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Stammzellen im Schutzmantel

Medizin. - Stammzellen zählen zu den Hoffnungsträgern der Medizin, doch als Therapie bringen sie auch ein Risiko mit sich: Sie sind sehr teilungsfreudig und deshalb tumorgefährdet. Eine Biotechnologie-Firma aus San Diego hat deshalb einen Schutzmantel für Therapiestammzellen zum Patent angemeldet.

Von Michael Lange | 09.07.2009
    "So here is a pancreatic graft. From our stem cells."

    Emmanuel Baetge, Forschungschef der kalifornischen Biotechnologie-Firma Novocell erscheint regelrecht begeistert beim Blick durch das Mikroskop.

    "Little baby pancreas made by human embryonic stem cells."

    Zu sehen ist nicht mehr als ein Zellhaufen. Emmanuel Baetge nennt ihn "Baby-Bauchspeicheldrüse – entstanden aus menschlichen embryonalen Stammzellen". Es handelt sich um insulinbildende Zellen. Genau das, was viele Diabetes-Patienten brauchen. Baetge:

    "All die Versprechungen und Hoffnungen, die Stammzellen hervorgerufen haben, können nun nach und nach Wirklichkeit werden."

    Dabei mussten die Stammzellenforscher der Firma Novocell aus San Diego, so wie viele ihrer Kollegen, reichlich Rückschläge hinnehmen. Sie mussten die embryonalen Stammzellen weiterzüchten und verändern, um aus ihnen insulinbildende Zellen der Bauchspeicheldrüse zu machen. Und sie mussten einen Schutzmantel konstruieren. Er soll verhindern, dass das körpereigene Immunsystem der Patienten über die insulinbildenden Zellen herfällt. Gleichzeitig soll er durchlässig sein für das Insulin, das die Zellen produzieren. Außerdem schützt diese Hülle den Patienten vor den Zellen. Für Emmanuel Baetge ist das die ideale Lösung für mehrere Probleme der Stammzellenmedizin.

    "Meiner Ansicht nach brauchen wir pluripotente Zellen, die sich zu verschiedenen Geweben entwickeln können, und wir brauchen eine umhüllende Kapsel. Die muss die Zellen vor dem Immunsystem des Empfängers abschirmen. Deshalb können wir auf Medikamente verzichten, die das Immunsystem unterdrücken. Außerdem gelangen die Zellen nicht direkt mit dem Körper in Kontakt. Sollte aber die Kapsel irgendwie zerstört werden, würden die Zellen durch ein gesundes, nicht unterdrücktes Immunsystem einfach abgestoßen."

    Die Forscher hatten verschiedene Hüll-Materialien ausprobiert. Letztlich fiel die Wahl auf ein so genanntes Hydro-Gel. Die Zellen werden in zähflüssiges Polyethylenglykol getaucht. Gekoppelt daran ist ein Farbstoff. Dann wird das ganze mit einem Laser bestrahlt. Der Farbstoff reagiert, und das führt dazu, dass sich das Polyethylengykol verfestigt. Die Zellen sind nun eingepackt in ein festes Gel und können verpflanzt werden. Die Forscher aus San Diego haben ihr Verfahren kürzlich zum Patent angemeldet. An Mäusen haben sie es bereits mehrfach ausprobiert.

    "Wir glauben, dass wir nun ein Konzept für ein fertiges Produkt haben. Wir können demnächst mit der Herstellung beginnen. Wir haben zeigen können, dass das Konzept absolut sicher ist und dass alles funktioniert, ohne dass das Immunsystem unterdrückt werden muss."

    Nun müssen die Forscher einen Antrag für die US-Zulassungsbehörde schreiben. Und wenn alles nach Plan verläuft, können in zwei Jahren die ersten Diabetes-Patienten verhüllte Pankreaszellen aus embryonalen Stammzellen erhalten. Zunächst nur innerhalb einer klinischen Studie. Dann muss sich zeigen, ob das was im Labor so hoffnungsvoll begonnen hat, den Patienten wirklich hilft.