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Stadt Heerlen will ins Drogengeschäft einsteigen

Die niederländische Stadt Heerlen möchte bald selbst Cannabis anbauen und verkaufen. Hintergrund ist, dass der Verkauf von Cannabis in den Niederlanden zwar erlaubt ist, die Coffeeshops die Droge jedoch bisher aus illegalen Quellen beziehen müssen.

Von Monika Schneiders | 11.04.2013
    Es herrscht reger Betrieb in diesem Coffeeshop in Heerlen. Ein süßlicher Duft zieht durch den Raum. Er kommt von den Tischen, an denen Männer und Frauen sitzen und genüsslich an Joints ziehen. Das ist hier ganz normal. Denn in niederländischen Coffeeshops sind Verkauf und Konsum geringer Mengen weicher Drogen wie Haschisch und Marihuana erlaubt.

    Was aber ganz legal in kleinen Tütchen über den Tresen geht, kommt aus dubiosen Quellen. Denn der Anbau von Cannabis ist in den Niederlanden verboten. Das bringe die Betreiber der Coffeeshops in große Schwierigkeiten, sagt Jordy Clemens. Er ist Mitglied der Sozialistischen Partei in Heerlen und sitzt im Stadtrat:

    "Die Coffeeshopbesitzer sind praktisch gezwungen, mit Kriminellen Handel zu treiben. Sie haben keine Alternative, denn man kann Hanf nur illegal kaufen."

    Das soll sich ändern. Deshalb haben Jordy Clemens und seine Partei einen Vorstoß gemacht, dem der Stadtrat mit großer Mehrheit gefolgt ist: Die Kommune Heerlen soll künftig selbst Cannabis anbauen und verkaufen.

    Das würde die Stadt sogar ein wenig sicherer machen, meint Jordy Clemens. Denn Hanfplantagen sind nicht ungefährlich. Hunderte, manchmal sogar Tausende Cannabispflanzen stehen in Schuppen und Kellern, auf Speichern und in Wohnungen. Die Plantagen müssen beleuchtet, bewässert und belüftet werden.

    Der Stromverbrauch ist hoch. Und meist wird der Strom von anderen Leitungen mit abenteuerlichen Verkabelungen abgezapft. Überhitzung und Kurzschlüsse sind dabei nicht selten, die ganze Konstruktion gerät schnell in Brand. Das führe immer wieder zu lebensgefährlichen Situationen, erzählt Jordy Clemens:

    "Bei einer Plantage gab es zum Beispiel nur eine Gardine zwischen Hanfpflanzen und Kinderzimmer. In einem anderen Haus musste eine Familie mit zwei Kindern ins Krankenhaus gebracht werden mit Verdacht auf Kohlenmonoxidvergiftung – wegen des Brands einer Hanfplantage."

    Wer verbotenerweise Hanf anbaut, bringt sich aber nicht nur durch Kabelbrände in Gefahr, er gerät auch schnell auf die schiefe Bahn. Denn der Markt sei heiß umkämpft, betont Heerlens Bürgermeister Paul Depla:

    "Man weiß, dass sehr viele kriminelle Organisationen hinter der Produktion der Drogen stecken. Und die sind inzwischen überall. Das führt dazu, dass die Menschen, die einmal Hanf angebaut haben, um damit mal schnell Geld zu verdienen, unweigerlich mit dem ganzen kriminellen Umfeld in Berührung kommen. Und da kommen sie so schnell nicht wieder 'raus."

    Hanfanbau ist lukrativ. Ein Kilo Cannabis bringt je nach Qualität mehrere Tausend Euro. Paul Depla:

    "Wenn man den Kriminellen den Markt überlässt, dann hat man keine Kontrolle. Man weiß jedoch, dass damit sehr viel Geld verdient wird. Und zwar durch die falschen Leute."

    Dieses Geld will die Stadt Heerlen gerne selbst verdienen. Mit den zu erwartenden Einnahmen in Millionenhöhe könnten Programme zur Suchtvorbeugung finanziert werden, meinen die Heerlener Politiker.
    Solche Überlegungen stehen allerdings noch am Anfang. Erst einmal muss die Stadt untersuchen, wie der Drogenanbau in öffentlicher Hand überhaupt funktionieren kann.

    Gewisse Erfahrungswerte gibt es immerhin schon. Cannabis wird in den Niederlanden ganz offiziell angebaut – allerdings vom Staat und nur für medizinische Zwecke. Alles andere hat das Kabinett in Den Haag jedoch bisher immer abgelehnt mit Hinweis auf internationale Abkommen.
    Daran hat sich im Prinzip auch nichts geändert. Allerdings scheint die harte Haltung aufzuweichen. Denn kürzlich hat der niederländische Justizminister die Städte förmlich ermuntert, Pilotprojekte für den städtischen Drogenanbau auf den Weg zu bringen.

    Der Antrag der Stadt Heerlen liegt jetzt im Ministerium – zusammen mit anderen. Auch Städte wie Roermond und Maastricht wollen legal Drogen anbauen. Ob und wann das tatsächlich möglich sein wird, weiß noch niemand. Heerlens Bürgermeister Paul Depla ist aber optimistisch:

    "Das wird noch dauern, es sind noch viele Gespräche nötig. Aber das Wichtigste ist, dass wir miteinander sprechen. Wenn wir weiter auf der einen Seite den Konsum der Drogen legalisieren, aber andererseits keinen Einfluss auf die Produktion haben, dann ist das schlecht für die Gesellschaft, das ist schlecht für die Menschen. Und letztlich ist das auch schlecht für die Glaubwürdigkeit der Regierung."