Donnerstag, 28. März 2024

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Spock's Beard
"Wir lieben uns und wir hassen uns"

Seit über 25 Jahren gibt es die US-Prog-Rocker Spock's Beard. Auf ihrem 14. Album "Noise Floor" setzen sie ihren Sound konsequent fort, auch wenn dieser nicht mehr ganz so progressiv klingt, wie vorher. Der Bandname ist dem bekannten Captain eines Raumschiffs gewidmet.

Von Sebastian Zimmermann | 06.05.2018
    Vier Männer posieren vor der Kamera.
    Die amerikanische Band Spock's Beard, hier ohne ihren Schlagzeuger (Kat Mueller)
    Musik: "To breathe another day"
    Sie sind wieder zurück. Drei Jahre war es ruhig um Spock‘s Beard, nun veröffentlichen sie mit "Noise Floor" ihr neues Album. Für die Band war das allerdings keine Ruhepause, sie wollte einfach mehr Zeit für die Aufnahmen.
    Ryo Okumoto: "Du kannst natürlich ein Album innerhalb eines Monats einspielen, aber manchmal braucht es eben Zeit. Und das ist völlig okay. Es ist, als ob ein Kind geboren wird und du behütest es, wenn es aufwächst. Auch dem Song musst du viel Liebe schenken, damit er am Ende gut wird."
    Spock’s Beard sind keine besonders schnelle Band: Seit 1995 haben sie 14 Alben herausgebracht. Die Musiker aus den USA arbeiten so lange an den Songs, bis sie reif für ein Album sind. Das kann dauern.
    Okumoto: "Jeder von uns ist sehr beschäftigt. Aber nebenher schreiben wir Songs, nehmen sie auf, dann verändern wir hier und da etwas. Das Ganze braucht viel Zeit. Und irgendwann, ich weiß gar nicht mehr wann, ich glaube, es war letzten Sommer, da sagten wir "Jetzt lasst uns mit der neuen CD beginnen". Im Endeffekt brauchten wir zehn Monate, um die CD fertig zu bekommen. Diesen Ablauf musst du durchmachen."
    Musik: "What becomes of me"
    Drei Jahre liegen zwischen dem neuen Werk "Noise Floor" und dem Vorgänger "The Oblivion Particle". Das Besondere: Nick D´Virgilio sitzt wieder am Schlagzeug – nach einer Auszeit ist er jetzt wieder dabei, zur großen Freude seiner Fans und seiner Bandkollegen.
    Okumoto: "Er ist mein absoluter Lieblings-Schlagzeuger, er ist so gut und so musikalisch, er singt mit seinen Drums. Wir mussten eine Zeit lang ohne ihn auskommen, aber jetzt ist er zurück, was mich wirklich glücklich macht. Es ist so, als ob die Songs durch ihn einfach anders klingen. Sein Schlagzeug nahmen wir zuerst auf, weil es das Grundgerüst für jeden Song darstellt. Und wenn das Grundgerüst schon gut ist, dann ist es auch viel einfacher, den Song komplett aufzunehmen."
    Musik: "One so wise"
    D’Virgilio gehörte zu den Gründungsmitgliedern und feiert nun nach fünf Jahren Pause sein Comeback in der Band. Zwischendurch wurde er von Jimmy Keegan ersetzt. Beim Lead-Gesang gibt es dagegen Konstanz, seit 2012 Ted Leonard zur Band kam. Er spielt auch Gitarre und ist außerdem noch bei der den Progressive-Rockern Enchant aktiv. Die Band hat also ein festes Line-Up und beruft sich beim Schreiben der Musik ganz auf ihre Stärken: Lange Songs, die sich aus mehreren Teilen zusammensetzen, dazu kein klassischer Wechsel aus Strophe und Refrain – bloß nicht ausrechenbar, typisch Prog eben. Das ist das Grundgerüst, auf das Spock’s Beard aufbaut. Doch wie das Album letztlich genau wird, darauf wollen sich die Musiker vorher nicht festlegen.
    Okumoto: "Jede CD hat einen anderen Klang. Wir sind es, die es schreiben, es ist ein Spock’s Beard-Album. Aber wir sagen uns nicht, dieses Album muss anders klingen, anders als der Vorgänger. Für uns ist nur der Song wichtig. Und wir haben natürlich auch unseren typischen Sound, so wie andere Prog-Bands auch, wie Yes oder King Crimson. Wir arbeiten zum Beispiel immer wieder mit Motiven - auch auf dem neuen Album."
    Musik: "Somebody’s home"
    Der Zusammenhalt und die Routine, die sich Spock’s Beard über die Jahre erarbeitet haben, sind wesentliche Bestandteile des Aufnahme-Prozesses. Denn die fünf Bandmitglieder leben an unterschiedlichen Orten und sehen sich daher kaum - gemeinsame Proben entfallen also. Stattdessen tauschen sie Dateien aus. Auf dieser Basis kommunizieren sie über jedes Stück. Ein Prozess, der notwendig und langwierig ist, der am Ende aber funktioniert und auch zur langen Entstehungsdauer beiträgt. Dabei geht es mitunter hart zur Sache, jeder will seine Meinung durchdrücken. Dem Band-Kollektiv tut diese Art der Diskussion gut.
    Okumoto: "Wir lieben uns und wir hassen uns. Wir streiten wirklich viel. Zum Beispiel: "Ich mag diesen Part nicht, streich ihn wieder! ‚Was soll das, wieso soll ich ihn rausnehmen?" Aber das gehört einfach dazu. Und zum Schluss hast du dann auch ein gutes Album. Wenn alle zufrieden sind, heißt das auch, dass jeder von uns die Songs akzeptiert und damit klarkommt."
    Musik: "So this is life"
    Orchester als Kontrapunkt
    Wie auf den Vorgängeralben setzt die Band auch auf "Noise Floor" Streichinstrumente ein, wie im Song "So this is life". Das Orchester bildet hier den Kontrapunkt zum klassischen Rock-Sound, eine Choreographie, die Spock‘s Beard immer wieder in ihrer Musik anwendet. Dabei nutzen sie echte Streicher anstelle synthetischer - der originale Klang passe viel besser zum Rock-Arrangement der Band, finden die Musiker.
    Okumoto: "Es ist einfach eine schöne Sache, zu einer harten Prog-Rock-Band ein Orchester aufzunehmen. Und manchmal ist es notwendig, normale Streicher statt einen Keyboard-Orchester-Sound zu wählen, um den besten Sound für das Lied zu bekommen. Das ist Prog."
    Musik: "Box of spiders"
    Spock’s Beard ist eine Rockband, die seit Anfang der 90er-Jahre trotz Umbesetzungen ständig aktiv ist und nun das 14. Studioalbum veröffentlicht. Auf "Noise Floor" setzen sie ihren Sound konsequent fort, auch wenn dieser nicht mehr ganz so progressiv klingt, wie auf dem Vorgänger-Album. Es gibt auch deutlich weniger Anleihen an den Prog-Sound der 70er, es entwickelt sich eher ein klassischer Rock-Sound. Erst zum Ende der Platte ändert sich das, wie beim Song "One So Wise" oder dem Prog-Monster "Box Of Spiders". Spielfreude haben die fünf Musiker auch nach 25 Jahren nicht verloren. Und natürlich wird es auch wieder eine Tour geben, denn das Livespielen ist der Band ebenso wichtig wie Komponieren und Aufnehmen.