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Stellenstreichungen
Erneuter Kahlschlag bei VW

Volkswagen muss sparen - um in Zukunft zu bestehen, will Europas größter Autobauer jetzt bis zu 7.000 weitere Arbeitsplätze abbauen. Der Betriebsrat befürchtet eine Zwei-Klassen-Gesellschaft zwischen Produktion und Verwaltung.

Von Alexander Budde | 13.03.2019
Blick auf das Verwaltungshochhaus des VW-Werks in Hannover
Das VW-Verwaltungshaus in Wolfsburg - vor allem hier sollen Aufgaben automatisiert werden. (dpa)
Nun ist es offiziell: Die Kernmarke Volkswagen will über die bestehende Sparrunde hinaus in den nächsten fünf Jahren noch einmal 7.000 Stellen in der Verwaltung streichen - und damit von 2023 an eine Gewinnverbesserung von 5,9 Milliarden Euro jährlich erzielen.
Der Stellenabbau wird vor allem den Konzernsitz Wolfsburg treffen. Volkswagen investiert rund viereinhalb Milliarden Euro in die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen - das ermögliche personelle Einsparungen in Bereichen, die heute noch stark von analogen Routineaufgaben geprägt sind, erläutert Ralf Brandstätter - und der für das Tagesgeschäft zuständige Vorstand versichert:
"Wir werden den Wandel gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern gestalten. Nicht zuletzt haben wir gemeinsam das gleiche Zielbild von Volkswagen. Volkswagen soll effizienter, agiler und, gerade in der Verwaltung, als Arbeitgeber attraktiv und modern sein."
Altersteilzeit statt Kündigungen
Betriebsbedingte Kündigungen sind für die Stammbelegschaft bis 2025 ausgeschlossen, sagt Personalvorstand Gunnar Kilian. Die Stellen sollen beim freiwilligen Ausscheiden von Mitarbeitern mit Altersteilzeitverträgen nicht neu besetzt werden.
"Wir haben auch grundsätzlich darüber gesprochen, dass Volkswagen in der aus unserer Sicht glücklichen Sicht ist, dass die eigentlich geburtenstarken Jahrgänge jetzt erst kommen. Das heißt in den nächsten drei Jahrgängen - den Jahrgängen '62, '63 und '64 - haben wir ein Potenzial von rund 11.000 Beschäftigten, die die Altersteilzeit in Anspruch nehmen können."
Betriebsrat: Auch Produktion soll Altersteilzeit kriegen
Der VW-Betriebsrat möchte die Altersteilzeitangebote nicht nur auf die Verwaltung begrenzen, sondern fordert diese auch für Mitarbeiter in der Produktion.
"Bei Volkswagen werden nur Arbeitsplätze abgebaut, wenn die Tätigkeit dahinter tatsächlich wegfällt", stellt Konzernbetriebsrat Osterloh in einer schriftlichen Erklärung klar. Einer Fremdvergabe werde die Arbeitnehmerseite niemals zustimmen.
2016 haben beide Seiten bereits ein Reformprogramm vereinbart. Neben der Auslichtung der Modellvielfalt regelt es auch die Arbeitsteilung der heimischen Produktionsstandorte. Laut "Zukunftspakt" gehen allein in Deutschland 23.000 Stellen verloren, unterm Strich 14.000, weil zugleich in Zukunftsbereichen wie der Softwareentwicklung neue Arbeitsplätze entstehen.
Der Pakt sei auf gutem Wege, so der Vorstand heute, aber nicht ausreichend - denn Europas größter Autobauer hat sein Renditeziel klar verfehlt.
Kosten für Zukunft sind Herausforderung
Vor allem die Probleme bei der Umstellung auf das neue Abgastestverfahren WLTP haben Bremsspuren in der Bilanz hinterlassen. Einbußen, die sich der Konzern angesichts des enormen Kostendrucks durch den Wandel hin zum Autonomen Fahren und zur Elektromobilität eigentlich nicht leisten konnte. Im Herbst soll das erste Modell der neuen vollelektrischen I.D.-Familie zum Einstiegspreis von unter 30.000 Euro vom Band rollen.
"Bis zum Jahr 2023 steckt allein die Marke Volkswagen neun Milliarden Euro in ihre Elektrooffensive. Unser Ziel ist es, bis 2025 die weltweite Nummer eins in der Elektromobilität zu werden." Und bis dahin mehr als eine Million Elektrofahrzeuge pro Jahr verkaufen, sagt COO Brandstätter.