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Stahl- und Elektrobeats
Sällskapet: die Vision von Europa aus schwedischer Sicht

Europa steht von vielen Seiten unter Beschuss. Nicht nur die Politik macht sich Gedanken um Zusammenhalt, auch die Kulturszene nimmt die unterschiedlichen Strömungen auf und vermischt sie zu etwas Neuem. So auch das Bandprojekt Sällskapet aus Schweden zusammen mit der deutschen Chanteuse Andrea Schroeder.

Von Andreas Zimmer | 17.03.2018
    Doppelporträt: Die Musiker Niklas Hellberg links und Pelle Ossler rechts
    Sällskarpet (Pelle Ossler)
    Sällskapet ist ein schwedisches Trio und existiert immerhin schon seit 2003. Gegründet von drei Soundtüftlern und Avantgarde-Alternative Musikern um Joakim Thåström. Immerhin erschienen bisher zwei Alben, wenn auch mit großem zeitlichen Abstand.
    Auf der Suche nach dem Sound Europas
    Dennoch waren und sind Sällskapet nur mehr ein ambitioniertes Projekt, das jetzt ohne Joakim auskommen muss. Darauf macht Gitarrist Pelle Ossler aufmerksam: "Eigentlich war es von Beginn an keine Band. Mehr ein experimentelles Projekt: Drei Musiker, die versuchen, dem Sound Europas nachzuspüren. Zwei Alben lang ging das gut. Für die neue CD hatte er dann keine Zeit mehr, weil er an seinem eigenen Album arbeiten wollte."
    Doch auch ohne Thåström blieb das gemeinsame Ziel von Sällskapet unverändert: Die Umsetzung der gemeinsamen Vision von "europäischer Musik". Ursprünglich einmal mit vielen internationalen Texten zur schwedischen Musik. Doch dann kam alles ganz anders, erinnert sich Niklas Hellberg an den Einstieg von Andrea Schroeder.
    "Wir hatten immer Gastsänger fürs Album im Kopf. Ursprünglich sogar auch aus mehreren Ländern. Italien und Frankreich beispielsweise um unsere europäische Idee greifbar zu machen. Aber dann kam Andrea, fügte ihre Stimme hinzu und das erste Stück klang sooo gut. Ruckzuck waren sieben, acht Songs fertig."
    Die Berliner Sängerin Andrea Schröder im Studio am Mikrofon
    Berliner Sängerin Andrea Schröder (Pelle Ossler)
    Die Wahlberlinerin Andrea Schroeder hatte die beiden verbliebenen Musiker von Sällskapet durch ihren dunkel-mysteriös wirkenden Gesangsstil sofort überzeugt und wurde als Gastsängerin für "Dispartition" eingeladen. Darüber hinaus durfte und sollte sie alle Texte für die bereits fertigen Songs schreiben. Ohne Vorgabe, von was die Stücke handeln. Etwas ungewohnt für Andrea, die sich dann allein von der Musik deren Geschichten erzählen ließ.
    "Ich war sehr treu zum Werk. Ich hab die Songs gehört und geschaut, was mir in den Kopf kommt dazu. Das waren viele Dinge über die Zeit. Also mal stand der Song still, dann trieb er voran. Mal war es eher ein Rückblick oder unruhig. Und daraufhin habe ich die Texte geschrieben. Passend zu den existierenden Melodien, die genau so abgebildet werden sollten.
    Post-Industrial meets Marlene Dietrich
    Herausgekommen ist eine dunkel-faszinierende Musik-Mischung aus Post-Industrial meets Marlene Dietrich. Ganz klar zeichnen Ossler und Hellberg ihre Vision von Europa in Stahl- und Elektro-Beats. Technisiert. Geplant. Kopfgesteuert. Dazu dann – um der klaren und technokratischen Aussage der Musik einen Teil der Schärfe zu nehmen, das warme und verrucht anmutende Timbre von Andrea Schroeders Stimme. Ein perfekter Soundtrack für eine Neuvertonung von Fritz Lang Filmklassiker "Metropolis"
    Behalten wir im Auge, dass trotz deutscher Texte das Projekt Sällskapet aus Schweden kommt und mit entsprechender Perspektive unsere Sprache und das Land beurteilt. So sei Deutschland ein sehr gewichtiger Aspekt Europas. Von daher passe die Sprache sehr gut zum Konzept. Laut Niklas.
    "Ich finde wirklich, das deutsch der Musik noch eine weitere Ecke hinzufügt. Das tut uns richtig gut. Nicht nur immer das allgegenwärtige Englisch. Das funktioniert in unseren Augen nicht."Ein Problem beinhaltet das Sällskapet-Grundkonzept dann aber doch. Schließlich gab es noch niemals Live-konzerte. Das könnte sich jetzt aber möglicherweise doch ändern, denn man habe ergebnisoffen geprobt. Hinter verschlossenen Türen. Sichtbar geworden in den Videos zu einigen Songs. Gitarrenmann Pelle hält nun alles für möglich. Sofern es sich rechnet.
    "Wir wollen es klein halten. Dann ist es einfacher umzusetzen. Also haben wir das ausprobiert. Ohne zu wissen was dabei herauskommt. Es hat toll geklungen. Niklas‘ Maschinen, meine Gitarre und Andrea‘s Gesang – mehr braucht es nicht. Wir können live spielen. Also mal sehen, was sich entwickelt."