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Sportförderung
Geld erst nach Anti-Doping-Nachweis

In Zukunft müssen Sportverbände Maßnahmen gegen sexualisierte Gewalt installieren, bevor sie Geld vom Bund beantragen können. Nach Dlf-Informationen soll das bald auch im Anti-Doping-Bereich gelten: Gezahlt wird erst nach einem Nachweis, dass die NADA-Regeln eingehalten wurden.

Von Andrea Schültke | 16.12.2017
    Eine Spritze ist vor dem Wort "Doping" zu sehen. Illustration
    Eine Spritze ist vor dem Wort "Doping" zu sehen. Illustration (dpa picture alliance / Patrick Seeger)
    "Sehen Sie, das ist ein schwieriges und wichtiges Thema und ich habe nur 20 Minuten Redezeit. Das muss man dann in Ruhe mal erörtern", sagte Thomas de Maiziere auf Nachfrage des Deutschlandfunks. Sein Staatssekretär Gerhard Böhm erläuterte dann aber doch, was ihm und seinem Minister zu diesem Thema vorschwebt: In Zukunft müssen Verbände Präventionsmaßnahmen gegen sexualisierte Gewalt installieren, bevor sie Geld vom Bund beantragen können. Eine Art Testat zum Schutz der Athletinnen und Athleten. Laut Böhm wolle das Bundesinnenministerim damit zeigen, "dass man von den Zuwendungsnehmern erwartet, dass sie den Nachweis führen, die Satzung entsprechend zu ändern und entsprechend präventive und repressive Strukturen zu schaffen, um diesem Phänomen deutlich entgegenzutreten."
    Weiterentwicklung der Anti-Doping-Berichte
    So will das Bundesinnenministerium ein Signal senden: Kinder- und Jugendschutz ist dem Hauptfinanzier des deutschen Sports ein wichtiges Anliegen. Deshalb: Erst der Nachweis, dann das Geld. Nach Informationen des Deutschlandfunks soll das in Zukunft auch im Anti-Doping-Bereich gelten. Bisher gibt es erst das Geld. Bedingung: Anti-Doping-Regeln müssen eingehalten werden. Bei Verstößen droht Rückforderung.
    "Man könnte sich aber auch vorstellen", sagte Gerhard Böhm, "ein Testat der NADA (Nationale Anti-Doping-Agentur, Anm. d. Red.) einzufordern, dass im Verband und in der Sportart die Regeln eingehalten werden und erst dann die Möglichkeit besteht, einen Antrag zu stellen." Die Idee sei nicht neu, schreibt der Deutsche Olympische Sportbund auf Anfrage und bezeichnet das angedachte "Testat" als Weiterentwicklung der Anti-Doping-Berichte, die die Verbände jährlich vorlegen müssen.
    Bei den Verbänden: Sorge vor noch mehr Formularen
    Erst der Nachweis, dann das Geld - auch in Sachen Anti-Doping. So mancher Verbandsfunktionär hatte von der Idee noch nichts gehört, wollte das ohne genaue Kenntnis der Details auf Anfrage aber auch nicht kommentieren. Eines wurde aber deutlich: Die Sorge vor noch mehr Formularen und noch mehr Bürokratie. Die sei für die Verbände schon jetzt nicht mehr zu bewältigen.
    Der Vorstand der Nationalen Anti-Doping-Agentur, Lars Mortsiefer, kennt und begrüßt die Idee aus dem Bundesinnenministerium: "Das Anliegen ist gut, wir unterstützen das absolut, denn nicht nur für das BMI sondern auch für uns ist ja wichtig, regelmäßig eine Qualitätskontrolle und eine Code Compliance bei den Verbänden durchzuführen."
    Problembewusstsein der Vereine muss geschärft werden
    Bei internationalen Veranstaltungen in Deutschland werde das bereits praktiziert. Ein Verband könne erst dann Mittel beantragen, wenn er die Unbedenklichkeitsbescheinigung vorlege. Dass finanzielle Unterstützung an Vorgaben geknüpft werde, daran seien die Verbände gewöhnt, sagt Michael Scharf. Für den Präsidenten des Modernen Fünfkampfverbandes gehören der Einsatz gegen Doping und Prävention sexualisierter Gewalt zusammen, wenn es um Kinderschutz im Sport geht. Sein Verband werde bestmöglich versuchen, die Vorgaben zu erfüllen:
    "Was nach wie vor offen ist, ist, dass wir hier nur die Spitze vom Eisberg in diesen Themenbereichen bearbeiten, denn der weitaus größte Teil der Athleten befindet sich in Obhut der deutschen Sportvereine und auch in Obhut der Landesverbände. Wenn also Regularien im Spitzenbereich angegangen werden, macht es Sinn, Überlegungen anzustellen, wie diese auch runter an die Basis getragen werden können."
    Damit bestätigt Scharf Ergebnisse der Studie "Safe Sport" unter der Leitung der Sporthochschule Köln. Dort hatte sich gezeigt: Lediglich die Hälfte aller Vereine sieht Prävention sexualisierter Gewalt als relevantes Thema und nur ein Drittel setzt sich aktiv dafür ein. Die Spitzenverbände sind da schon besser aufgestellt: Für 85 Prozent ist Prävention sexualisierter Gewalt ein wichtiges Thema, aber nur knapp die Hälfte tut aktiv etwas dafür.
    Gut denkbar, dass genau diese Zahlen das Bundesinnenministerium zu der Idee gebracht haben: Kinderschutz voranstellen und an Bedingungen knüpfen - erst der Nachweis, dann das Geld.