Mittwoch, 24. April 2024

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Staatsrechtler Hillgruber
"Bundesrepublik Deutschland ist kein Failed State"

Aus Sicht des Rechtswissenschaftlers Christian Hillgruber ist es fahrlässig, derzeit von einem Staatsversagen Deutschlands zu sprechen. Viele staatliche Organe funktionierten tadellos, sagte der Staatsrechtler im DLF. Doch es könne schon infrage gestellt werden, ob die Regierungen von Bund und Ländern partiell ihre Aufgaben nicht so wahrgenommen hätten, wie sie es hätten tun müssen.

Christian Hillgruber im Gespräch mit Michael Köhler | 07.02.2016
    Horst Seehofer, Angela Merkel und Sigmar Gabriel stehen im Kanzleramt vor einer blauen Wand mit dem Bundesadler.
    Die Spitzen der Regierungskoalition Seehofer, Merkel und Gabriel (v.l.) (dpa / Bernd von Jutrczenka)
    Wenn gegenwärtig von einem Rechtsbruch durch die Regierungspolitik gesprochen werde, so der Staatsrechtler Christian Hillgruber, dann gehe es um folgende zentrale Frage: "Ist des zulässig, dass wir gegenwärtig an der Grenze zu Österreich alle, die um Schutz nachsuchen, einreisen lassen? Oder müssten wir ihnen in Wahrheit die Einreise verweigern?"
    "Das Selbsteintrittsrecht ist ausdrücklich vorgesehen - in der Dublin-III-Verordnung", sagte der Staatsrechtler. Davon habe die Bundesrepublik im letzen Jahr Gebrauch gemacht. Was man in diesem Zusammenhang nicht tun dürfe, so der Staatsrechtler, sei ohne Abgrenzung des Personenkreises einer unbestimmten Vielzahl von Drittstaatsangehörigen Aufnahme und Schutz zu geben. Er bezeichnete es als "grob fahrlässig", Flüchtlinge unregistriert ins Land zu lassen.
    Die Kanzlerin und die Bundesregierung seien demokratisch legitimiert, erklärte Hillgruber. "Allerdings bedeutet Demokratie Mehrheitsherrschaft in den Grenzen des Rechts. Und deshalb muss sich auch die demokratisch legitimierte Regierung den Einwand gefallen lassen, dass ihre demokratisch legitimierte Politik hier möglicherweise an die Grenzen des Rechts stößt."
    Die Kulturfragen mit dem Staatsrechtler Christian Hillgruber können Sie mindestens sechs Monate nachhören.