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SportAccord
Reif für die Übernahme

Seit dem Rücktritt von Präsident Marius Vizer steckt SportAccord, die Dachorganisation der olympischen und nichtolympischen Verbände, in der Krise. Die konnte auch Interims-Präsident Gian Franco Kasper nicht lösen. Kommende Woche fällt bei den Präsidentschaftswahlen eine Entscheidung über die zukünftige Ausrichtung von SportAccord.

Von Heinz Peter Kreuzer | 16.04.2016
    Der jetzige Schatzmeister von SportAccord, Patrick Baumann (l), schüttelt dem Schweizerischen Sportminister Ueli Maurer (r.) während der Präsentation der Kandidatenstädte für die Jugend-Winderspiele 2020 die Hand.
    Der jetzige Schatzmeister von SportAccord, Patrick Baumann (l), schüttelt dem Schweizerischen Sportminister Ueli Maurer (r.) während der Präsentation der Kandidatenstädte für die Jugend-Winderspiele 2020 die Hand. (picture alliance / dpa - Fazry Ismail)
    Erwartet wird mit der Wahl von Patrick Baumann eine Machtübernahme des Internationalen Olympischen Komitees. Baumann ist Generalsekretär des Welt-Basketball-Verbandes, IOC-Mitglied, derzeit Schatzmeister von SportAccord und Chef des Organisationskomitees der Olympischen Winter-Jugendspiele 2020 in Lausanne. Auch Alan Abrahamson, Olympia-Experte aus den USA, sieht den 48 Jahre alten Schweizer als klaren Favoriten.
    "Es wäre eine große Überraschung, wenn jemand anders als Patrick Baumann die Wahl gewinnen würde. Er hat ein enges Verhältnis zu IOC-Präsident Thomas Bach. Er versucht 3x3-Basketball im olympischen Programm unterzubringen, er steht auf der richtigen Seite."
    Anhänger der olympischen Bewegung
    Baumann selbst wirbt unverhohlen für die olympische Bewegung:
    "Als Sport sollten wir zusammenstehen und wir könnten die Ressourcen der olympischen Bewegung nutzen, davon kann jeder einzelne Verband in SportAccord profitieren."
    Seine Gegenkandidatin ist die Russin Anna Arzhanova. Sie ist Präsidentin des Welt-Tauchsport-Verbandes und hat sich in den vergangenen zwei Jahren in den Führungszirkeln einiger Unterorganisationen von SportAccord etabliert. Trotzdem ist sie nur Insidern bekannt. Für Abrahamson hat die 43-Jährige nur Außenseiterchancen, denn es sei eine schlechte Zeit für den russischen Sport. Nur zwei Optionen könnten ihr zum Sieg verhelfen:
    "Eine Machtdemonstration der nicht-olympischen Verbände, mit ihrer Mehrheit den Kurs von SportAccord zu bestimmen. Oder jemand will Russland und dem Kreml einen Gefallen tun. Bach und Putin pflegen seit Jahren eine gute Beziehung."
    Auch die Gegenkandidatin wirbt um den olympischen Sport
    Auf eine Mehrheit der nicht-olympischen Verbände scheint Arzhanova nicht zu vertrauen, sie geht auf Schmusekurs zum IOC:
    "Ich ziehe es vor, mit allen Parteien im Sport zusammenzuarbeiten, besonders dem IOC. Ich sehe viele Möglichkeiten der Kooperation, wir haben im Sport viele Gemeinsamkeiten."
    Schon in der Vergangenheit trugen die Spitzen von IOC und SportAccord ihre Machtkämpfe aus. Vergangenes Jahr beispielsweise bei der Generalversammlung attackierte SportAccord-Chef Marius Vizer IOC-Präsident Bach und musste gehen. Dabei sorgte weniger der Inhalt, sondern die brüskierende Art und Weise der verbalen Angriffe für Empörung. Vizers Rücktritt führte zur Krise der Dachorganisation.
    Bedeutungslosigkeit sorgt für Sponsorenschwund
    Denn finanziell gab es seitdem massive Einbußen. Das Budget für 2016 beträgt nur noch 1,7 Millionen Euro, gerade mal ein Viertel des Etats von 2014. Ein Teil der Verluste liegt am Rücktritt Vizers, seine persönlichen Kontakte hatten Sponsoren angezogen. Ein anderer Grund ist für Abrahamson die momentane Bedeutungslosigkeit der Organisation:
    "Keiner weiß mehr genau, wofür SportAccord steht. Und keiner weiß, woher das Geld kommen soll. Bei den elementaren Problemen dieser Organisation will kein Sponsor investieren."
    Als Folge des finanziellen Engpasses entließ SportAccord in der zweiten Jahreshälfte 2015 zwei Drittel des Personals, statt 21 arbeiten nur noch sieben Angestellte für die Organisation. SportAccord ist jetzt reif für die Übernahme.