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Staatshilfe gegen Doping?

In England, Italien oder Frankreich gibt es ein Anti-Doping-Gesetz, in Deutschland nicht. Nicht erst seit den Enthüllungen durch die Studie über das Doping in Deutschland mehren sich Stimmen, die den Staat zur Mithilfe im Anti-Doping-Kampf aufforden. Denn nur so könnten Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden.

Von Philipp May | 18.08.2013
    Jan Ullrich: "Ich habe nie jemanden betrogen […] und das ist ganz groß."

    Lance Armstrong: "I have never doped."

    Und Ex-Sprint Olympiasiegerin Marion Jones: "I have betrayed your trust."

    Drei der prominentesten Dopingfälle der letzten Jahre: Doch offiziell positiv getestet wurden sie nie. Staatsanwaltliche Ermittlungen in den USA brachten Armstrong und Jones zu Fall, Ullrich wurde dagegen die Operacion Puerto der spanischen Polizei zum Verhängnis. In Deutschland wären sie dagegen wohl davongekommen, denn – anders als in den meisten europäischen Nachbarländern – gibt es hier kein Anti-Doping-Gesetz. Ein Fehler, glauben viele Experten wie der Mainzer Dopingforscher Prof. Perikles Simon.

    "Man muss auch die Gesetzeslage in Deutschland haben, wo man Dopingdelikte ähnlich wie Rauschgiftdelikte verfolgen kann."

    Ein Gesetz, das Doper unter Strafe stellt…

    "Das begrüße ich sehr, ich begrüße auch härtere Strafen","

    ...sagt Diskuswurf-Olympiasieger Robert Harting. Doch so ein Gesetz wäre auch das Ende der Selbstverwaltung des Sports. Der Deutsche Olympische Sportbund, angeführt von Präsident Thomas Bach, wehrt sich dagegen seit Jahren mit Erfolg. Er stehe für einen strikten Anti-Doping-Kampf, betont Bach. Doch er sei der Meinung,

    ""...dass dieser Punkt den Kampf gegen Doping nicht stärken, sondern schwächen würde. Und das heißt, dass der Sport am schnellsten und härtesten den Athleten bestrafen kann. Das ist unbestritten, denn zwei Jahre Berufsverbot, das kann nur das Sportrecht."

    Mit dieser Ansicht weiß Bach die große Mehrheit der Verbände und die schwarz-gelbe Bundesregierung hinter sich. Doch seit der Veröffentlichung der Studie zum Doping in Deutschland beginnt die Allianz des DOSB-Chefs zu bröckeln. Zu offensichtlich ist das Dopingproblem. Der Sport allein ist damit überfordert, glauben Bachs prominente Vorgänger: der langjährige Chef des Nationalen Olympischen Komitees, Walther Tröger und der Ex-Präsident des Deutschen Sportbundes, Manfred von Richthofen.

    "Ich habe da auch eine Position vertreten, die heute nicht mehr haltbar ist. Es müssen sportgesetzliche Regelungen des Staates greifen."

    Zuspruch für ein Anti-Doping-Gesetz kommt auf einmal auch aus dem deutschen Fußball, der durch die Veröffentlichung der Doping-Studie auf einmal selbst am Pranger steht. Er halte das für sinnvoll, ließ Liga-Chef Reinhard Rauball, selbst Jurist, in dieser Woche wissen.

    Und auch in der Regierungskoalition tut sich was. CSU-Chef Horst Seehofer signalisierte nun erstmals Unterstützung für seine Justizministerin in Bayern, Beate Merk, die seit Jahren allein auf weiter Flur für schärfere Gesetze kämpft.

    "Es kann nicht sein, dass nur das Umfeld des Sportlers bestraft wird, und der Sportler, der letztlich aus seinen Gewinnen auch lukrative Vorteile zieht, der bleibt außen vor."

    Kanzlerin Merkel schweigt dagegen. Derzeit gebe es in der Bundesregierung keine Bestrebungen, das Gesetz zu ändern, heißt es. Einen neuen Fall Jan Ullrich…

    "Ich habe nie jemanden betrogen […] und das ist ganz groß."

    …zu Fall gebracht von deutschen Behörden wird wohl vorerst nicht geben.