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Stallüberwachung
Hightech fürs Schweineohr

Bei der heutigen Tierzucht setzt man auf Masse. Schweine zum Beispiel werden in Mastanlagen für mehrere Tausend Tiere gehalten. Da ist es wichtig, den Überblick zu behalten. Forscher der Universität Hohenheim haben dafür eine neuartige Ohrmarke für Schweine und Kühe entwickelt. Sie orientieren sich dabei an einer Technologie aus der Logistik.

Von Piotr Heller | 01.10.2015
    Schweine in der Massentierhaltung
    Irgendwann sollen Transponder in der Tierhaltung zum Einsatz kommen. Sie sind für Ohrmarken von Schweinen oder Kühen vorgesehen. (imago)
    In einer Versuchshalle der Universität Hohenheim im Süden Stuttgarts ist ein quadratischer Bereich mit Holzleisten abgesteckt. Er ist dreieinhalb Mal dreieinhalb Meter groß und in ihm fährt auf zwei Schienen eine Säule aus Kunststoff umher. Das Spannende an dem Aufbau ist eine kleine gelbe Marke auf der Säule. In ihr befindet sich ein Transponder. Von einem Lesegerät, das am Rand dieses Prüfstandes steht, erhält er ein elektromagnetisches Signal und sendet wiederum ein Signal zurück. So erkennt das Lesegerät den Transponder.
    "Was man testen kann in diesem Prüfstand, ist, in wie fern sich das optimale Lesefeld des Transponders ausrichtet. Wir haben das in der Simulation schon mal gemacht und hier ist der Praxistest. Wir haben Versuche gemacht mit Schweineohren: Wie verhält sich der Transponder am Schweineohr auf dem Prüfstand? Wir haben Versuche gemach mit Lappen, die in einer NaCl Lösung getränkt waren, um Körperflüssigkeiten darzustellen."
    Erklärt Nora Hammer. Irgendwann sollen die Transponder in der Tierhaltung zum Einsatz kommen. Sie sind für Ohrmarken von Schweinen oder Kühen vorgesehen. Die Lesegeräte würden an bestimmten Orten im Stall stehen, die Ohrmarken erkennen und so messen, wo sich die Tiere befinden.
    "Um dem Landwirt zu erleichtern, festzustellen: Ist ein Tier krank? Verhält sich das Tier normal? Geht es regelmäßig zum Futter? Geht es regelmäßig zur Tränke? Nutzen die die Spielgeräte, die angebracht sind? Alles Fragen, die auch für den Landwirt wichtig sind. "
    Transponder sollen in der Massentierhaltung eingesetzt werden
    In der modernen Landwirtschaft gibt es bereits Ohrmarken, mit denen man Tiere automatisch erkennen kann. Doch sie haben einen Nachteil: Sie funken mit relativ niedrigen Frequenzen. Dadurch können die Lesegeräte immer nur eine Ohrmarke gleichzeitig anpeilen. Das reicht, wenn man zum Beispiel Milchkühe mit speziellen Maschinen individuell füttern oder melken will. Mastschweine hingegen werden in Gruppen von 40 Tieren gehalten - in manchen Betrieben sind es sogar deutlich mehr. Um die alle gleichzeitig zu erfassen, braucht man Ultrahochfrequenztechnik. In der Logistik ist die Methode etabliert, mit ihr lassen sich mehrere Transponder auf einmal erkennen. Doch im Stall stößt die Technik an ihre Grenzen.
    "Desto höher die Frequenz ist, desto mehr Probleme ergeben sich, wenn wir Wasser oder Metall in der Umgebung haben."
    Wenn Nora Hammer von Wasser spricht, meint sie die Gewebeflüssigkeit in den Ohren der Schweine. Mehr als drei Jahre lang hat sie mit Kollegen von der Universität und Firmen an der Lösung solcher Herausforderungen gebreitet.
    "Wir versuchen, möglichst viel Abstand von dem Ohrgewebe, wo ja Wasser drin ist, zu halten. Das kann man machen, indem man verschiedene Folien benutzt, auf denen der Transponder aufgebracht wird, in der Ohrmarke. Oder Abstandhalter in die Ohrmarke integriert, sodass der Transponder nicht unmittelbar am Tierohr ist und dass der Einfluss dadurch geringer wird."
    Drei Jahre Forschungsarbeit
    Mittlerweile erkennen die Transponder und Lesegeräte Schweine im Stall so gut wie fehlerfrei. Nun soll noch eine Software entwickelt werden, die erkennt, wenn ein Tier sich nicht normal verhält, also etwa nicht zum Futter geht. Und die Haltbarkeit der Ohrmarken muss besser werden. Ein Problem dabei ist, dass die Tiere manchmal in die Marken beißen.
    "Und sobald der Chip, der sich in diesem Transponder befinden, so einen richtigen Schweinezahn gefühlt hat, funktioniert der nicht mehr so gut. Deswegen versuchen wir das jetzt mit unterschiedlichen Positionen des Transponders in der Ohrmarke, das zu verhindern, dass sie gleich in die sensible Stelle des Transponder beißen."
    Wenn das gelöst ist, könnten die Ohrmarken in großen Mastbetrieben zum Einsatz kommen. Dort würden sie den Landwirten helfen, den Überblick über die Tiere zu behalten.