Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Strafmaßnahmen gegen Russland
Schweiz zwischen Neutralität und Sanktionen

Auch die Schweiz hat ihre Sanktionen gegen Russland verschärft. Nun gelten Richtlinien, die es Schweizer Banken und Finanzgesellschaften verbieten, mit 26 Personen und 18 Unternehmen der russischen Seite neue Geschäftsbeziehungen einzugehen. Ein Spagat für das sonst politisch neutrale Land.

Von Hans-Jürgen Maurus | 06.08.2014
    Fähnchen der EU und der Schweiz im Nationalratssaal in Bern
    Die Schweiz folgt der EU und verschärft ihre Maßnahmen gegen Russland. (dpa / picture alliance / Michael Stahl)
    Nach Angaben des Schweizer Wirtschaftsministeriums sind dabei vor allem Russen betroffen. Die Liste enthält Namen von Firmen auf der Krim sowie diverse Milizen und paramilitärische Organisationen in der Ostukraine und auch führende Mitglieder der sogenannten Volksrepublik Donezk und in Lugansk werden genannt.
    Gleichzeitig betont man in Bern, dass man die Sanktionen der EU gegenüber Russland nicht übernommen hat. Wie passt das zusammen? Ganz einfach. Die Schweiz will ihre politische Neutralität nicht aufs Spiel setzen, aber gleichzeitig verhindern, dass die verhängten Sanktionen der USA und der EU gegen Russland etwa über die Schweiz umgangen werden. Die politische Neutralität geht Hand in Hand mit der politischen Vermittlerrolle, die der Schweizer Bundespräsident Didier Burkhalter gerade im Ukraine Konflikt als OSZE Vorsitzender auch künftig aktiv gestalten will, so Burkhalter in einer Rede letzte Woche am Schweizer Nationalfeiertag:
    "Zu den Stärken der Schweiz gehören unsere Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Neutralität. Aber auch unsere Fähigkeit, den Dialog zu fördern und Brücken zwischen Kulturen zu bauen. Diese Stärken sind ein gefragtes Gut in einer instabilen Welt, in der Entwicklungen unvorhersehbar sind."
    Banken sollen nicht als Umgehungsplattform genutzt werden
    In der EU und auch in Washington würde man es gerne sehen, dass sich die Schweiz an Sanktionen gegen Russland beteiligt, doch das wird auf breiter Front abgelehnt. Der Schweizer Wirtschaftsminister Johann Schneider Ammann sagte es am vergangenen Wochenende in einem Zeitungsinterview glasklar: Eigene Sanktionen werde es nicht geben, doch man werde sicherstellen, dass die Schweiz nicht als Umgehungsplattform benutzt wird.
    Deshalb hatte die Regierung in Bern bereits am 2. April eine erste Verordnung über Maßnahmen zur Vermeidung der Umgehung internationaler Sanktionen erlassen. Diese Bestimmungen werden nun weiter ausgebaut. Auf der schwarzen Liste stehen Personen aus dem engsten Machtzirkel von Russlands Präsident Wladimir Putin, zum Beispiel Alexander Bortnikov, der Direktor des inländischen Geheimdienstes FSB, der Chef des Auslandsgeheimdienstes Michail Fradkow, der tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow, aber auch der selbst ernannte Regierungschef von Donezk Alexander Borodai oder Sicherheitschef Alexander Khodakovsky. Auch die radikale paramilitärische Organisation Sobol oder die kosakische Nationalgarde finden sich auf der neuen Liste.
    Bern kann Sanktionen nicht ignorieren
    Schweizer Finanzintermediäre und Banken unterliegen ab sofort einer Meldepflicht. Die Regierung in Bern versucht also einen politischen Spagat, eigene Sanktionen gegen Russland, Nein danke, aber Ja zu Maßnahmen, um Umgehungstricks zu vermeiden, um sich nicht den Ruf nicht als opportunistische "Sanction Busters" einzufangen. Der Berner Ökonomieprofessor Peter V. Kunz glaubt sogar, dass gerade die Schweizer Banken es sich überhaupt nicht leisten können, EU- und US-Sanktionen zu ignorieren:
    "Die schweizerischen Banken werden ganz bestimmt diese internationalen Sanktionen beachten, unbesehen dessen, ob der schweizerische Bundesrat sie dazu verpflichtet oder nicht. Weil Rechts- und Reputationsrisiken sind eine so große Bedrohung, dass man sich ganz bestimmt auf die internationalen Sanktionen einlassen muss. Es geht zu einem bestimmten Teil auch um den Selbstschutz der Banken!"
    Präzedenzfall BNP Paribas
    Diese Einschätzung trifft schon deshalb zu, weil es einen Präzedenzfall gibt, wie zum Beispiel die Regierung in Washington gegen Sanktionsbrecher vorgeht. Die französische Großbank BNP Paribas wurde vor Kurzem zu einer horrenden Geldbuße von rund neun Milliarden Dollar verdonnert, weil das Finanzinstitut verbotene Transaktionen für Staaten wie Kuba, den Iran, Myanmar und den Sudan getätigt und auch noch verschleiert hatte. Eine klare Warnung an alle, Sanktionen besser nicht zu umgehen, meint Wirtschaftsprofessor Kuntz:
    "Insofern ist dieser BNP-Fall ein Paradebeispiel dafür, dass es wirklich heikel wäre für eine Schweizer Bank, internationale Sanktionen zu ignorieren."
    Die Schweizer Regierung beharrt derweil auf ihrer politischen Neutralität und hofft darauf, ihre Vermittlerrolle im Ukrainekonflikt fortsetzen zu können. Man habe Zutritt zum Kreml, meint ein ehemaliger Schweizer Botschafter in Moskau, die Rolle von Bundespräsident Burkhalter als OSZE-Vorsitzender werde durchaus wahrgenommen. Das will man nicht aufs Spiel setzen.