Mittwoch, 17. April 2024

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Steinmeier zum Tag der Deutschen Einheit
"Mauern aus Entfremdung, Enttäuschung und Wut"

Bundespräsident Steinmeier hat bei der Feier zum Tag der Deutschen Einheit vor "neuen Mauern" in der Gesellschaft gewarnt. Viele Menschen suchten nach Orientierung, die man nicht den Nationalisten überlassen dürfe, sagte er bei einem Festakt in Mainz. Daran nahmen rund 1.200 Gäste teil, zum Bürgerfest kamen deutlich mehr.

03.10.2017
    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) verlässt am 03.10.2017 bei der zentralen Feier zum Tag der Deutschen Einheit in Mainz (Rheinland-Pfalz) nach seiner Rede beim Festakt in der Rheingoldhalle die Bühne. Die Feier steht unter dem Motto "Zusammen sind wir Deutschland".
    Die Flagge der Deutschen Einheit (dpa/Arne Dedert)
    Steinmeier sagte beim Festakt in Mainz, die große Mauer, die Deutschland geteilt habe, sei gefallen, aber das Wahlergebnis habe gezeigt, dass andere - weniger sichtbare - Mauern entstanden seien. Hinter diesen "Mauern aus Entfremdung, Enttäuschung und Wut", aber auch zwischen arm und reich werde tiefes Misstrauen gegenüber der Demokratie geschürt. Viele Menschen sehnten sich nach Heimat und Orientierung. Diese Sehnsucht dürfe nicht den Nationalisten überlassen werden, sagte der Bundespräsident. Steinmeier rief auch dazu auf, ehrlich mit dem Flüchtlingsproblem umzugehen. Es müsse eine Unterscheidung geben zwischen Flucht aus politischer Verfolgung und Armutsmigration.
    Dreyer: "Deutsche Einheit gibt Kraft für Herausforderungen"
    Die SPD-Politikerin Dreyer würdigte den Tag der Deutschen Einheit als "bedeutendsten Feiertag". Sie sagte zum Auftakt der offiziellen Feierlichkeiten in Mainz, die Tatsache, dass die Deutschen die Einheit geschafft hätten, gebe Kraft für die Herausforderungen, die anstünden.
    Bundestagspräsidentin Dreyer und Bundespräsident Steinmeier bei der zentralen Feier zum Tag der Deutschen Einheit in Mainz.
    Bundestagspräsidentin Dreyer und Bundespräsident Steinmeier bei der zentralen Feier zum Tag der Deutschen Einheit in Mainz (dpa / Boris Roessler)
    Die amtierende Bundesratspräsidentin Dreyer begrüßte vor dem Gutenberg-Museum auch die Vertreter der anderen vier höchsten Staatsorgane: Bundespräsident Steinmeier, Bundestagspräsident Lammert, Bundeskanzlerin Merkel und den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Voßkuhle. Anschließend trugen sich die Ehrengäste ins Goldene Buch der Stadt ein.
    Gemeinschaft stärken
    Das Motto der Feier lautet in diesem Jahr "Zusammen sind wir Deutschland". Bei einem ökumenischen Gottesdienst im Dom nannte der Mainzer Bischof Kohlgraf Deutschland ein "prächtiges Land". Die Menschen sollten sich dieses Geschenk bewusst machen. Der Präsident der Evangelischen Kirche der Pfalz, Schad, rief dazu auf, für Glaubens- und Gewissensfreiheit einzustehen. Unterschiedliche Überzeugungen dürften nicht in Gewalt gipfeln.
    Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf (M) eröffnet am 03.10.2017 bei der zentralen Feier zum Tag der Deutschen Einheit in Mainz (Rheinland-Pfalz) den Gottesdienst im Dom. 
    Der Mainzer Bischof Kohlgraf eröffnet den ökumenischen Gottesdienst zum Tag der Deutschen Einheit im Mainzer Dom. (dpa / Arne Dedert)
    Auf den Gottesdienst folgte ein Festakt in der Mainzer Rheingoldhalle. Schon gestern begann in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt das Bürgerfest, bei dem sich Bundesländer, Behörden und viele gesellschaftliche Organisationen präsentieren. Die Veranstalter rechnen an beiden Festtagen mit rund 500.000 Besuchern. Zum Schutz der Feiern sind mehr als 7000 Polizisten im Einsatz.
    Die zentralen Einheitsfeiern werden jährlich in dem Bundesland abgehalten, das den Vorsitz im Bundesrat führt.
    "Wiedervereinigung ist eine Erfolgsgeschichte"
    27 Jahre nach der Deutschen Einheit sieht der Leiter der Bundesbehörde für Stasi-Unterlagen, Jahn, die Wiedervereinigung als Erfolgsgeschichte.
    Der Osten habe sich grundlegend und positiv verändert und sei integrierter Teil der Bundesrepublik, sagte er der "Passauer Neuen Presse". Die Menschen könnten ihre Meinung äußern, sich engagieren und wählen gehen. Das allein sei doch ein Glücksfall. Allerdings gebe es im Osten Deutschlands noch immer einen Rückstand bei der Entwicklung der Demokratie und der Zivilgesellschaft. Dieser Rückstand sei nicht so einfach aufzuholen, betonte Jahn.
    Forderung nach weiterer Unterstützung
    Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Schwesig hat weitere Finanzmittel zur Strukturförderung in Ostdeutschland auch nach dem Ende des Solidarpakts 2019 angemahnt.
    Anlässlich des Tags der Deutschen Einheit sagte sie der "Rheinischen Post" aus Düsseldorf, es gebe die politische Aufgabe, dafür zu sorgen, dass der Angleichungsprozess zwischen Ost und West bald geschafft sei. Deshalb sei auch in Zukunft eine besondere Förderung für strukturschwache Regionen, künftig allerdings in Ost und West, nötig, sagte die SPD-Politikerin.
    (jasi/mw/jan/tep)