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Steuer-Affäre
Debatte über Steuerselbstanzeige

In Deutschland kocht die Debatte über Steuerhinterziehung wieder hoch. Neben der Frauenrechtlerin Alice Schwarzer hat auch der Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz Steuervergehen zugegeben. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann forderte angesichts dieser neuen Fälle ein härteres Vorgehen des Staates.

04.02.2014
    Im deutschen Steuerstrafrecht kann eine wirksame Selbstanzeige vor Bestrafung schützen. Unter bestimmten Bedingungen durften reuige Steuersünder mit Straffreiheit rechnen. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann will das nicht mehr hinnehmen und fordert, die Steuerfahndung zu intensivieren. Bei "Spiegel online" erklärte er, seine Partei wolle die strafbefreiende Selbstanzeige überprüfen und gegebenenfalls ändern. Der Politiker verlangte zudem weitere Maßnahmen gegen Steueroasen.
    Auch andere SPD-Politiker machen gegen das Instrument der strafbefreienden Selbstanzeige mobil und kritisieren es als nicht mehr zeitgemäß. Der Finanzexperte Joachim Poß sagte der "Bild"-Zeitung: "Die strafbefreiende Selbstanzeige für Steuersünder gehört vom Tisch, weil sie Steuerhinterziehung gegenüber anderen Straftaten privilegiert." Ähnlich äußerte sich SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil: "Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Wir müssen darüber reden, ob die strafbefreiende Selbstanzeige noch zeitgemäß ist."
    Warnung vor überzogenen Maßnahmen
    Unions-Politiker warnen hingegen vor überzogenen Maßnahmen. Einer weiteren Verschärfung der Selbstanzeige-Regelung seien verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt, sagte der stellvertretende Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hans Michelbach, im Deutschlandfunk. Wichtiger seien weitere Steuerabkommen mit anderen Staaten.
    Der CDU-Finanzexperte Norbert Barthle sprach sich in der "Bild" für das Beibehalten des Instruments aus: "Wir brauchen die Selbstanzeige, solange es Steueroasen gibt. Nur so kommt der Staat an das ihm zustehende Steuergeld." Auch der Steuerzahlerbund sprach sich dafür aus, die Regelung beizubehalten: "Es ist die einfachste und effektivste Form für den Staat, an hinterzogene Steuern heranzukommen", sagte Präsident Reiner Holznagel.
    "Sinnvoll und legitim"
    Der Chef der Bundessteuerberaterkammer, Horst Vinken, verteidigte das Instrument ebenfalls. "Die Selbstanzeige ist sinnvoll und legitim", sagte er der "Rheinischen Post". Der Staat habe oft nicht das Personal, um komplexe Fälle aufzudecken, wie es durch eine Selbstanzeige geschehe. "Auch erleidet der Staat durch die Selbstanzeige keinen finanziellen Schaden, der Steuersünder muss Steuerschuld und Zinsen nachzahlen." Zudem seien die offenbarten Konten dann künftig nicht mehr schwarz.
    Die Publizistin Alice Schwarzer hatte am Sonntag nach einem Bericht des Magazins "Der Spiegel" eingeräumt, seit den 80er-Jahren ein Schweizer Konto geführt und es erst 2013 beim Finanzamt angezeigt zu haben. Für die vergangenen zehn Jahre habe sie rund 200.000 Euro Steuern nachgezahlt - plus Säumniszinsen.
    André Schmitz ist mittlerweile von seinem Amt als Kulturstaatssekretär zurückgetreten. Der SPD-Politiker teilte am Dienstag mit, er habe den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit darum gebeten, ihn von seinen Aufgaben zu entbinden. Wowereit teilte mit, er werde der Bitte nachkommen. Inzwischen gibt es auch Vorwürfe gegen den Bundesschatzmeister der CDU, Helmut Linssen. Nach einem Medienbericht soll er jahrelang Geld in einer Briefkastenfirma auf den Bahamas verborgen haben.