Donnerstag, 28. März 2024

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Steuerfahnder wechseln die Seiten
Brain Drain beim Finanzamt Wuppertal

Zwei bundesweit renommierte Steuerfahnder schulen um: vom Finanzamt Wuppertal zur Großkanzlei Deloitte. Dort sollen sie nationale und internationale Mandanten bei der rechtssicheren Umsetzung steuerlicher Vorgaben unterstützen. Mit anderen Worten: Steueroptimierung.

Kollegengespräch mit Moritz Küpper | 19.01.2018
    Standort London des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Deloitte am 25.09.2017
    Standort London des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Deloitte am 25.09.2017 (AFP / Daniel Leal-Olivas)
    Pia Rauschenberg: Warum verlassen zwei erfolgreiche Steuerfahnder eine erfolgreiche Behörde?
    Moritz Küpper: Nun, die direkten Motive können natürlich nur die beiden handelnden Personen selbst nennen, also: Sandra Höfer-Grosjean und Volker Radermacher. So heißen die beiden bundesweit renommierter Steuerfahnder der Steuerfahndung Wuppertal, die eben nun die Seiten wechseln: Aus der Rolle der Jäger, hin zu den Verteidigern, wenn man so will, zur Großkanzlei Deloitte. Die hat das Ganze übrigens heute auch in einer Pressemitteilung bestätigt. Und ganz interessant: Normalerweise, bei Transfers im Fußball, kommentieren das dort dann auch jeweils die Akteure, aber von Höfer-Grosjean und eben Rademacher, findet sich dort kein Wort zu diesem Wechsel, geschweige denn zu einer Begründung.
    Mangelnde Unterstützung der Steuerfahnder durch die Politik
    Rauschenberg: Seit die schwarz-gelbe Regierung in NRW an der Macht ist, soll in der Behörde ein anderer Wind wehen. Inwiefern kann man auch die Politik dafür verantwortlich machen?
    Küpper: Letztendlich, das ist der Verdacht, der bei diesem Wechsel mitschwingt: Die Politik hat den erfolgreichen Steuerfahndern in Wuppertal, die ja in den vergangenen Jahren, vor allem über Datenankäufe, der Staatskasse Milliardenbeträge gebracht haben, nicht mehr die nötige Unterstützung entgegengebracht – und somit letztendlich dafür gesorgt, dass die intensive Verfolgung von Steuerhinterziehern aus Wuppertal beendet wird. Mit diesem Vorwurf muss sich jetzt CDU-Finanzminister Lutz Lienenkämper auseinandersetzen, denn sein Vorgänger von der SPD, Norbert Walter-Borjans, galt ja als ein Robin Hood in Steuerfragen, hat die Steuerfahndung Wuppertal, wenn man so will protegiert. Auslöser dieser jüngsten Entwicklung – von der zuerst das Handelsblatt berichtet hatte – war, dass der Behördenchef in Wuppertal, Peter Beckhoff, vor einem Jahr in Pension gegangen ist und dann ist eben Höfer-Grosjean von Walter-Borjans zur kommissarischen Nachfolgerin ernannt worden, Radermacher zum Stellvertreter. Bis eben zum Regierungswechsel in NRW: Danach bekam nämlich jemand anderes den Chef-Posten, Michael Schneiderwind vom Finanzamt Aachen-Stadt. Und da es – vor allem aus Reihen der FDP – Töne gegeben hatte, dass man den Aufkauf von Steuerdaten reduzieren wollte, schwingt eben dieser Verdacht mit.
    Optimierung der Abgaben im großen Stil
    Rauschenberg: Wie wird es jetzt für die Behörde weitergehen, wenn die beiden mit all ihren guten Kontakten plötzlich quasi für die Gegenseite arbeiten?
    Küpper: Brain Drain, heißt das ja in der Wissenschafts- und Wirtschaftssprache. Der Verlust von guten Mitarbeitern. Egal, wie man es sieht: Es wird die Finanzverwaltung schwächen. Ohnehin haben wir es in der Justiz ja auch häufig so, dass die besten Köpfe mitunter zu Großkanzlei gehen, weil sich da letztendlich mehr verdienen lässt. Bei Deloitte hieß es, beide werden nationalen und internationalen Mandanten bei der rechtssicheren Umsetzung steuerlicher Vorgaben in der Finanzwirtschaft oder Industrie unterstützen. Mit anderen Worten: Steueroptimierung.