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Sprechende Dohlenaugen

Ethologie. - Kaledonische Dohlen gehören zu den intelligentesten Tieren überhaupt. Verhaltensforscher an der Universität Oxford haben jetzt herausgefunden, dass Dohlenpaare sich sogar durch Blicke verständigen können.

Von Volkart Wildermuth | 21.08.2009
    Kaum betritt Auguste von Bayern die große Voliere, fliegt auch schon eine Dohle auf ihre Schulter. Schon als Kind hat die Biologin Dohlen im Schloss ihrer Eltern aufgezogen, inzwischen studiert sie das Verhalten dieser Krähenvögel an der Universität Oxford. Dohlen unterschieden sich von den anderen Vertretern dieser Gruppe, von den Raben, Hähern, Elstern.

    "Dohlen haben sehr helle Augen. Das fällt wirklich auf. Sie haben ein schwarzes Gesicht mit weißen Augen oder hellblauen Augen, sie haben eine ziemlich starke Augenbewegung und ein sehr weites binokulares Feld also sie können mit beiden Augen nach vorne schauen so ähnlich wie wir Menschen. Man kann bei ihnen relativ gut sehen, wo sie hinschauen."

    Das ist ungewöhnlich, die meisten Tiere überhaupt haben dagegen dunkle Augen, in denen die Pupille nicht auffällt. Sie verbergen, wohin sie blicken, wofür sie sich interessieren. Nur das hypersoziale Tier Menschen koordiniert sein Gemeinschaftsleben auch mit Blicken. Und vielleicht auch die Dohlen. Wohin Doli schaut, ist jedenfalls klar. Auguste von Bayern hält eine Made in der Hand. Doli zupft ihr auffordernd am Ohr und bekommt natürlich ihre Begrüßungsgabe. Doch ansonsten gibt es die Leckereien nicht frei Haus, die Vögel müssen sie sich in Experimenten verdienen. In einem stand die Schale mit den Maden direkt neben einem fremden Menschen. Dohlen sind in solchen Situationen sehr vorsichtig, trauen sich nicht heran. Sobald der Mensch aber den Blick abwendet, ergreifen sie clever ihre Chance, schnappen sich den Leckerbissen. Menschliche Blicke interpretieren, das können sonst nur einige Hunde. Die Fähigkeit ist ihnen angeboren, eine Dreingabe der Evolution aus der langen gemeinsamen Geschichte von Hund und Mensch. Das Augen-Gespür der Dohlen muss dagegen in ihrem eigenen Sozialleben begründet sein, vermutet Auguste von Bayern.

    "Dohlen haben einen Partner fürs Leben sozusagen, und die Kommunikation mit dem Partner ist essenziell für das Überleben, und da kann es vielleicht sein, dass subtile Signale, wo die hin schauen, viel wichtiger sind. Sich gegenseitig Sachen zeigen und bemerken oder um sich zu koordinieren, zu wissen, wo der andere jetzt gerade hinschaut im Nahbereich voneinander."

    Dohlenpaare sind tatsächlich in der Lage, verdeckt zu kommunizieren. Das zeigt ein Experiment. Zwei Vögel sitzen sich gegenüber. Der eine kann sehen, in welchem von zwei Bechern das Futter ist. Die zweite Dohle muss dagegen raten, oder sie achtet auf die subtilen Blicke des ersten Vogels. Von Bayern:

    "Wenn dieser Vogel der Partner war, hatte er viel eher das Futter entdecken können, weil er irgendwelche Signale von dem anderen anscheinend wahrgenommen hat. Wenn es nicht der Partner war, dann haben sie das Futter auch nicht so schnell gefunden."

    Offenbar zeigen die hellblauen Augen der ersten Dohlen, der zweiten an, wo der Leckerbissen versteckt ist. Aber eben nur der Partnerin. Fremde Dohlen müssen selber sehen, wie sie klar kommen. Dohlen sprechen mit den Augen, sie können einander Signale geben. Nicht öffentlich, sondern gezielt in der Partnerschaft. "Ich schau Dir in die Augen, Kleines" sagt Humphrey Bogart in Casablanca zu Ingrid Bergman. Die Worte können Dohlen können nicht verstehen, seinen Blick dagegen vielleicht schon.

    Hinweis: Zum Thema Intelligenz bei Vögeln sendet der Deutschlandfunk am Sonntag, 23. August, 16:30 Uhr, in der Sendung "Wissenschaft im Brennpunkt" das Feature Von wegen Spatzenhirn.