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Außenminister a.D.
Hans-Dietrich Genscher ist tot

Der langjährige Bundesaußenminister und FDP-Chef Hans-Dietrich Genscher ist gestorben. Das teilte sein Büro heute in Bonn mit. Genscher erlag bereits gestern einem Herz-Kreislaufversagen. Er wurde 89 Jahre alt. Als Außenminister trieb er die Ausgleichspolitik zwischen Ost und West maßgeblich voran - und gestaltete die deutsche Einheit mit.

01.04.2016
    Der frühere Bundesaußenminister und FDP-Politiker Hans-Dietrich Genscher ist tot.
    Der frühere Bundesaußenminister und FDP-Politiker Hans-Dietrich Genscher ist tot. (pa/dpa/Balk)
    In Deutschland gehörte Genscher zu den beliebtesten Spitzenpolitikern und zu den prägenden Persönlichkeiten der Liberalen.
    Von 1969 bis 1974 war Genscher Bundesinnenminister, danach so lange Deutschlands Außenminister und Vizekanzler wie keiner sonst - über 18 Jahre hinweg, von 1974 bis 1992. Bis 1985 war er außerdem elf Jahre lang Bundesvorsitzender der FDP.
    Prager Balkonrede und 2+4-Vertrag
    Als Außenminister war Genscher maßgeblich an den Verhandlungen zur deutschen Einheit beteiligt. In seine Amtszeit fielen der Fall der Mauer, der deutsch-polnische Grenzvertrag sowie der deutsch-sowjetische Kooperationsvertrag. Sein Meisterwerk lieferte er 1990 mit dem "2+4-Vertrag" ab. Darin regelten die damals noch beiden deutschen Staaten mit den vier Siegermächten des Zweiten Weltkriegs (USA, Russland, Großbritannien und Frankreich) die außenpolitischen Aspekte der Wiedervereinigung.
    Genscher ist vielen Deutschen im Gedächtnis geblieben, als er 1989 in der Botschaft in Prag den DDR-Flüchtlingen die Nachricht von der Möglichkeit der Ausreise überbrachte. Diesen Tag bezeichnete er später als den glücklichsten seiner politischen Arbeit.
    Bei den ersten gesamtdeutschen Wahlen am 2. Dezember 1990 erlebte Genscher einen weiteren Triumph. Die FDP erreichte Traumergebnisse.
    In seiner Heimatstadt Halle und in Sachsen-Anhalt, wo er sich nach dem Mauerfall besonders engagierte, wurde er gefeiert wie ein König.
    Für seine Verdienste wurde er mit zahlreichen Preisen und Ehrendoktorwürden ausgezeichnet.
    1992 trat Genschner, dessen Markenzeichen ein gelber Pullover war, mit 65 Jahren als Außenminister zurück - aus freien Stücken und zur allgemeinen Überraschung. 1998 schied er nach 33 Jahren auch aus dem Bundestag aus. Doch auch danach meldete er sich regelmäßig zu aktuellen politischen Themen zu Wort. Für seine Verdienste wurde er mit zahlreichen Preisen und Ehrendoktorwürden ausgezeichnet. Medienberichten zufolge kämpfte Genscher in den vergangenen Wochen nach einer Wirbelsäulenoperation mit gesundheitlichen Problemen.
    Bundesregierung: "Großer Staatsmann"
    Vize-Regierungssprecher Georg Streiter würdigte den Verstorbenen in einer ersten Stellungnahme als einen "großen Staatsmann", der "wie ganz wenige die Geschicke Deutschlands mit beeinflusst hat". Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte, Genscher habe in seinem langen und bewegten Leben buchstäblich Geschichte geschrieben. "Die Überwindung der Teilung Deutschlands und der Spaltung Europas war ihm eine lebenslange Aufgabe."
    FDP-Chef Christian Lindner drückte über Twitter sein tiefes Bedauern aus. Genscher sei ein "großer Europäer und großer Deutscher" gewesen, schrieb er. Der Verstorbene habe "Geschichte geschrieben und unser Land geprägt".
    Grünen-Chef Cem Özdemir würdigte Genscher ebenfalls bei Twitter als "großen Staatsmann". CDU-Vize Armin Laschet schrieb: "Ein großer Staatsmann, ein großer Liberaler, ein großer Europäer - er stand für das Beste der Bonner Republik.
    Wie das Netz um Hans-Dietrich Genscher trauert lesen Sie in unserer Webschau.
    (pr/rm/fwa)