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Steuer- und Finanzpolitk bei Jamaika-Sondierung
Schwarze Null geteilt durch vier?

Am Dienstag stehen Finanz- und Steuerpolitik auf der Tagesordnung der-Jamaika-Sondierungen. Alle vier Parteien setzen unterschiedliche Akzente, zur Fortsetzung der Sparpolitik bekennen sich jedoch alle. Gerade die Union will nicht an ihrem Markenkern "Schwarze Null" rütteln.

Von Theo Geers | 23.10.2017
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU, Mitte) spricht mit Cem Özdemir, Bundesvorsitzender von Bündnis 90 / Die Grünen und Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende (Bündnis 90 / Die Grünen).
    Ausgeglichener Haushalt – darauf immerhin können sich die vier potenziellen Koalitionspartner CDU, CSU, FDP und Grüne einigen. Bei der Steuerpolitik dagegen schon nicht mehr (dpa-Bildfunk / Kay Nietfeld)
    Das schon vor dem Wochenende gestreute Papier der Unionshaushälter hat gewirkt. Ihre Gegenüberstellung des finanziellen Spielraums einer Jamaika-Koalition – 30 Mrd. Euro für vier Jahre – mit den Steuersenkungs- und Investitionsplänen aller Partner hat schon bei den Sondierungen am Freitagabend zu einer Art Schulterschluss geführt.
    Auch in Zukunft will kein Koalitionspartner neue Schulden machen. "Ich war an den Gesprächen beteiligt. Ich kann mich nicht erinnern, dass einer die schwarze Null infrage gestellt hat, das steht nicht zur Disposition", versichert heute Cem Özdemir von den Grünen. CDU-Generalsekretär Peter Tauber will ebenfalls an einem der letzten Markenkerne seiner Partei nicht rütteln: "Wir werden die Steuern nicht erhöhen und wir wollen einen ausgeglichenen Haushalt. "Und auch Christian Dürr, frisch gewählt als stellvertretender Chef der FDP-Fraktion will auf die Schwarze Null nicht verzichten. "Die schwarze Null muss weiter das Ziel sein, das ist das, was die Bürger von einer verantwortlichen Bundesregierung erwarten dürfen."
    30 Milliarden Euro verteilt auf vier Jahre
    Damit wäre ein Fundament für die morgigen Sondierungen zum Thema Haushalt und Steuern gelegt, es vergrößert aber den Konfliktstoff. Denn 30 Milliarden Euro verteilt auf vier Jahre sind schnell aufgebraucht. Würde die CSU etwa die Mütter-Rente erhöht bekommen, kostete das sieben Milliarden Euro im Jahr. Das mal vier Jahre – 28 von 30 Milliarden Euro wären aufgebraucht und die anderen Koalitionspartner gingen leer aus – egal ob sie lieber Steuern senken, Familien fördern oder schnelle Glasfasernetze verbuddeln wollen.
    Ein zweites Beispiel: Die FDP-Forderung Soli-Abschaffung. Komplett für alle ab 2020. Der Kommentar von Unionshaushälter Eckard Rehberg:"Na, also komplett Abschaffung 2020 mit 20 Milliarden – das würde dann neue Schulden bringen."Denn die Soli-Abschaffung führt 2020 und 2021 zu Einnahmeausfällen von 40 Milliarden, das wären zehn Milliarden zu viel mit Blick auf den Spielraum von 30 Milliarden.
    Der CDU-Bundestagsabgeordnete Eckhardt Rehberg.
    Skeptisch bei der Soli-Abschaffung: CDU-Haushälter Rehberg. (picture alliance / dpa / Jens Büttner)
    FDP bringt Verkauf von Unternehmensanteilen ins Spiel
    Gegenwind ist da sicher. Die Union will schließlich unter anderem Verkehrswege und Datennetze ausbauen und - vor allem – gezielt Familien entlasten – Stichwort Kindergeld, Kinderfreibetrag und Förderung von Wohneigentum. Und auch die Grünen halten die Soli-Senkung der FDP für nicht finanzierbar, so Cem Özdemir: "Ich warne davor und rate ab, dass wir Steuersenkungen mit Gießkanne machen. Sondern wenn dann gezielt für kleine und mittlere Einkommen, die dringend entlastet gehörne, das gilt auch für Familien mit Kindern – dort herrscht Bedarf."

    Andererseits werden auch schon Brücken gebaut, um Finanzspielräume zu öffnen, die über die 30 Milliarden Euro hinausgehen. So können sich FDP wie Grüne Steuererhöhungen vorstellen – für Internetkonzerne wie Amazon und Co, die hierzulande kaum etwas an den Fiskus abführen. Und eng beieinander sind beide Parteien auch, wenn es um die Finanzierung des flächendeckenden Breitbandausbaus geht, das, so Christian Dürr (FDP), könnte durch den Verkauf der Telekom- und Post-Aktien finanziert werden, die der Bund noch hält. "Hier besteht innerer Zusammenhang, zu sagen der Staat braucht diese Anteile nicht, ist kein strategisches Vermögen, was wir brauche ist schnelles Internet – mal schauen, was bei den Gesprächen bei rauskommt."Jeweils zehn Prozent hält der Bund noch direkt an der Telekom und der Post – ein Verkauf brächte bei derzeitigen Kursen rund 20 Milliarden Euro – und dann würde Jamaika über insgesamt 50 Milliarden Euro verfügen können.