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Steinhoff-Konzern
Möbelriese unter Verdacht

Der Steinhoff-Konzern ist der weltweit zweitgrößte Möbelhändler - nach Ikea. In Deutschland ist vor allem die Konzern-Marke Poco bekannt. Jetzt ist das Unternehmen in Turbulenzen geraten, die Steinhoff-Aktien verloren um mehr als 80 Prozent an Wert. Grund sind Manipulationsvorwürfe gegen das Management.

Von Katja Scherer | 07.12.2017
    Das Logo der Möbelmarkt-Kette Conforama in Paris
    Der Steinhoff-Konzern unterhält in Frankreich die Möbelmarkt-Kette Conforama ( ERIC PIERMONT / AFP)
    Außerhalb der Branche ist der Konzern kaum bekannt. In der Branche selbst aber kennt den Namen Steinhoff jeder. Denn der Konzern hat in den vergangenen Jahrzehnten einen rasanten Aufstieg hingelegt: Rund 120.000 Mitarbeiter arbeiten derzeit für das Unternehmen, weltweit betreibt Steinhoff mehr als 10.000 Läden; vor allem in den USA, Europa und Afrika. In Deutschland ist vor allem die Konzern-Marke Poco bekannt, die mit der Werbeikone Daniela Katzenberger wirbt:
    "Das hier? Das ist mein Lieblingsgeschäft. Da krieg ich alles, was mein Herz begehrt!"
    Dem Handelskonzern gehören über 40 Handelsketten
    Die Anfänge des Unternehmens liegen in Westerstede, einem kleinen Ort bei Bremen. Dort gründete Bruno Steinhoff 1965 in einer Garage ein Möbelimportgeschäft und importierte billige Möbel aus der DDR in den Westen. Als nach der Wende sein Geschäft wegzubrechen drohte, kaufte er pleitegefährdete Fabriken in der ehemaligen DDR und Osteuropa auf und wurde selbst zum Produzenten. Damals galt Steinhoff noch als erfolgreicher, aber unauffälliger Mittelständler. Das änderte sich, als sich der Konzern in den 90er-Jahren mit dem südafrikanischen Hersteller GommaGomma zusammenschloss und kurz danach an die südafrikanische Börse ging. Seitdem ist das Unternehmen rasant gewachsen, sagt Analyst Tobias Adler von der Oddo Seydler Bank:
    "Das Unternehmen Steinhoff International Holding ist in den letzten Jahren relativ stark gewachsen. Vor allem auch durch Übernahmen. Was natürlich meistens dazu führt, sage ich mal, dass das Unternehmen auch sehr, sehr gut liefert an Zahlen – also das, was der Kapitalmarkt gerne sehen möchte. Die prominenteste Marke, die wir in Deutschland kennen, ist die Poco. Also Steinhoff als kompletter Konzern wird eigentlich als der Gegenspieler von Ikea gesehen."
    Inzwischen gehören dem Handelskonzern über 40 verschiedene Handelsketten. Darunter der amerikanische Bettenhändler Mattress, der australische Wohnspezialist Freedom und eben Poco in Deutschland. Der Konzern gilt als Nummer zwei weltweit hinter Ikea – nur dass der schwedische Händler ungleich bekannter ist.
    Mögliche Fälle von Insiderhandel werden geprüft
    In den vergangenen Jahren hat sich das Unternehmen zunehmend wieder nach Europa orientiert. Ende 2015 verlagerte der Konzern seine Hauptnotierung an der Börse von Johannesburg nach Frankfurt. Schon damals gab es erste Probleme: Steuerfahnder führten eine Razzia in den Räumlichkeiten des Konzerns durch, wegen des Verdachts auf Steuerfälschung. Analyst Tobias Adler haben die Nachrichten aus dieser Woche dennoch überrascht:
    "Wir verfolgen das Unternehmen, seitdem es in Deutschland an der Börse notiert ist. Das, was da per Ad-Hoc-Meldung verkündet worden ist, hat den Markt auch auf dem falschen Fuß erwischt."
    Eigentlich wollte Steinhoff am Mittwoch seine Zahlen für das Ende September abgelaufene Geschäftsjahr vorlegen. Das wurde nun jedoch auf unbestimmte Zeit verschoben. Dazu kommen weitere Probleme: Der Steinhoff-Konzern steckt in einem komplizierten Rechtsstreit mit einem österreichischen Möbelhändler und am Dienstag gab die südafrikanische Finanzaufsicht bekannt, dass sie mögliche Fälle von Insiderhandel mit Aktien verschiedener Unternehmen prüft, darunter die von Steinhoff. Analyst Adler sagt dazu:
    "Es ist natürlich so, meines Wissens sind mittlerweile schon Ermittlungen eingeleitet worden. Es ist natürlich die Frage, was das Ergebnis dieser Ermittlungen sein wird. Man muss sagen, mit so einer Meldung wird Vertrauen beschädigt. Man muss einfach abwarten, was die Ermittlungen wirklich bringen und was dann auch mit dem Konzern passiert."
    Bleibt zu hoffen, dass nach dem rasanten Aufstieg der Firmengruppe nicht bald der tiefe Fall folgt.