Mittwoch, 24. April 2024

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Steuerversprechen im Wahlkampf
Spitzensteuersatz, Grundfreibetrag, Soli

Klare Obergrenzen, stärkere Entlastung der unteren und mittleren Einkommen, mehr Netto vom Brutto für Familien - auch im aktuellen Bundestagswahlkampf überschlagen sich die Parteien mit Versprechen zur Steuerpolitik. Wieder wollen alle Steuern senken und vor allem die "Normalverdiener" entlasten.

Von Theo Geers | 21.08.2017
    Ein Rentner ist vertieft in das Ausfüllen seiner Einkommensteuererklärung 2005. Für viele Senioren, nicht erst über 80, ist das Ausfüllen der Steuerformulare eine gewaltige Herausforderung.
    Facharbeiter, Angestellte, Selbstständige - von allen Parteien am heftigsten umworben werden die Normalverdiener. Sie tragen hierzulande die Hauptlast bei den Steuern. (picture alliance/ dpa/ Hans Wiedl)
    Es gibt ihn nicht. Den Wahlkampf ohne Steuerversprechen. Auch 2017 gibt es diesen Wahlkampf nicht. Wieder wollen alle Parteien Steuern senken und Bürger entlasten. Und so legen sich seit Wochen die Spitzenkandidaten ins Zeug - je nach Naturell mal mehr, mal weniger vollmundig.
    "Keine neuen Schulden auch in der nächsten Legislaturperiode, keine Steuererhöhung für mittlere und kleinere Einkommen und steuerliche Entlastungen von 15 Milliarden Euro"
    "Wir haben solide gerechnet und versprechen nichts, was wir nicht halten können."
    "Der Wolfgang Schäuble gönnt den Bürgern in Wahrheit nicht einen Cent zusätzlich. Wenn er jetzt 15 Milliarden an Entlastung ins Schaufenster stellt, dann heißt das, dass mindestens 30 Milliarden möglich sind - mindestens!"
    "Klare Grenzen für die Höhe der Steuern. Eine Abgabenquote von über 40 Prozent erscheint uns nicht mehr hinnehmbar."
    "Und wer nicht den Mut hat, sich mit diesen Superreichen auch anzulegen, der ist mutlos. Wir haben diesen Mut!"
    "Wichtig ist uns insgesamt, dass tatsächlich die unteren und mittleren Einkommen - in Euro! - stärker entlastet werden als die oberen Einkommen, aber wir als Grüne sagen: 12 Milliarden Euro mehr für Familien."
    Es gibt Spielräume für Steuersenkungen
    Ob Union oder SPD, ob FDP oder AfD, ob Linke oder Grüne - für den Elan in Sachen Steuerpolitik gibt es einen einfachen Grund. Der Druck, den Bürgern etwas zurückzugeben, ist größer als bei der letzten Bundestagswahl, betont Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft.
    "Diesmal weiß man aus Umfragen: Die Bürger fühlen sich nicht fair behandelt vom Staat."
    Was vor allem daran liegt, dass es in dieser Legislaturperiode so gut wie keine Steuerentlastungen gegeben hat. Die große Koalition hob nur die steuerfreien Grundfreibeträge an. Dies aber auch nur, weil sie es musste. Das Bundesverfassungsgericht hat schon vor Jahren entschieden, dass das Existenzminimum grundsätzlich steuerfrei bleiben muss. Aus eigenem Antrieb hat die große Koalition in Sachen Steuerentlastung dagegen nichts zuwege gebracht.
    Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft.
    Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, hält es nicht für die richtige Weichenstellung, "trotz der sprudelnden Steuerquellen die Steuern [zu] erhöhen und im Grunde nur Umverteilung organisieren". (imago / Jürgen Heinrich)
    Zum zweiten erzielen Bund, Länder und Gemeinden derzeit Überschüsse. Und auch wenn diese ungleich verteilt sind: Gesamtstaatlich betrachtet steigen die Steuereinnahmen kräftig - auch in den kommenden Jahren: 732 Milliarden Euro sind es in diesem Jahr, 2021, also am Ende der nächsten Wahlperiode, werden es 852 Milliarden Euro sein. Mindestens. Die Botschaft ist eindeutig: Egal wer die neue Bundesregierung stellt: Es gibt Spielräume für Steuersenkungen.
    "Wir haben als öffentliche Hände - und zwar alle öffentlichen Hände - seit Jahren die höchsten Steuereinnahmen aller Zeiten und in dieser Zeit zu erklären, wir können staatliche Aufgaben nur erfüllen, wenn wir trotz der sprudelnden Steuerquellen die Steuern erhöhen und im Grunde nur Umverteilung organisieren, das halte ich nicht für die richtige Weichenstellung."
    Am heftigsten umworben werden die Normalverdiener
    Die Union will entlasten, alle anderen - außer vielleicht noch der FDP - wollen es nicht. So lautet Seehofers einfache Botschaft an die Wähler. Tatsächlich wollen auch SPD, Linke oder Grüne die Steuern senken, vor allem für die unteren Einkommen. Sie wollen aber Besserverdienende im Gegenzug auch belasten und damit umverteilen, von oben nach unten. Für Sozialdemokraten, Linke, Grüne ist dies eine Frage der Gerechtigkeit im Land, entsprechend scharf urteilt Martin Schulz, der Kanzlerkandidat der SPD, über die Steuerpläne der Union.
    "Die Vorschläge der Union, von CDU und CSU, sind unseriös. Es ist eindeutig: Die Union will Steuergeschenke für Spitzenverdiener und schont reiche Erben."
    Damit sind die Fronten geklärt. Von allen Parteien am heftigsten umworben werden die Normalverdiener: Facharbeiter, Angestellte, normal- und auch gut verdienende Selbstständige. Sie tragen hierzulande die Hauptlast bei den Steuern und sollen um mindestens 15 Milliarden Euro entlastet werden. Das versprechen CDU und SPD, die CSU spricht von mehr als 15 Milliarden und die FDP stellt 30 Milliarden Euro in Aussicht. Linke, Grüne und die AfD haben solche plakativen Gesamtbeträge nicht im Programm, aber auch ihre Pläne ranken sich um die Schlagworte, die die Steuerdebatte bestimmen: "Spitzensteuersatz", "kalte Progression", "Grundfreibetrag" und "Soli."
    "Der Spitzensteuersatz tritt viel zu früh ein. Es ist doch absurd, dass wir bei Alleinstehenden bei knapp über 50.000 Euro Einkommen schon im Bereich des Spitzensteuersatzes sind."
    Mit dieser Ansicht steht Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nicht allein da. Aktuell beträgt der Spitzensteuersatz 42 Prozent. Spitzensteuersatz bedeutet: Ab einem Schwellenwert von derzeit etwa 54.000 Euro im Jahr gehen von jedem weiteren Euro 42 Cent an den Fiskus. Union und SPD wollen diesen Schwellenwert im Steuertarif nach rechts verschieben. Künftig soll der Spitzensteuersatz erst ab 60.000 Euro Jahreseinkommen greifen.
    Feindbild von FPD und AfD: Die kalte Progression
    Unterschiede gibt es im Detail: CDU und CSU wollen zusätzlich die kalte Progression abbauen und sie wollen den steilen Anstieg des Steuertarifs bei den mittleren Einkommen, den sogenannten Mittelstandsbauch, abflachen. Wenn dann - zunächst schrittweise - auch noch der Soli entfällt, dann werden Steuerzahler das auch im Portemonnaie merken, rechnet der bayerische Finanzminister Markus Söder vor.
    "Wir wollen Entlastung erreichen, da handelt es sich um Schreiner, Krankenpfleger, Krankenschwestern, Metallfacharbeiter, da sind Entlastungen geplant - jedenfalls nach der Auffassung, die wir in Bayern haben, zwischen 200 und 500 Euro pro Jahr."
    Die Union verspricht eine echte Steuerentlastung für alle - ohne Mehrbelastungen an anderer Stelle. Ähnlich FPD und AfD. Feindbild Nr. 1 bei diesen beiden Parteien: Die kalte Progression, durch die der Staat immer heimlich mit profitiert, wenn ein Steuerzahler nach einer Lohnerhöhung im Steuertarif hochrutscht. Von der Lohnerhöhung bleibt dann kaum etwas übrig, vor allem dann nicht, wenn gleichzeitig auch noch die Preise steigen. Unterm Strich hat der Beschäftigte real kaum mehr in der Tasche als vorher.
    "Wir wollen an die kalte Progression dergestalt heran, dass wir alle Passagen in den Steuergesetzen indexieren wollen, Inflation indexieren wollen, das wäre dann der Garaus für die kalte Progression."
    Diverse Quittungen und Rechnungen werden mit dem Taschenrechner zusammengezählt und in ein Haushaltsbuch eingetragen.
    Die "kalte Progression" bewirkt, dass der Einkommensteuersatz Lohnerhöhungen aufzehrt. (dpa picture alliance / Robert Fishman)
    Verspricht der AfD-Spitzenkandidat Jörg Meuthen. Die AfD - und auch die FDP - wollen deshalb die Steuertarife, Freibeträge oder auch Pauschalen wie die Kilometerpauschale regelmäßig an die Inflationsrate anpassen. Die AfD fordert zudem eine Absenkung der Mehrwertsteuer von derzeit 19 Prozent auf 12 Prozent. FDP und AfD wollen zudem eine Belastungsgrenze für direkte Steuern und Abgaben im Grundgesetz festschreiben. Kein Bürger soll mehr als 40 Prozent seines Einkommens an Steuern und Sozialabgaben abführen - so die AfD. Die FDP will die Gesamtbelastungsgrenze bei 50 Prozent ziehen.
    SPD, Linke und Grüne: Besserverdienende höher besteuern
    Von derartigen Konzepten weit entfernt: die SPD. Ihr Kanzlerkandidat Martin Schulz hat ein Steuerprogramm wie aus dem sozialdemokratischen Lehrbuch erarbeiten lassen.
    "Wer besonders reich ist, kann einen größeren Beitrag zur Finanzierung öffentlicher Investitionen und zur Entlastung der unteren und mittleren Einkommen leisten. Das ist ein Gebot der Gerechtigkeit."
    Deshalb will die SPD die Besserverdienenden höher besteuern. Ab 76.000 Euro soll der Spitzensteuersatz auf 45 Prozent steigen, ab 250.000 Euro sollen es 48 Prozent sein.
    Ähnliche Umverteilungspläne gibt auch bei den Grünen: Auch bei ihnen sollen die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen weniger Steuern zahlen, dafür gibt es einen höheren Spitzensteuersatz ab 100.000 Euro. Noch radikaler die Linke: 12.600 Euro im Jahr sollen bei den unteren Einkommen steuerfrei bleiben, so Fraktionschef Dietmar Bartsch.
    "Wir als Linke fordern einen Steuerfreibetrag von 12.000 Euro und wollen dann allerdings in der Spitze auch mehr abholen. Da reicht die sanfte Erhöhung des Spitzensteuersatzes nicht aus. Wir sind dafür, den so zu gestalten wie zu Zeiten Helmut Kohls, nämlich 53 Prozent."
    Dazu käme eine sogenannte Reichensteuer für Einkommensmillionäre: "Für Einkommen über eine Million - das sind Summen von monatlich Summen von fast 100.000, also 80.000 - da sage ich: Jawohl, dann wollen wir 75 Prozent. Wissen Sie, das betrifft in Deutschland 16.000 Menschen."
    Was der Bund verspricht, müssen die Länder absegnen
    Aus Sicht anderer Parteien sind solche Vorschläge lediglich etwas für die Galerie, sprich: nicht durchsetzbar. Allerdings haben auch moderatere Vorschläge den einen oder anderen Pferdefuß. Bei der Lohn- und Einkommenssteuer teilen sich Bund, Länder und Kommunen die Einnahmen. Wer als Bundespolitiker im Wahlkampf also verspricht, die Steuerzahler zu entlasten, braucht nach der Wahl die Zustimmung der Länder, die auch für die Kommunen mit entscheiden.
    In den vergangenen Jahren aber haben die Länder jede Form von Einnahmeausfällen abgelehnt. Zustimmung gab es nur, wenn der Bund etwaige Ausfälle ausglich. Und nichts spricht dafür, dass sich an dieser Grundhaltung der Länder etwas ändern könnte, glaubt Stefan Weil (SPD), der als Ministerpräsident dabei nicht nur an sein eigenes Bundesland Niedersachsen denkt.
    "Wissen Sie, wenn ich an die ostdeutschen Länder denke, wenn ich an Haushaltsnotlageländer denke wie das Saarland oder Bremen, dann frage ich mich: Wie sollen die denn Steuerentlastungen bezahlen und die Schuldenbremse einhalten. Das ist kaum möglich und ebenso gibt es in vielen Ländern Kommunen, die haben jetzt schon Schwierigkeiten, ihren Haushalt beieinander zu halten. Mit anderen Worten: Ich bin sehr für Steuersenkungen und das kann der Staat auch bezahlen, aber der Staat - das ist in diesem Fall der Bund."
    Und so könnte vor allem die Union mit ihren Entlastungsversprechen im Bundesrat, wo die Länder zustimmen müssten, nach der Bundestagswahl ausgebremst werden. Denn das Unionskonzept beschert Ländern und Kommunen in jedem Fall weniger Einnahmen.
    Streitpunkt Solidaritätszuschlag
    Hier kommt der Soli ins Spiel. Denn der fließt allein dem Bund zu. Der Soli hat für alle, die Steuern senken wollen, den Charme, dass er ohne die Zustimmung der Länder allein von der neuen Bundesregierung mit ihrer Mehrheit im Bundestag gesenkt oder auch ganz abgeschafft werden könnte. Über das "Wie", das "Für-Wen" und damit auch das "Bis-Wann" gehen die Meinungen auseinander. Von ganz zentraler Bedeutung ist die Abschaffung des Soli für die SPD, verspricht ihr Kandidat Martin Schulz.
    "Wir schaffen den Solidaritätszuschlag ab - im ersten Schritt für die unteren und mittleren Einkommen vollständig."
    Der Kanzlerkandidat der SPD, Martin Schulz, am 15.08.2017 im Willy-Brandt Haus in Berlin
    Der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz will den Solidaritätszuschlag abschaffen. (dpa/Wolfgang Kumm)
    Gemeint sind damit alle Einkommen bis 52.000 Euro - und zwar ab 2020. Die höheren Einkommen sollen vier Jahre länger warten. 2024 wäre der Soli damit allerdings aus SPD-Sicht Geschichte. Die SPD hat die Union damit in Zugzwang gebracht. Wolfgang Schäuble wollte ursprünglich den Soli - er beträgt 5,5 Prozent auf die Einkommenssteuerschuld - ab 2019 in elf Schritten abbauen. Jedes Jahr um einen halben Prozentpunkt, 2030 wäre dann Schluss.
    Mit dem Vorpreschen der SPD ist das nicht mehr zu halten Auch CDU und CSU wollen den Soli deshalb nun schneller abbauen, in einem ersten Schritt um vier Milliarden Euro - und zwar für alle, dies allerdings erst ab 2021. Wie es danach weiter geht, will Angela Merkel von der Kassenlage abhängig machen.
    "Für uns ist es schlichterdings nicht ersichtlich, wie sich die wirtschaftliche Lage in den nächsten vier, bis acht, bis zwölf Jahren entwickelt. Das heißt: Wenn sich die Möglichkeiten ergeben, werden wir es so schnell wie möglich tun, deshalb haben wir uns auch nicht mehr auf das Jahr 2030 beschränkt, aber zu sagen, wir sind 2025 damit fertig - das sind 18 Milliarden Euro - das wäre auch vermessen."
    So locken die Parteien die Steuerzahler auf unterschiedliche Weise. CDU und CSU bleiben beim Soli eher vorsichtig mit vier Milliarden Euro, die SPD verspricht hier im ersten Schritt schon eine Senkung um 10 Milliarden - und die FDP will den Soli ab 2019 sogar ganz abschaffen. Wer dagegen noch gezielt untere Einkommensschichten entlasten will, hat ein objektives Problem, weiß auch Carsten Schneider, der Haushaltsexperte der SPD.
    "Diejenigen, die 1.500 bis 2.000 brutto verdienen, die zahlen fast keine Einkommensteuern und jede Steuerentlastung geht bei denen vorbei."
    Geringverdiener und Familien entlasten
    Um untere Einkommen zu entlasten, setzt die SPD deshalb nicht bei den Steuern, sondern bei den Sozialabgaben an. Die Sozialdemokraten wollen die Kita-Gebühren schrittweise komplett abschaffen, die Krankenkassenbeiträge sollen Arbeitnehmer und Arbeitgeber wie früher wieder je zur Hälfte tragen. Hinzu kommt eine gezielte Entlastung für Geringverdiener. Schon heute zahlen Arbeitnehmer, die zwischen 450 und 850 Euro verdienen, einen geringeren Beitrag zur Rentenversicherung. Künftig soll dies bis 1.300 Euro gelten, der Arbeitnehmer würde dabei aber so gestellt, als hätte er Beiträge auf 1.300 Euro eingezahlt, so der stellvertretende SPD-Parteivorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel.
    "Das sind immerhin für jemanden, der um 850 Euro im Monat verdient, am Ende eine Entlastung von 300 Euro im Jahr, also erheblich angesichts der Verdienstsituation, die wir dort haben."
    Die Union hat Vergleichbares für Geringverdiener nicht im Angebot. Dieses Manko will die Union durch gezielte Hilfen für Familien mit Kindern ausgleichen.
    "Für uns soll der Kinderfreibetrag angehoben werden auf den Freibetrag, den Erwachsene haben. Das bedeutet dann, dass in entsprechender Weise das Kindergeld erhöht wird. In einem ersten Schritt werden wir das Kindergeld pro Monat um 25 Euro für jedes Kind, das bedeutet 300 Euro mehr für jedes Kind."
    Außerdem verspricht die Union bei Erwerb von Wohneigentum zehn Jahre lang ein Baukindergeld von 1.200 Euro pro Kind. Beim erstmaligen Kauf einer Immobilie soll der Staat zudem keine Grunderwerbsteuer erheben. Die SPD will diese Steuer nicht antasten, auch aus Rücksicht auf die Länder, die dem zustimmen müssten. Dafür hält die SPD für Immobilienkäufer ein anderes Bonbon bereit: Den Makler bei Hauskäufen soll künftig der Verkäufer zahlen. Die SPD will zudem ein Baukindergeld einführen, ohne dafür allerdings einen Betrag zu nennen.
    Ein Haus steht auf Geldscheinen. Symbolbild für Haus und seine Kosten 
    Die Union umwirbt Familien mit den Vorschlag eines "Baukindergeldes": Bei Erwerb von Wohneigentum soll es zehn Jahre lang ein Baukindergeld von 1.200 Euro pro Kind geben. (dpa /Revierfoto)
    "Wir wollen Familien mit Kindern entlasten", betont aber auch Lisa Paus, die steuerpolitische Sprecherin der Grünen.
    Ginge es nach ihnen, würde das Nebeneinander von Kindergeld und Kinderfreibetrag - der Besserverdienende begünstigt - abgeschafft. Dafür gäbe es einheitlich 300 Euro pro Kind und Monat für Eltern aller Einkommensklassen. Am Kinderfreibetrag festhalten und diesen erhöhen will dagegen die FDP, Familien sollen zudem Betreuungskosten bis zum Höchstbetrag steuerlich voll absetzen können. Die AfD wiederum will - in diesem Fall wie die Grünen - das Familiensplitting einführen. Dabei würde das Familieneinkommen alle Familienmitglieder verteilt und durch die Verteilung auf mehr Köpfe sinkt die Steuerlast im Vergleich zum heutigen Ehegattensplitting. Außerdem will die AfD dafür sorgen, die Erziehungsleistung von Familien anzurechnen - vor allem in der Renten- und Krankenversicherung.
    Umgang mit Spitzenverdienern
    Am deutlichsten unterscheiden sich die Parteien allerdings beim Umgang mit den Vermögenden im Land. Union und auch FDP sehen keinen Bedarf, bei den Spitzenverdienern etwas zu ändern. Steuererhöhungen sind für CDU und CSU tabu - mit einer Ausnahme: Wie die SPD will auch die Union die pauschale Abgeltungssteuer von 25 Prozent auf Zins-und Kapitaleinkünfte abschaffen. Vermögende müssen solche Einkünfte dann wie andere Einkommen mit ihrem - in der Regel höheren - individuellen Steuersatz versteuern. Ansonsten hat Angela Merkel der Wirtschaft und den dankbar applaudierenden Unternehmern längst versprochen, dass es mit ihr keine Wiedereinführung der Vermögensteuer und auch keine weitere Verschärfung der Erbschaftsteuer geben wird.
    "Wir halten eine Wiederbelebung der Vermögensteuer für absolut das falsche Signal. Und wir wollen auch an der Erbschaftsteuer erst einmal nicht rühren, das hat uns so viel Zeit und Kraft gekostet, das Verfassungsgerichtsurteil umzusetzen, das kann ich nicht empfehlen."
    Auf dieser Linie bewegen sich auch FDP und AfD. Ganz anders Grüne, Linke und die SPD. Sie alle wollen weniger Ausnahmen für Superreiche bei der Erbschaftssteuer. Ansonsten bleibt SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz aber vage.
    "Wir wollen sowohl bei der Erbschaftsbesteuerung als auch bei der Vermögensbesteuerung in der nächsten Wahlperiode Klarheit schaffen. Aber ich verspreche nichts, von dem ich weiß, dass ich es, so wie es auf einem Wahlplakat steht, nicht umsetzen kann."
    Womit Schulz für die SPD auf die Wiedereinführung der - in Deutschland lediglich ausgesetzten - Vermögenssteuer erst einmal verzichtet. Anders die Grünen.
    "Wir wollen die Vermögenssteuer wieder einführen", unterstreicht deren steuerpolitische Sprecherin Lisa Paus.
    Verfassungsfest, ergiebig und umsetzbar soll sie sein. Und zur Begründung verweisen die Grünen auf die ungleiche Vermögensverteilung im Land. Die wollen auch die Linken so nicht länger hinnehmen. Ab einer Million Euro soll Vermögen mit fünf Prozent besteuert werden, was 80 Milliarden zusätzlich in die Staatskasse bringen soll. Einig sind sich alle Parteien eigentlich nur in einem Punkt: Steuerflucht und Steuerhinterziehung wollen alle nicht länger dulden, Unternehmen sollen da Steuern zahlen, wo auch die Gewinne anfallen. Eine Kampfansage an Apple und Amazon, Google, Starbucks oder IKEA. Sie sollen es künftig schwerer haben, Gewinne solange zwischen Tochterfirmen zu verschieben, bis die Steuerschuld gegen Null tendiert.