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Streamingdienste
Der digitale Zukunftsmarkt

Auf allen Kanälen gibt es Live-Sport, zu Hause auf dem großen Bildschirm genauso wie unterwegs auf dem Smartphone. Rechteinhaber verkaufen heutzutage Lizenzen für alle Verbreitungswege. Eine lohnende Geschäftsentwicklung.

Von Heinz Peter Kreuzer | 01.05.2018
    ILLUSTRATION - Der Screenshot eines Fußball-Bundesligaspiels ist am 21.10.2016 in Hamburg im Volksparkstadion auf dem Monitor eines iPad zu sehen. Im Hintergund sitzt ein Kamermannann des Pay-TV-Senders Sky.
    Fußballspiele gucken - zukünftig nur noch im Internet gegen Bezahlung? (dpa / Axel Heimken)
    "Wer nicht 360 Grad denkt, braucht gar nicht versuchen, irgendwelche Rechte zu erwerben. Und über Samsung, DAZN, Sport1 oder ran etwas zu erwerben und versuchen zu kapitalisieren, das wird gar nicht erst gehen", sagt Zeljko Karajica, Geschäftsführer von ProSiebenSat.1 Sports beim Medientage Special in München.
    360 Grad, das bedeutet ein Angebot über sämtliche Verbreitungswege - Fernsehen, Online, Mobile. Idealerweise für die Käufer werden Sportrechte plattformneutral angeboten. Als größte Konkurrenz zum klassischen linearen Fernsehen haben sich OTT-Anbieter, also Streamingdienste, im Markt positioniert. Vor allem DAZN kauft viele Rechte ein, selbst bei den teuren Fußball Champions League-Rechten sind sie ab kommender Saison dabei.
    "Medientage Special" (v.l.n.r Kay Dammholz, Mike Henkelmann, Léa Chardon, Olaf Schröder, Zeljko Karajica)
    "Medientage Special" (v.l.n.r Kay Dammholz, Mike Henkelmann, Léa Chardon, Olaf Schröder, Zeljko Karajica) (Alexander von Spreti)
    Sie teilen sich die Lizenzen mit dem Bezahlsender Sky, keiner von beiden hätte die Ware alleine kaufen können. Exklusivität habe eine neue Bedeutung gewonnen, glaubt Kay Dammholz, bei DAZN in Deutschland für den Lizenzeinkauf verantwortlich.
    Das Prinzip, ein Recht zu erwerben und hinter einer Bezahlschranke zu verstecken, gelte nicht mehr, sondern: "Ich glaube Exklusivität bedeutet Kontrolle über das Produkt. Wenn DAZN sich exklusiv ein Recht sichert, haben wir das zwar exklusiv, aber wir gehen damit zu Werke und schauen, wie verbreiten wir das über DAZN hinaus und zwar im eigenen Interesse."
    Einige Sportarten wünschen sich Free-TV
    Mit Hilfe von Kooperationspartnern will der OTT-Anbieter Partnerschaften pflegen, aber auch zusätzliche Einnahmen generieren. Auch die Lizenzgeber würden von diesem Geschäftsmodell profitieren: "Wir haben da die Hockey oder Tennisstrecken, Darts, die wünschen sich Free-TV, die brauchen Free, damit machen wir die glücklich. Mit eigenen youtube-Kanälen, die wir abspielen. Aber es ist alles kontrolliert und abgestimmt, also orchestriert."
    Im Sinne der Lizenzgeber werden heute viele Kooperationen geschlossen, nicht nur bei der Königsklasse zwischen Sky und DAZN. Beide kooperieren auch mit dem Spartensender Sport 1, DAZN mit der ARD im Tennis und Sky mit der ARD im Handball. Nur einige Beispiele dafür, dass es heutzutage keine Schranken zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern mehr gibt.
    Internationale Anbieter drängen auf den deutschen Markt
    Dabei wird es aber nicht bleiben, zukünftig werden mehr internationale Anbieter in den deutschen Markt eindringen. Das glaubt der Sportbusinessblogger und Digitalberater Daniel Sprügel, speziell bei den Rechten für die Fußball-Bundesliga: "In der nächsten Periode kommen auch Player hinzu wie Amazon/Facebook dazu. die jetzt schon Tests fahren im Bereich internationale Medienrechte oder Sportmedienrechte. Und zukünftig mitspielen werden, auf jeden Fall."
    Amazon hat bei der letzten Ausschreibung der Deutschen Fußball-Liga Audiorechte erworben. Bei der nächsten könnte das Unternehmen mehr wollen. Denn bisher galten die Preise für Fußballrechte als nicht refinanzierbar. Deshalb wurden meist strategische Preise gezahlt, um sich erst einmal am Markt zu positionieren. Sprügel sieht beispielsweise bei Amazon auch eine weitere Einnahmequelle neben Werbeeinnahmen:
    "Die verdienen das Geld nicht durch den Verkauf von Werbung. Für die ist der Kauf von Sportrechten dazu geeignet, ihre Primekunden langfristig zu binden. Also eher ein Kundenbindungsinstrument. Also wenn die Sportrechte nur von Primekunden gesehen werden können, das ist das Ziel von Amazon. Und wenn die Primekunden im Schnitt die doppelte Bestellmenge haben als die normalen Kunden, dann gewinnt Amazon deutlich mehr Geld als sie ausgeben für Sportrechte."
    Streamingdienst DAZN läuft auf zwei Fernsehern.
    Streamingdienst DAZN (Blende11 Fotographen)
    Facebook dagegen, sei als globales soziales Netzwerk zwar werbefinanziert, trotzdem mache es auch für diesen Konzern Sinn, glaubt Blogger Sprügel: "Die verdienen ihre Kohle damit, dass die User auf der Plattform sind und bleiben, sei es durch die Seitenverweildauer die dann steigt durch die Sportrechte oder auch von Werbeeinbindung. Also die werden garantiert auch die Möglichkeit haben, das zu refinanzieren, durch das bestehende Werbenetzwerk, das schon besteht."
    Live-Sport in Zukunft also direkt auf Facebook, abrufbar überall auf dem Smartphone? Beim Tennis Fed-Cup vor einigen Tagen konnte man das schon erleben, als Angelique Kerber auf ihrer Facebook-Seite unterstützt von DAZN die Spiele streamte. Und noch einer profitiert von diesen modernen Ausspielwegen: Google. Ganz einfach durch den Verkauf von Daten.
    "Das darf man nicht vergessen, ich glaube, dass ist eine Diskussion, die man nicht unter den Tisch kehren darf. Die verdienen auch Geld über das Kundenwissen, das sie darüber generieren, das lässt sich sehr gut monetarisieren heutzutage."
    Sportarten werden selber zu Medien
    Der große Profiteur dieser Entwicklung ist und bleibt aber vermutlich der Fußball. Die anderen Sportarten wie Handball, Basketball, Eishockey oder Volleyball können von solchen Erlösen nur träumen. Ganz zu schweigen von olympischen Kernsportarten wie Leichtathletik oder Schwimmen. Daniel Sprügel sieht deshalb nur einen Weg:
    "Ich glaube, dass gerade die Sportarten unterhalb von Fußball auf digitale Kanäle ausweichen müssen, oder selber zum Medien werden. Z.B. durch Facebook-Livestreams beispielsweise oder durch Kooperationen mit Sportdeutschland TV."
    Schon um die Jahrtausendwende rieten Experten den anderen Sportarten, nicht auf Erlöse wie im Fußball zu hoffen. Die Empfehlung damals: Sie sollen selbst produzieren und eine Nachfrage schaffen. Aus technischer Sicht ist das heute machbarer und preiswerter geworden.