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Sportpolitik
Entwurf zum Anti-Doping-Gesetz entschärft

In der kommenden Woche will der Bundestag das Anti-Doping-Gesetz verabschieden. Wenn es so kommt, müssen Sportler, die dopen, in Deutschland erstmals den Staatsanwalt fürchten – und Strafen. Kurz vor der Abstimmung wurde das Gesetz aber ein wenig abgeschwächt.

Von Daniel Bouhs | 07.11.2015
    Eine Doping-Spritze
    Der Bundestag will ein Anti-Doping-Gesetz beschließen (picture alliance / dpa / Foto: Patrick Seeger)
    So ist das nun mal, wenn ein neues Gesetz entsteht: Mit seinem Inhalt sind nicht alle einverstanden. Es wirken Kräfte dagegen. Lobbyisten machen sich stark – in diesem Fall der organisierte Sport, also der Deutsche Olympische Sportbund.
    SPD-Politikerin Dagmar Freitag, Vorsitzende des Bundestag-Sportausschusses, berichtet: Sie selbst sei inzwischen offenbar eine so starke Kritikerin des DOSB, dass sie vom Verband keine Anbahnungsversuche mehr erkennen konnte, aber:
    "Ich weiß aber von Kolleginnen und Kollegen auch aus meiner Fraktion, dass es immer noch E-Mails gegeben hat, Gesprächswünsche von Seiten des Deutschen Olympischen Sportbundes. Und nach allem, was ich gehört habe, hat es hinter den Kulissen noch viele Versuche gegeben, zur Schwächung oder zur Verhinderung dieses Gesetzes beizutragen."
    Ein Gesetz, das Doping im Sport unter Strafe stellt, da hat die Szene etwas dagegen. Eberhard Gienger, einst Weltmeister am Reck und nun sportpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, war mit dem DOSB bis zuletzt im Gespräch.
    "Es wurde natürlich bis zum Schluss hin darüber diskutiert, was nun richtig ist und was falsch. Bei der Besitzstrafbarkeit wollte der DOSB, dass dies eben herausgenommen wird. Und meine Argumentation oder unsere Argumentation ist auch die, dass in der Sport-Gerichtsbarkeit diese Besitzstrafbarkeit bereits enthalten ist. Und aus diesem Grunde sehe ich das eigentlich auch nicht für sinnvoll, sie dann aus der Strafgerichtsbarkeit heraus zu lassen."
    Sportler, die mit Dopingmitteln erwischt werden, müssen mit dem avisierten Gesetz also Strafen nicht mehr nur im Sport sondern auch aus dem Strafrecht fürchten. In anderen Punkten hat sich der Sport allerdings durchgesetzt: Der Versuch, an Dopingmittel zu gelangen, wird in diesen Tagen als Tatbestand aus dem Gesetzentwurf gestrichen – so wie es der DOSB gefordert hat. Die Union sorgt für die Änderung.
    Damit wird das Anti-Doping-Gesetz noch kurz vor der Abstimmung im Parlament zumindest ein wenig geschwächt, auch mit einem anderen Punkt: der "tätigen Reue". Athleten sollen einer Strafe entgehen können, wenn sie vom Doping wieder Abstand nehmen, obwohl sie Pillen oder Spritzen schon in der Tasche haben. SPD-Politikerin Freitag zieht hier mit:
    "Persönlich halte ich das nicht für besonders sinnvoll, aber es verschlägt auch nicht viel, weil auch heute schon im Gesetz geregelt ist: Wenn ein potenzieller Straftäter rechtzeitig und unter entsprechender Anzeige von seiner Straftat Abstand nimmt, er dann ohnehin nicht mehr verfolgt wird. Das ist ein Placebo und das habe ich der Union dann auch gönnen können."
    Einige Sportler und auch ihr Spitzenverband bleiben dennoch in Sorge. DOSB-Präsident Alfons Hörmann gibt sich zwar gewohnt diplomatisch und sagt,
    "dass alles, was den konsequenten Anti-Doping-Kampf in Deutschland, Europa und weltweit unterstützt von unserer Seite erst mal grundsätzlich begrüßt wird."
    Hörmann mahnt aber auch, die Bedenken vieler Sportler ernst zu nehmen. Das Risiko am neuen Gesetz: Sperrt der Sport Athleten wegen Dopingverdachts und werden sie dann aber von ordentlichen Gerichten freigesprochen, dann könnten Sportler versuchen, Schadenersatz gelten zu machen.
    "Die Sportler haben zu Recht angemerkt, dass es Konstellationen geben kann, die zu Unklarheit in Zukunft führen. Aber da gilt es ganz einfach: Man muss jetzt mit dem neuen System, mit dem neuen Gesetz vernünftig umgehen, muss sicherlich auch nach geraumer Zeit mal anschauen, was wird daraus. Und deshalb wird – so hoffen wir – auch unser Vorschlag aufgenommen, dass es eine Evaluierung geben muss und geben soll."
    Tatsächlich: Und das ist die kurzfristige Änderung Nummer drei, die über die Union am Gesetzesentwurf vorgenommen wird.
    "Sollte es tatsächlich so sein – wovon wir jetzt erst einmal nicht ausgehen –, dass hier Fehler enthalten sind, die vielleicht zum Nachteil der Sportler oder des gesamten Systems gereichen, dafür haben wir die Evaluierung, die dann nach drei Jahren durchgeführt werden soll",
    erklärt Unionspolitiker Gienger. Am Mittwoch will sich der Sportausschuss noch mal mit den Änderungen befassen. Die Opposition zieht vermutlich nicht mit. Bei den Sportpolitikern der Grünen heißt es, das Gesetz kriminalisiere Athleten, nicht das System. Man lehnte das Anti-Doping-Gesetz in dieser Form ab.
    Voraussichtlich am Freitag wird der Bundestag über das Gesetz abstimmen. Eine Mehrheit gilt als sicher.