch lange keine Rede sein. Seit zehn Jahren erstellt Elke Holst nun schon mit ihrem Team das Managerinnen-Barometer. Doch die Forschungsdirektorin für Gender Studies am DIW, dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, muss etwas frustriert feststellen:
    "Wir haben ständig eine Aufwärtsbewegung, die ist aber sehr gering und hat sich gegenüber dem Vorjahr noch mal, wenn wir den Gesamtblick darauf werfen, verringert."
    In den Vorständen der 200 umsatzstärksten Unternehmen lag nämlich der Frauenanteil Ende des abgelaufenen Jahres bei gut sechs Prozent und damit nur knapp einen Prozentpunkt höher als ein Jahr zuvor. Die Aufsichtsräte sind zwar zu fast einem Fünftel mit Frauen besetzt, aber auch hier hat die Dynamik nachgelassen. Doch es gibt Unterschiede: So hat knapp die Hälfte der 30 DAX-Unternehmen schon die gesetzlich geforderten 30 Prozent Frauen im Aufsichtsrat, das gilt auch für die Firmen mit Bundesbeteiligung. Warum das so ist? Elke Holst:
    "Ich persönlich vermute, die DAX 30-Unternehmen stehen schon lange im Schlaglicht der Öffentlichkeit, und von daher dürften sie auch stärker gefordert sein, hier Änderungen herbeigeführt zu haben."
    Besonders viele Männer im Finanzsektor
    Doch beim Blick auf die gut 100 Firmen, die die Quote von 30 Prozent für die Neubesetzung in Aufsichtsräten erfüllen müssen, zeigt sich: Das schafft bisher nur gut ein Viertel. Die Vorstände sind noch stärker männlich dominiert, und besonders düster sieht es im Finanzsektor aus: Nur acht Prozent der Bankvorstände und neun Prozent der Versicherungsvorstände sind weiblich. Warum gerade die Finanzbranche sich so schwertut, obwohl insgesamt dort der Frauenanteil sehr hoch ist, dafür hat DIW-Forscherin Holst eine Erklärung:
    "Geld und Macht, kann man klar aufzeigen, dass die immer noch unverändert bei den Männern liegen und nicht bei den Frauen, und das bedeutet wiederum, dass auch die Männer die Regeln, die in der Branche herrschen, bestimmen. Wenn Sie aus einer Lebenswirklichkeit kommen, wo die Frauen Ihnen nur zuarbeiten und kaum auf Augenhöhe stehen und zu Hause vielleicht auch jemand ist, der Ihnen den Rücken freihält, dann sehen Sie die Welt etwas anders als wenn Sie mit verschiedenen Aufgaben noch aufwachsen in ihrem Lebensverlauf."
    Politik müsse helfen
    Damit sich nicht nur im Finanzsektor etwas ändert, reiche eine Quote nicht, meinen die Forscherinnen. Da müsste es mit Sanktionen belegt werden, wenn die Zielgrößen nicht erreicht werden, die das Gesetz insgesamt 3.500 Unternehmen für mehr Frauen in Führungsgremien vorschreibt. Und die Politik müsste auch mit flankierenden Maßnahmen helfen. Elke Holst:
    "Das Wichtigste ist die eigenständige Sicherung der Frau. Im Moment sind die Frauen, wenn sie nicht erwerbstätig sind, vom Ehemann abhängig. Also sie sind krankenversichert, Hinterbliebenenversorgung und dergleichen. Das ist noch die alte Kultur, die in unserer Gesellschaft lebt, dass Frauen immer abhängig - früher waren sie abhängig erst von den Eltern, dann vom Ehemann, nicht geheiratet vom Bruder usw. Das ist in unserer alten Gesetzgebung immer noch drin."