Intermediales Spiel mit Texten

Hugo Wolf und drei Grazien, letzter Akt

Undatierte Aufnahme des österreichischen Schriftstellers und Komponisten Gerhard Rühm, der 1983 mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden ausgezeichnet wurde.
Undatierte Aufnahme des österreichischen Schriftstellers und Komponisten Gerhard Rühm © picture alliance / dpa
Von Gerhard Rühm · 01.03.2016
Hugo Wolf verbrachte seine letzten Jahre in der Niederösterreichischen Landesirrenanstalt. Das tragische Finale eines Komponistenlebens, in dessen Verlauf es drei intensive Liebesbeziehungen gab: mit Vally Franck, mit Melanie Köchert-Lang und mit der Sängerin Frida Zerny.
Diese biografische Konstellation wäre andernorts die Basis für ein Melodram oder realistisch-psychologisierendes Hörspiel. Nicht so beim Pionier des intermedialen Spiels mit Texten. Gerhard Rühm überträgt sein lang gehegtes Vorhaben eines Sprechstücks für fünf Stimmen, von denen jede nur Wörter mit einem der Vokale U, O, A, E oder I spricht, auf die Situation des späten Wolf. "Wolfs Gedanken kreisen im 'Letzten Akt' obsessiv um dieselben Begriffe, um drei emotional zentrale Beszugspersonen seines Lebens (die drei 'Grazien') - ein psychopathologisches Verhalten, das unter die von Schizophrenen bekannten Sprachphänomene fällt: Verbigeration, das stereotype Repetieren aus dem Zusammenhang gerisssener Wörter und Satzfragmente und ihre Begriffsverwischung, sowie Agglutination, die zeitliche Isolierung einzelner Wörter, der Zerfall des Redeflusses bis hin zum totalen Sprachverlust." (Gerhard Rühm)
Regie: Gerhard Rühm
Mit: Gerhard Rühm und Monika Lichtenfeld
Produktion: WDR 2015
Länge: 38'24

Gerhard Rühm wurde für das Stück mit dem Karl-Sczuka-Preis 2015 ausgezeichnet.