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Steinmeier in Israel
Schwierige Mission

Knapp zwei Wochen nach dem Eklat um das Treffen von Außenminister Sigmar Gabriel mit Nichtregierungsorganisationen reist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Israel. Gespräche mit Breaking the Silence, Peace Now und Betselem sind diesmal nicht geplant. Denn Steinmeier will mit seinem Besuch vor allem eines: die Balance wieder herstellen.

Von Jasper Barenberg | 06.05.2017
    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Grünen.
    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reist erstmals nach seinem Amtsantritt nach Israel und trifft sich dort mit Regierungsvertretern. (dpa/Matthias Balk)
    Erschienen ist der offene Brief in der israelischen Zeitung "Haaretz". Adressiert ist er an Bundeskanzlerin Angela Merkel und an Außenminister Sigmar Gabriel. Aber man wird ihn auch im Präsidialamt aufmerksam gelesen haben – so kurz, bevor Frank-Walter Steinmeier zu seinem ersten Besuch nach Israel und in die palästinensischen Gebiete aufbricht.
    "Wir sind eine Gruppe von Israelis, die tief besorgt über die Zukunft unseres Landes sind", schreiben da 20 bekannte Wissenschaftler, Künstler, Politiker und Diplomaten. Um beiden dann ihre "tiefe Dankbarkeit" auszudrücken. Dafür, dass sich Gabriel bei seinem Besuch vor zehn Tagen dem Ultimatum von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verweigert habe. Dafür, dass der Außenminister darauf bestanden habe, sich auch mit Vertretern der regierungskritischen Gruppen Breaking the Silence, Betselem und Peace Now zu treffen. Deren Arbeit nennen die Unterzeichner ein "Zeichen der Hoffnung inmitten der Verzweiflung", getragen vom Engagement für die Zukunft des Landes. Ein scharfer Kontrast zu den Worten, die Israels stellvertretende Außenministerin Zipi Chotoveli während Gabriels Besuch gewählt hatte.
    "Es handelt sich um Organisationen, die vor allem den Namen Israels weltweit beschmutzen, oft auf Lügen basieren. Wir betonen, dass das israelische Außenministerium diesbezüglich eine sehr klare und ausdrückliche Botschaft an die relevanten Adressen in Europa geschickt hat. Wir erwarten von unseren Freunden in der Welt ein sehr klares Verhalten diesbezüglich."
    Gabriel verteidigt seine Entscheidung
    Dieser Botschaft mochte sich Sigmar Gabriel bekanntlich nicht beugen. Worauf Netanjahu das Treffen absagte und dem SPD-Politiker Instinktlosigkeit vorwarf. Der hat seine Entscheidung jetzt noch einmal verteidigt - als eine Selbstverständlichkeit unter Demokraten - ganz ähnlich, wie er es schon in Jerusalem getan hat.
    "Man bekommt ganz einfach in einem solchen Land - oder in jedem Land der Erde - keinen vernünftigen und umfassenden Eindruck, wenn man sich nur in Regierungsbüros trifft. Man muss mit Schriftstellern, mit Künstlern reden, mit Studierenden und eben auch mit regierungskritischen Organisationen."
    An diesem Grundgedanken hält auch Frank-Walter Steinmeier fest, wenn er heute zu seinem viertägigen Besuch aufbricht. Wie es aus dem Präsidialamt heißt, kommt es dem Bundespräsidenten darauf an, die aufgerissenen Gräben im Verhältnis zwischen Deutschland und Israel nicht weiter zu vertiefen, zugleich aber klare Worte für die großen Sorgen über die Siedlungspolitik zu finden.
    Vertreter der Organisationen Breaking the Silence und Betselem wird Steinmeier deshalb nicht treffen. Geplant sind aber Gespräche mit Schriftstellern wie Amos Oz und David Großmann, beide zählen zu den Kritikern des Siedlungsausbaus in den besetzten Gebieten.
    Am Sonntag aber steht zunächst eine Begegnung mit Israels Präsident Reuven Rivlin auf dem Programm, gefolgt von einem Treffen mit Ministerpräsident Netanjahu. Auch die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem will der Bundespräsident besuchen. Ein Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas in Ramallah ist für Dienstag vorgesehen.
    Die richtige Balance finden
    Gespannt darf man darauf sein, wenn Steinmeier zuvor an der Hebräischen Universität von Jerusalem das Wort ergreift. Denn nach allem, was zu hören ist, will er am Sonntagabend gerade dort die richtige Balance finden: Um im angespannten deutsch-israelischen Verhältnis weiteren Ärger zu vermeiden – ohne dabei den strittigen Themen aus dem Weg zu gehen.